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Ferrari bleibt nach Sieg am Boden

Obwohl Ferrari in Magny-Cours mit einer halben Minute Vorsprung gewonnen hat, warnt Sportchef Stefano Domenicali vor zu viel Euphorie

(Motorsport-Total.com) - Nach drei bitteren Niederlagen hintereinander knüpfte Ferrari gestern in Magny-Cours endlich wieder an jene Form an, wegen der Ron Dennis bis zum Grand Prix von Spanien nur äußerst schlecht schlafen konnte. Bemerkenswert die Art und Weise des roten Triumphs: Kimi Räikkönen und Felipe Massa überquerten die Ziellinie eine halbe Minute vor WM-Leader Lewis Hamilton.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Ferrari stand unter Druck, hielt diesem aber stand und schlug zurück

Dies war insofern besonders wichtig, als der Rückstand in der Konstrukteurs-WM nun nur noch 25 Punkte beträgt, während Massa bei den Fahrern 17 und Räikkönen 22 Zähler zurückliegt. Angenommen, auch der Grand Prix von Frankreich wäre in die Hose gegangen, dann wäre es wohl sehr, sehr schwierig geworden, die Silberpfeile herauszufordern. Nicht umsonst hatte Teamchef Jean Todt italienischen Medien gesagt: "Wir müssen in Magny-Cours gewinnen!"#w1#

Lob für beide Ferrari-Fahrer

Sportchef Stefano Domenicali freute sich dementsprechend: "Wir sind sehr glücklich, denn wir mussten eine Reaktion zeigen - und das haben wir geschafft", so der Italiener, dem außerdem ein Stein vom Herzen fiel, weil Räikkönen endlich der psychologisch wichtige Befreiungsschlag gelungen ist: "Ich finde, die Leistung von Kimi war herausragend, aber auch Felipe ist gut gefahren. Schade, dass sie nicht ex aequo über die Ziellinie fahren konnten, denn beide hätten den Sieg verdient."

Dass Hamilton Dritter und Fernando Alonso gar nur Siebenter wurde, nahm er zufrieden zur Kenntnis, Schadenfreude ließ er aber nicht aufkommen: "Wir schauen nicht auf die Konkurrenz, sondern nur auf uns selbst. Wir wissen, dass wir gewinnen können, wenn wir unsere eigenen Standards erfüllen, und das haben wir heute bewiesen. Jetzt sind wir wieder da, wo wir hingehören, aber wir müssen cool bleiben und dürfen nicht abheben. Das ist ganz wichtig", so der Italiener.

"Wir schauen nicht auf die Konkurrenz, sondern nur auf uns selbst." Stefano Domenicali

"Indianapolis", fuhr Domenicali fort, "war nicht gerade ein angenehmes Resultat für uns. Heute haben wir aber etwas bewiesen: dass wir da sind, dass wir ein gutes Paket haben, ein gutes Team und gute Fahrer. Aber andererseits konnte man auch sehen, wie wichtig es ist, gut zu starten und in der ersten Reihe zu stehen, um nicht im Verkehr festzustecken. Das ist in diesem Jahr ein Element, das man immer in Betracht ziehen muss."

Verkehr ist ein echter Performancekiller

In der Tat: So hatte zum Beispiel Ferrari in Malaysia das schnellere Auto, doch McLaren-Mercedes feierte einen ungefährdeten Sieg, und in Frankreich sahen die Silberpfeile sicher schlechter aus, als sie eigentlich waren. Wäre Hamilton am Start nicht hinter Räikkönen zurückgefallen und hätte Alonso nicht im Qualifying einen Getriebedefekt gehabt, hätte das Rennen unter Umständen ganz anders ausgehen können.

"Unsere Hauptkonkurrenten", nickte Domenicali während seiner Analyse im Ferrari-Motorhome zustimmend, "steckten heute im Verkehr fest, was zeigt, dass unsere Herangehensweise an dieses Rennen genau richtig war - ein bisschen aggressiver nämlich, um es allgemein zu formulieren. Wir dürfen keine Information über- oder unterschätzen und wir müssen von Rennen zu Rennen schauen, denn Hamilton steckte wegen seiner anderen Strategie im Verkehr."

"Unsere Herangehensweise an dieses Rennen war genau richtig - ein bisschen aggressiver nämlich." Stefano Domenicali

"Zum Beispiel haben wir heute gesehen - eigentlich schon das ganze Wochenende -, dass Alonso Schwierigkeiten hatte, weil er immer zwischen anderen Autos steckte, obwohl er eigentlich viel schneller gewesen wäre. Die 30 Sekunden Vorsprung auf Hamilton sind nicht repräsentativ. Doch unabhängig davon ist es eine Tatsache, dass wir den Rückstand in der Konstrukteurs-WM um zehn Punkte verkürzt haben. Das war wichtig", sagte er.

Hamiltons Rückstand nicht repräsentativ

Die Zeitdifferenz auf der Ziellinie wollte der 42-Jährige nicht überbewerten, weil einerseits im letzten Stint weder von seinen Fahrern, noch von Hamilton ans Limit gegangen wurde, und weil es andererseits schon das zweite Rennen der Ferrari-Motoren war. Also entschloss man sich am Kommandostand, die Drehzahl zu reduzieren, um kein Risiko mehr einzugehen. Ob damit auch ein Nichtangriffspakt zwischen den Fahrern einherging, ist aber nicht bekannt.

Nun will sich Ferrari in der Weiterentwicklung auf jene Bereiche konzentrieren, "die sofortige Verbesserungen bringen, also Aerodynamik, Motor, mechanisches Setup. All diese Dinge sind sehr wichtig. Nach Silverstone werden wir ein paar neue Teile bringen, die uns hoffentlich weiterhelfen", kündigte Domenicali an. Und: "Wir hatten in Silverstone kürzlich einen guten Test, aber McLaren schläft ja auch nicht."

Stefano Domenicali

Stefano Domenicali sieht endlich wieder Licht am Ende des Tunnels Zoom

Die von Michael Schumacher eingeführte Eigenschaft, dass Siege erst dann groß gefeiert werden, wenn die Weltmeisterschaft bereits im Sack ist, hat Ferrari übrigens beibehalten. Auf die Frage, ob das Team heute Abend in Frankreich noch groß begießen werde, entgegnete der Sportchef der Mannen aus Maranello nämlich trocken: "Unser Flieger nach Italien geht um 21:00 Uhr. Wir müssen uns auf die nächsten Rennen konzentrieren."