• 19.04.2013 11:48

  • von Rencken, Nimmervoll & Haidinger

Extra-Reifensatz für Rookies? Zustimmung im Fahrerlager

Bereits ab Spanien könnten Nachwuchsfahrer am Freitag einen zusätzlichen Reifensatz erhalten - wie sich die Idee auf die Formel 1 auswirken könnte

(Motorsport-Total.com) - Für Nachwuchsfahrer ist die Formel 1 ein schwieriges Pflaster. Nach dem von vielen kritisierten "Jugendwahn" der Vergangenheit macht es das Testverbot dieser Tage für junge Fahrer zur Herkulesaufgabe, sich an die "Königsklasse" des Motorsports zu gewöhnen. Da will Pirelli nun ansetzen. Gemeinsam mit Force Indias stellvertretendem Teamchef Bob Fernley hat Motorsportchef Paul Hembery die Idee entwickelt, Nachwuchsfahrer am Freitag mit einem zusätzlichen, haltbareren Reifensatz auszurüsten, damit sie Kilometer sammeln können.

Titel-Bild zur News: Esteban Gutierrez

Mit einem Extra-Reifensatz können Rookies vielleicht bald Kilometer sammeln Zoom

Das könnte dazu führen, dass die Teams an den Freitagen vermehrt jungen Piloten die Chance geben, weil man sonst um den Genuss des zusätzlichen Reifensatzes kommt - und in der Formel 1 anno 2013 zählt wegen der unberechenbaren Pneus jeder Kilometer Erfahrung. Pirelli hat diesen Plan bereits seit einiger Zeit in der Hinterhand und könnte ihn laut eigenen Angaben bereits beim Europaauftakt in Barcelona erstmals in die Tat umsetzen.

Bald mehr Action im Freien Training?

Doch was sagen die Piloten selbst dazu? Esteban Gutierrez, der dieses Jahr bei Sauber ohne viel Erfahrung ins kalte Wasser geworfen wurde, würde den Schritt als gute Lösung sehen. Er befindet sich derzeit in einem harten Lernprozess - sein Auffahrunfall in China war ein Sinnbild seiner aktuellen Situation.

"Am Ende kann man es darauf herunter brechen, dass ein Teil des Freien Trainings derzeit nicht genutzt wird", findet er die aktuelle Lage nicht nur für die Rookies, sondern auch für die Zuschauer vor den TV-Geräten und an der Rennstrecke suboptimal. "Für uns Rookies ergibt es Sinn, dass wir einen zusätzlichen Satz Reifen erhalten, um mehr fahren zu können - zumal man bedenken muss, dass wir vor der Saison nicht viel testen konnten."

Zusätzlicher Reifensatz als Entwicklungschance

Er ist sich nicht sicher, ob ein zusätzlicher Reifensatz einen großen Unterschied machen würde, aber er würde diese Entscheidung auf jeden Fall begrüßen. Williams-Pilot Pastor Maldonado, der inzwischen seine dritte Formel-1-Saison absolviert, aber ebenfalls unter den harten Testbeschränkungen gelitten hat, klagt ebenfalls darüber, dass die Teams derzeit nicht genügend Reifen zur Verfügung haben.

"Der Testplan ist sehr beschränkt, und im ersten Freien Training nutzen wir normalerweise nur einen Reifensatz der härteren Mischung", klagt er. "Ein zusätzlicher Satz würde Teams wie Williams auf jeden Fall helfen, denn wir haben ein paar Probleme mit dem Auto. Da muss man unterschiedliche Dinge testen." Williams würde tatsächlich von einer derartigen Regelung profitieren, denn mit Valtteri Bottas hat man sogar einen Rookie in den eigenen Reihen, der einen zusätzlichen Reifensatz ausfassen würde.

Button: Idee für Topteams uninteressant

Probleme hat derzeit auch McLaren. Würde auch das britische Traditionsteam einem Youngster die Chance geben, um mehr Kilometer abzuspulen und das Auto besser weiterentwickeln zu können? Jenson Button hält dies für unrealistisch: "Ich glaube nicht, dass wir viele große Teams sehen werden, die am Freitag den dritten Fahrer ins Auto setzen werden."

"Ich glaube nicht, dass wir viele große Teams sehen werden, die am Freitag den dritten Fahrer ins Auto setzen werden." Jenson Button

Trotzdem hält er den Ansatz grundsätzlich für eine gute Idee: "Für junge Fahrer ist es sehr schwierig, im Formel-1-Auto Kilometer zu sammeln. Sie müssen viel Geld mitbringen, um die Möglichkeit zu erhalten, und wenn es diesen zusätzlichen Reifensatz gibt, dann könnte es für die Mittelfeld- und für die Hinterbänkler-Teams nützlich sein, einen dritten Fahrer einzusetzen, um mehr Kilometer abzuspulen und mehr Daten zu erhalten."

Er ergreift für die Nachwuchsfahrer Partei: "Es sind immer viele Testfahrer bei den Rennen, die herumsitzen und von Freitag bis Sonntag zuschauen. Sie erhalten keine Gelegenheit, das Auto zu fahren. Für die Zukunft des Sports ist es aber wichtig, dass die Youngster zum Fahren kommen und ein Grand-Prix-Wochenende erleben, anstatt nur zuzuschauen."

Ricciardo: Rennkilometer unersätzlich

Toro-Rosso-Pilot Daniel Ricciardo hat sich inzwischen gut in der Formel 1 eingefunden. Der Red-Bull-Junior wurde von Helmut Marko in der zweiten Saisonhälfte 2011 beim Nachzüglerteam HRT untergebracht, um dort erste Erfahrungen zu sammeln. Er ist der Meinung, dass dies genau der richtige Weg war: "Natürlich schaden zusätzliche Kilometer nie, aber das Testen ist das eine und das Rennwochenende etwas anderes."

Der "Aussie" glaubt, dass auch ein kurzer Einsatz im ersten Freien Training die Erfahrung, ein gesamtes Wochenende zu absolvieren, nie ersetzen kann: "Die sechs Monate mit HRT waren wirklich gut, um zu verstehen, wie ein Rennwochenende abläuft und um wirklich dabei zu sein. Testen hilft dir zu 80 Prozent, aber 20 Prozent kann man nur am Sonntag da draußen auf der Strecke lernen."

Daniel Ricciardo

Ricciardo gewöhnte sich mit kompletten Wochenenden am Ende des Feldes Zoom

Teamkollege Jean-Eric Vergne ist den anderen Weg gegangen und gewöhnte sich als Toro-Rosso-Freitagtester an die Formel 1. Er spricht sich für den zusätzlichen Reifensatz für Nachwuchspiloten aus: "Ich war ziemlich froh, als ich an den Freitagen im Toro Rosso fahren kann. Das ist eine wirklich gute Erfahrung. Man kann nie genug fahren. Das ist also auf jeden Fall eine gute Sache."

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