F1 Ungarn 2021: Fragen & Antworten zum Chaosrennen in Budapest

Ein unglaublicher Grand Prix: Esteban Ocon gewinnt auf dem Hungaroring vor Sebastian Vettel und Lewis Hamilton - Valtteri Bottas spielt mit Red Bull Bowling

(Motorsport-Total.com) - Esteban Ocon (Alpine) hat den Grand Prix von Ungarn 2021 vor Sebastian Vettel (Aston Martin) und Lewis Hamilton (Mercedes) gewonnen. Das ist das Ergebnis eines verrückten Rennens, das bei Regen begann, wegen einer Startkarambolage unterbrochen werden musste und bis zum Schluss atemberaubende Spannung bot.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas, Sergio Perez

Mit diesem Crash am Hungaroring hat Valtteri Bottas beide Red Bulls abgeräumt Zoom

Der entscheidende Moment war gleich der Start, bei dem Valtteri Bottas (Mercedes) mehrere Fahrzeuge abschoss, darunter auch die beiden Red Bulls. Lewis Hamilton (Mercedes) fiel durch einen strategischen Fehlgriff beim Neustart auf den letzten Platz zurück, wurde aber noch Dritter. Und Max Verstappen (Red Bull) holte als Zehnter nur einen WM-Punkt.

Es war ein Rennen der Überraschungen. Carlos Sainz (Ferrari) eroberte P4 vor Fernando Alonso (Alpine), Pierre Gasly, Yuki Tsunoda (beide AlphaTauri), Nicholas Latifi, George Russell (beide Williams) und Verstappen.

Mick Schumacher (Haas) beendete das Rennen mit einer Runde Rückstand an 13. Position.

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Warum wurde das Rennen nach dem Startcrash unterbrochen?

Selbst Hamilton, der kein Interesse an einem Abbruch hatte, weil das Red Bull die Möglichkeit gab, das arg ramponierte Auto von Verstappen zu reparieren, meldete am Boxenfunk, dass überall Wrackteile auf der Strecke lagen. Seit den Reifenschäden in Baku geht FIA-Rennleiter Michael Masi bei so etwas kein Risiko mehr ein, und so war die rote Flagge die logische Konsequenz, um die Strecke ordentlich säubern zu können.

Wer waren die Auslöser?

Es gab zwei. Bottas kam zunächst schlecht weg, hatte durchdrehende Räder, bremste dann zu spät und löste ganz vorne eine Kettenreaktion aus. An deren Ende waren Sergio Perez (Red Bull) und Lando Norris (McLaren) ausgeschieden, und Verstappen war von P3 auf P13 zurückgefallen.

Der zweite Übeltäter war Lance Stroll (Aston Martin), der sich ebenfalls beim Bremsen vor der ersten Kurve grob verschätzte. Er hatte Charles Leclerc (Ferrari) aus dem Rennen befördert und Daniel Ricciardo (McLaren) auf P12. Leclerc twitterte danach: "Nettes Bowlingmatch. So frustrierend."

Welche Strafen gibt es nach dem Startcrash?

Bisher steht fest, dass Bottas beim nächsten Rennen um fünf Startpositionen nach hinten wandert. Dazu gibt's zwei Strafpunkte für den Finnen. Der Mercedes-Fahrer sei "fully to blame", also alleiniger Schuldiger, so die FIA-Rennkommissare. Genau das gleiche Urteil ergeht auch über Stroll, für den Parallelzwischenfall: fünf Plätze nach hinten im nächsten Rennen, zwei Strafpunkte.

Warum stand Hamilton beim Neustart alleine da?

Während der Unterbrechung hatte es zu regnen aufgehört. Hinter dem Safety-Car wurde zunächst eine Aufwärmrunde gefahren. In der stellten viele Fahrer fest, dass die Strecke abgetrocknet war. Hamilton als Führender ging kein Risiko und fuhr auf den Grid. Hinter ihm kamen alle anderen zum Reifenwechsel und starteten aus der Boxengasse.

Einen ähnlich kuriosen Start hatte es zuletzt in Indianapolis 2005 gegeben. Damals kamen alle Michelin-bereiften Fahrzeuge an die Box, um dort aufzugeben, weil die Sicherheit ihrer Reifen nicht gewährleistet war. Daher standen dort nur sechs Autos in der Startaufstellung. Dass ein Auto auf dem Grid startete, ist aber ein Novum in der Formel-1-Geschichte.

Toto Wolff findet nicht, dass das ein Fehler der Boxencrew war. Als Erster hätte man ziemlich dumm ausgesehen, wäre Hamilton der einzige Fahrer gewesen, der an die Box kommt, so der Österreicher nach dem Rennen. Dass es im Nachhinein genau andersrum gekommen ist, habe man zum Zeitpunkt selbst nicht wissen können.

