Fehlende Sauber-Konstanz: Key-Abgang kein Faktor

Attacke auf WM-Platz fünf: Monisha Kaltenborn erklärt, warum sie für den Rest der Saison optimistisch ist und was Sauber besser machen muss

(Motorsport-Total.com) - Für das Sauber-Team ist die Saison 2012 eine Achterbahnfahrt: 30 Punkte aus den ersten beiden Rennen, dann nur elf aus den nächsten vier, 17 in Montreal und 22 aus den vergangenen vier Grands Prix, wobei alleine in Hockenheim 20 angeschrieben wurden. Bedeutet nach elf von 20 Rennen den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM, 26 Punkte hinter Mercedes, aber 27 vor Williams und 34 vor Force India.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborn hofft auf den fünften Platz in der Konstrukteurs-WM Zoom

Peter Sauber hält den C31 für den besten Formel-1-Sauber aller Zeiten, und Red Bulls Helmut Marko findet sogar, dass er das beste Auto im gesamten 2012er-Starterfeld ist - vielleicht mit ein Grund, warum der Österreicher den Designer des C31, James Key, zu Toro Rosso geholt hat. Woraus man im Umkehrschluss ableiten könnte: Haben die schwankenden Leistungen irgendetwas mit dem überraschenden Abgang des Technischen Direktors vor Saisonbeginn zu tun?

"Glaube ich nicht", winkt Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn ab. "Wir bei Sauber waren immer sehr gut darin, auf der Ebene unter dem Technischen Direktor sehr stark aufgestellt zu sein. Die Abteilungsleiter waren in unserer Firma schon immer sehr stark und waren schon immer das Rückgrat für den Technischen Direktor. Die Leute, die jetzt in diesen Positionen sind, haben mit der Zeit mehr Erfahrung gesammelt und zeigen, dass unser Technisches Komitee sehr gut harmoniert."

Derzeit kein Technischer Direktor

Einen klassischen Technischen Direktor gibt es seit Keys Abgang nicht mehr, als einflussreichster Techniker wurde in Hinwil seither aber Matt Morris positioniert, seit Juli 2011 offiziell Chefdesigner. Generell seien die Schwankungen aber möglicherweise eine Spätfolge der schmerzvollen Trennung von BMW, die Ende 2009 vollzogen wurde. "Es hat mehr damit zu tun, was das Team alles durchmachen musste", nickt Kaltenborn.

"Das soll keine Ausrede sein, aber wenn du binnen weniger Monate so drastische Veränderungen verkraften musst, ist das schwierig. Wenn du von einem Werks- wieder zu einem Privatteam wirst, aber als Werksteam für die nächste Saison geplant hattest, dann musst du mit weniger Geld und weniger Leuten das Gleiche erreichen. Es dauert eine Weile, da wieder den Rhythmus zu finden", argumentiert die Österreicherin.


Perez und Kobayashi vor dem Belgien-Grand-Prix

"2010 war das der Fall. 2011 war schon etwas besser, weil das Auto eine Evolution war. Dadurch konnten wir uns besser fokussieren und uns darauf konzentrieren, die Fehler und Schwächen jenes Autos auszumerzen. Das war ein sehr schwieriger Prozess", erklärt sie. Kaltenborn weiß aber, dass dieses Argument nicht ewig herhalten kann, und stellt daher klar: "Jetzt sind wir wieder auf dem Niveau, auf dem wir sein wollen."

Nun gilt es nach Lösungen zu suchen: "Wir müssen uns genauer anschauen, wie wir das Beste aus den Trainingssitzungen machen und wie wir uns bestmöglich auf die jeweils wichtigen Bereiche konzentrieren können, sei es Rennvorbereitung oder Entwicklung - denn Testfahrten sind ja nicht mehr erlaubt. Die andere Seite ist, wie wir die Ergebnisse nach Hause bringen, wie wir das Potenzial umsetzen können."

Im Qualifying hinter Force India und Williams

Und da führt der Weg über das Qualifying. Mit einer durchschnittlichen Startposition von 12,6 ist Sauber nur die Nummer acht im Saisonmittel, hinter Force India (11,6) und Williams (12,5). "Das Qualifying ist definitiv eine Schwäche unseres Teams", räumt Kaltenborn ein. "Da müssen wir so weit wie möglich vorne stehen - und dies dann im Rennen umsetzen und nach Hause bringen, denn darauf kommt es an."

"Ich glaube, mit diesem Auto ist viel möglich." Monisha Kaltenborn

"Wir haben in der ersten Saisonhälfte gesehen, dass wir ein sehr konkurrenzfähiges Auto zu haben scheinen", unterstreicht sie. "Manchmal hat sich das in den Ergebnissen gezeigt, wenn wir die Punkte nach Hause gebracht haben. Ich glaube, mit diesem Auto ist viel möglich - und deswegen müssen wir uns in der zweiten Saisonhälfte in Sachen Effizienz und Konstanz verbessern. Vom Potenzial her halte ich unser Auto in der Tat für eines der konkurrenzfähigeren."

Schlüsselfaktoren, an denen man arbeiten müsse, seien "die Teamperformance", sprich: "Die Arbeit der Crew, die Fahrer, die Strategien. Bei den zwei Podestplätzen hat man gesehen, was wir an einem Wochenende rausholen können." Das Feld liegt anno 2012 aber so eng beisammen, dass sich schon kleinste Fehler auf Team- oder Fahrerseite dramatisch auswirken. "Derjenige, der am wenigsten Fehler macht, wird vorne sein", weiß Kaltenborn.

Niedrige Fehlerquote entscheidend

Für Spa-Francorchamps ist sie optimistisch: "Unser Auto ist grundsätzlich auf allen Strecken gut gegangen. Es gab vielleicht ein, zwei, auf denen wir ein paar Probleme hatten, aber sonst ist es eigentlich überall konkurrenzfähig. Genau mit der Einstellung kommen wir auch hierher. Schlussendlich wird sich zeigen, wer mit den jeweiligen Bedingungen und mit den Reifen am besten umgehen kann, wer die wenigsten Fehler macht. Das ist im Moment entscheidend."

Dass die Kombination harte Reifen und kühle Temperaturen in den belgischen Ardennen ein Killer für den reifenschonenden C31 sein könnte, fürchtet sie nicht: "Wir haben auch da schon gesehen, dass wir grundsätzlich mit den Temperaturen kein Problem haben", meint Kaltenborn. "Schlussendlich werden wir sehen, was genau die Bedingungen sind, aber es gibt im Moment keine Vorzeichen, wo ich mir Sorgen mache."


Fotos: Sauber, Großer Preis von Belgien


In der Konstrukteurs-WM schaut Sauber daher nicht nach hinten, sondern nach vorne - zum ehemaligen Partner Mercedes. Darauf ist auch der Entwicklungsplan ausgerichtet: "Unser Paket für Monza ist natürlich schon fertig und wir haben auch Updates, die wir danach bringen werden. Danach werden wir uns nach und nach auf das nächstjährige Auto - und das darauf folgende - konzentrieren", kündigt Kaltenborn an.

"Für uns ist wichtig, dass wir daran glauben, dass wir noch einen Schritt nach vorne machen können. Dabei spielt eigentlich keine Rolle, wer vor uns ist, sondern es geht einfach um den Platz weiter vorne. Das ist unser Bestreben und daran glauben wir. Dafür möchten wir all unsere Kräfte einsetzen. Wir sind überzeugt davon, dass wir es versuchen müssen. Ob es dann wirklich so kommt, ist eine andere Frage", sagt sie abschließend.