• 07.10.2010 18:39

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Fahrer rechnen mit Rennen in Südkorea

Trotz begründeter Skepsis gehen die meisten Fahrer davon aus, dass der Grand Prix von Südkorea stattfinden wird - GPDA schließt Streik jedoch nicht aus

(Motorsport-Total.com) - Am Montag wird FIA-Chefinspektor Charlie Whiting von Japan direkt nach Südkorea fliegen, um in Yeongam die finale Untersuchung des Korean International Circuit (KIC) durchzuführen. Diese wurde bisher schon mehrfach verschoben. Spätestens am Mittwoch soll dann bekannt gegeben werden, ob der Grand Prix von Südkorea wie geplant am 24. Oktober stattfinden kann.

Titel-Bild zur News: Bauarbeiten in Südkorea

Immer noch Baustelle in Südkorea: Derzeit sieht es dort nicht allzu gut aus...

Die Stimmung im Fahrerlager ist gemischt. Einerseits sorgen die exklusiv von 'Motorsport-Total.com' veröffentlichten Fotos von einem bizarren Unfall, bei dem die Haupttribüne beschädigt wurde, für Verunsicherung, andererseits verlassen sich aber viele darauf, dass alles rechtzeitig fertig wird. Paradeargument: "Bei der Fußball-WM in Südafrika hat auch niemand geglaubt, dass alle Stadien fertig sein werden, aber letztendlich war es doch ein gut organisiertes Turnier."

Fahrer rechnen mit einem Rennen

Dass das Formel-1-Rennwochenende in Yeongam ähnlich reibungslos ablaufen wird wie die Fußball-WM, kann sich derzeit kaum jemand vorstellen. Allerdings rechnen die meisten Fahrer damit, dass sie auf der brandneuen Strecke ein Rennen fahren werden: "Die Fotos sehen vielleicht dramatischer aus, als es wirklich ist", sagt Adrian Sutil, und Felipe Massa meint: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dort fahren werden."

Sein Ferrari-Teamkollege Fernando Alonso geht davon aus, "dass wir in Südkorea fahren werden, denn wir haben keine anderen Nachrichten erhalten. Wir, also die Teams und Fahrer, halten Südkorea für bestätigt." Eine Absage kann sich kaum jemand vorstellen, schließlich haben die meisten Rennställe schon vor Wochen einige Frachtcontainer auf den Seeweg geschickt, um im Vergleich zum teureren Flugzeugtransport Kosten zu sparen.

Doch noch hat Whiting sein Okay nicht gegeben: "Ich weiß, dass die FIA-Inspektion bevorsteht, aber ich glaube, das wird schon passen", vermutet Alonso, dem eine Absage wegen seiner WM-Platzierung nicht schmerzen würde: "Wenn nicht, dann ist es ehrlich gesagt keine große Sorge für uns - ich bin ja nicht WM-Fünfter. Wenn du in den Top 3 liegst, ändert die Absage eines Rennens beim aktuellen Punktesystem nicht allzu viel. Aber wir werden sehen, wie es kommt."

¿pbvin|512|3175||0|1pb¿"Das steht nicht in meiner Macht, also muss ich mir auch keine Sorgen machen", sagt Sebastian Vettel, gibt aber zu: "Ein Rennen mehr könnte eine Hilfe sein. In den vergangenen Wochen gab es viele Gerüchte und wilde Spekulationen, ob wir dort nun fahren oder nicht. Im Augenblick spricht meines Wissens nach nichts dagegen, dass wir dorthin reisen. Es mag eine große Baustelle fahren, doch ich bin ziemlich fest davon überzeugt: Wir werden dort fahren."

An erster Stelle steht für die Fahrer natürlich, dass die Sicherheit gewährleistet ist: "Wir haben noch nicht allzu intensiv darüber gesprochen, weil wir ja noch nicht dort waren. Noch können wir uns nicht beschweren", so Nick Heidfeld über die GPDA-Sicht der Dinge. "Für all die neuen Strecken gibt es klare Richtlinien, die erfüllt werden müssen. Ich vertraue Charlie. Wenn es nicht gut genug ist, wird er sagen, dass wir dort nicht antreten werden. Damit habe ich kein Problem."

"Ich denke, die Sicherheit sollte an erster Stelle stehen. Hoffentlich agiert man da nicht kurzsichtig", gibt der deutsche Sauber-Pilot zu Protokoll und spricht eine eindringliche Warnung aus: "Sollte es einen schweren Unfall geben, weil die Strecke nicht bereit ist, würde das einen erheblich größeren kommerziellen Schaden verursachen, als gar nicht anzutreten. Das wäre ein Chaos. Ich denke jedoch, das wird nicht passieren."

Schumacher vertraut auf Tilke

Michael Schumacher verlässt sich darauf, "dass die Jungs genau wissen, was sie zu tun haben", und er vertraut dem deutschen Architekten Hermann Tilke, "der meines Wissens in das Projekt involviert ist". Lewis Hamilton nickt zustimmend: "Die FIA macht immer einen guten Job und sie würden uns sicher nicht fahren lassen, wenn es nicht sicher wäre. Ich habe totales Vertrauen, dass es für uns sicher sein wird und wir ein Rennen fahren können."

Allerdings wurde erst diese Woche die letzte Asphaltschicht aufgetragen, die nun über das Wochenende drei Tage lang Zeit hat, um bis zur FIA-Inspektion auszuhärten. "Natürlich gab es Strecken, auf denen der Asphalt nicht perfekt war, sondern zu wellig", erläutert Vitantonio Liuzzi, "aber die Sicherheit ist das Wichtigste - und da mache ich mir keine Sorgen, auch wenn noch niemand dort ein Rennen gefahren ist."

"Wir machen uns keine großen Sorgen, weil wir wissen, dass die FIA diese Strecke nur dann abnimmt, wenn wirklich alle Sicherheitsanforderungen erfüllt werden", ergänzt Rubens Barrichello, der Vorsitzende der Fahrergewerkschaft. "Mag sein, dass die Infrastruktur, die Hotels oder die Zufahrtsstraßen schlecht sind, aber die FIA wird das Rennen stattfinden lassen, wenn die Sicherheit gewährleistet ist. Als Vorsitzender der GPDA hätte ich damit keine Probleme."


Fotos: Unfall bei den Bauarbeiten in Yeongam


Sollte die FIA jedoch grünes Licht geben und die Fahrer noch Sicherheitsbedenken haben, dann könnte der GPDA-Chef unter Umständen sogar einen Streik vom Zaun brechen: "Dann ist ein passender Moment gekommen, wo wir Fahrer ganz nahe zusammenstehen werden", kündigt er an. Denkbar wäre zum Beispiel, dass Barrichello und Co. nach dem ersten Freitagstraining entscheiden, ob sie weiterfahren wollen oder nicht.

"Wenn wir jemals an einen Punkt kommen, wo man sichtbare Mängel an der Sicherheit erkennt, dann kann alles passieren", droht er und relativiert: "Ich sage nicht, dass wir dorthin fahren und dann streiken - das ist nicht die favorisierte Lösung. Aber wir vertrauen auf die Einschätzung der FIA. Ich glaube kaum, dass jemand sagen wird, dass wir aus kommerziellen Gründen dort fahren müssen, obwohl die Strecke nicht sicher ist. Das wird niemals passieren."