Wie ging's dann für Hamilton und Verstappen weiter?

Verstappen spielte mit dem Schaden an seinem rechten Seitenkasten keine Rolle mehr, auch wenn er in der Schlussphase noch das eine oder andere Überholmanöver zeigte.

Für Hamilton lief es zunächst besser. Mit einem frühen Boxenstopp ging er an Verstappen und Ricciardo vorbei. Als alle ihre regulären Stopps absolviert hatten, lag er an vierter Stelle, sieben Sekunden hinter Leader Ocon und eine Sekunde hinter dem drittplatzierten Sainz.

30 Runden vor Schluss schienen seine Reifen abzubauen. "Ich habe das Gefühl, Hamilton kommt nochmal rein", funkte Sainz. Doch dann gab Hamilton Entwarnung: "Die Reifen kriegen eine zweite Luft."

In Runde 48 kam Hamilton aber trotzdem ein zweites Mal rein und steckte auf einen frischen Satz Pirelli-Mediums um. Das kostete ihn nur eine Position, gegen Alonso. Als Fünfter hatte er zunächst 25 Sekunden Rückstand auf die Spitze und 20 auf das Podium. "Du kannst das noch gewinnen", funkte ihm Toto Wolff Mut zu.

Hamilton war in jener Phase eindeutig der schnellste Mann des Rennens, holte in einer einzigen Runde mehr als vier Sekunden auf Ocon und Vettel auf. Doch als er auf Alonso auflief, war sein Vorwärtsdrang gestoppt.

Überholen auf dem Hungaroring, das ist nicht einfach. Vor allem nicht, wenn der Vordermann Alonso heißt. Sogar Ocon wusste nach dem Rennen, dass Alonso heute einen wichtigen Beitrag zu seinem Sieg geleistet hatte.

Letztendlich schnappte er sich den Spanier doch noch. Und kurz darauf auch noch Sainz. So stand Hamilton am Ende eines verrückten Nachmittags sogar auf dem Podium.

Vettel nach dem Start auf P3: Wie das?

Ganz vorne räumte Bottas am Start ein paar Autos ab. Eigentlich hätten Leclerc und Ricciardo auf den Positionen zwei und drei die Verfolgung von Spitzenreiter Hamilton aufgenommen. Doch Vettels Teamkollege Stroll bremste die erste Kurve viel zu spät an, lenkte nach rechts, um nicht mitten ins Feld zu rauschen, und knallte so zuerst in Leclerc, der dann außen in Ricciardo reingeschoben wurde.

So lag plötzlich Hamilton vor Ocon und Vettel in Führung. Nach dem Neustart und dem Boxenstopp von Hamilton war Vettel sogar schon Zweiter. Von da an war Ocon sein Gegner um den Sieg. Vettel kam in Runde 36 zum Wechsel von Medium auf Hard an die Box, eine Runde vor dem Franzosen, um einen Undercut zu versuchen.

Doch da lief nicht alles perfekt: Vettels Boxeneinfahrt war nicht ideal, sein Boxenstopp dauerte 3,3 Sekunden. Dennoch war er nach Ocons Stopp in dessen Windschatten, konnte zu Kurve 4 hin attackieren. Aber ein paar Kurven später, in der DRS-Zone bei Start und Ziel, waren dann auch Ocons Reifen schon auf Temperatur und Vettels Chancen dahin.

Nach dem Rennen meinte Vettel, er sei über weite Strecken schneller gewesen als der Alpine. "Aber Esteban hat keinen Fehler gemacht und verdient daher seinen ersten Grand-Prix-Sieg", so der Deutsche.

Wer ist der moralische Held des Rennens?

Russell hatte beim kuriosen Neustart vermeintlich ein goldenes Näschen, weil die Williams-Box ganz am Ende der Boxengasse ihm den ersten Platz in der Pitlane bescherte. Doch da hatte er sich ein wenig reingemogelt, weshalb er einige Positionen zurückgeben musste. Sonst hätte er nach Hamiltons Boxenstopp die Führung im Grand Prix übernehmen können!

Nach zehn Runden lag er nur noch an siebter Stelle. Dann funkte er an sein Team: "Wenn es notwendig ist, mein Rennen zu opfern, dann tut das! Priorisiert Nicky!" Damit meinte er seinen Teamkollegen Latifi, der zu dem Zeitpunkt an dritter Position hinter Ocon und Vettel lag.


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Eine selbstlose Aktion. Vielleicht auch, um Toto Wolff zu zeigen, dass er ein echter Teamplayer sein kann? Mercedes hat angekündigt, in der Sommerpause zu entscheiden, wer 2022 neben Hamilton im zweiten Silberpfeil sitzen wird.