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Ein Duumvirat an der FIA-Spitze
Max Mosley und Bernie Ecclestone als Duumvirat an der Spitze der FIA - ein solcher Schachzug würde fast allen Beteiligten Vorteile bringen
(Motorsport-Total.com) - Außergewöhnliche Situationen erfordern zuweilen auch, zumindest auf den ersten Blick, seltsam anmutende Schachzüge. FIA-Präsident Max Mosley wurde in den vergangenen Monaten mehr und mehr zur Zielscheibe der Kritiker in der Formel 1, allen voran für die Motorenhersteller und für die mit ihnen verbundenen Teams. Bisher zeigte der Engländer keine große Gesprächsbereitschaft, die Situation präsentierte sich verfahren, die FIA beharrte auf ihrem Standpunkt, die gegnerische Seite aber ebenso.

© xpb.cc
Max Mosley und Bernie Ecclestone - durch Probleme wieder vereint?
Nun aber möchte sich Mosley Verstärkung holen, und kein Geringerer als Bernie Ecclestone soll sich um die sportlichen Belange in der FIA kümmern. Damit würde jene Machtachse der Formel 1 aus den 80er Jahren wieder das Sagen haben. Ecclestone, damals Besitzer des Brabham-Rennstalls, war als Chef der FOCA, der Vereinigung der Formel-1-Konstrukteure, schon damals einer der mächtigsten Männer des Sports. Und Max Mosley war sein beratender Anwalt.#w1#
"Bernie müsste seine kommerziellen Verpflichtungen natürlich aufgeben, um einen Interessenskonflikt zu vermeiden", erklärte Mosley am Donnerstag. "Aber er würde genauso stark in den Sport eingebunden sein wie immer." Die Aufgaben an der FIA-Spitze wären im Falle eines Andockens von Ecclestone klar verteilt. Mosley beschwerte sich in regelmäßigen Abständen darüber, dass seine Aufgaben in der FIA zu vielfältig seien.
Ecclestone als Entlastung für Mosley
"Wir brauchen jemanden, der die gesamte Zeit über die Führung der Formel 1 aus FIA-Sicht übernimmt", erklärter er. "Das beansprucht so viel meiner Zeit, dass es so nicht weitergehen kann. Ich möchte mehr Zeit mit den Geschäften in Brüssel verbringen, mich um die Angelegenheiten bei den Straßenautos kümmern, aber stattdessen muss ich in der Formel 1 die Brände löschen." Diese Aufgabe soll dann im Idealfall Ecclestone übernehmen.
Der Machteinfluss des 74-Jährigen innerhalb der Formel-1-Holding SLEC schrumpft, denn die Banken, die 75 Prozent der Anteile halten, gewinnen allmählich an Einfluss. Für Ecclestone wäre damit der freiwillige Abgang aus der kommerziellen Seite des Sports ein Weg, das Gesicht zu wahren. In der FIA könnte er eine neue Heimat finden und weiter die Geschicke der Formel 1 mitbestimmen, auch seine Gesprächspartner würden sich kaum ändern.
"Er könnte mit den Teams verhandeln, den Herstellern, den Banken, all die verschiedenen Dinge tun, die einfach anfallen", so Mosley. "Es wäre schön, wenn wir das alte Team wieder zusammenbringen könnten. Er kennt dieses Geschäft besser als jeder anderer." Und genau hier keimten erste Sorgen auf: Wer kümmert sich um die kommerziellen Belange der Formel 1, wenn Ecclestone in das FIA-Lager wechseln sollte?
Die Nachfolgediskussion ist somit wieder in vollem Gange, und vielen bereitet es Sorgen, dass sich Ecclestone als Alleinherrscher um die vertraglichen Seiten bemühte. Ein Nachfolger wird nur schwer in die Fußstapfen von Ecclestone treten können. "Es wäre, als ob Frank Sinatra versucht, jemanden zu lehren, wir man Sinatra ist. Ich könnte niemandem beibringen, wie man Bernie Ecclestone zu sein hat", so der kleine Engländer.
Ungelöste Nachfolgefrage in der SLEC
"Ich habe die Formel 1 wie ein Unternehmer geleitet, aber die Banken machen es so, wie Banken es eben tun", erklärte er. "Es ist nicht einfach, mit anzusehen, wie das Geschäft diesen Weg geht. Man muss schnelle Entscheidungen treffen, ich habe das immer so getan. Man kann nicht zwei Monate warten, bis der Vorstand endlich eine Entscheidung trifft. So etwas muss sofort geschehen."
Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, Mosley und Ecclestone gehe es um Machterhalt. Ecclestones Position ist durch die Banken bedroht, Mosley wird von den Motorenherstellern nicht als gewünschter Verhandlungspartner für die Zukunft der Formel 1 akzeptiert. In diesem Sinne könnte Ecclestone wiederum einiges erreichen, denn sein Ansehen wäre bei den Verhandlungspartnern weit höher.
"Wenn Max morgen zurücktreten würde, hätten wir sofort wieder Harmonie in der Formel 1. Das wissen alle. Das Problem ist nicht die FIA, das Problem ist nicht Bernie, das Problem ist Max", erklärte Minardi-Teamchef Paul Stoddart vor wenigen Wochen. Als Sprecher der Teams, die den Motorenherstellern nahe stehen, dürfte er mit dieser Meinung nicht völlig alleine dastehen.
Umso erfreuter reagierte der Australier auf die Ankündigung, Ecclestone in das FIA-Boot zu holen. "Das ist der einzige Weg nach vorn", erklärte er. "Wenn sich Max im Oktober der Wiederwahl stellt und der gegenwärtige Stand der Dinge bleibt, dann versinkt die Formel 1 im totalen Chaos." Aber wäre Ecclestone der richtige Mann, um alle zu einen und die Wogen nach den jahrelangen Streitereien wieder zu glätten?
Stoddart: Ein möglicher Weg, die Situation zu bereinigen
"Ich denke, Bernie hat in all den Jahren gezeigt, dass er ein guter Verhandler ist", fuhr Stoddart fort. "Wenn es eine Schlichtung geben muss, dann wird sie auch kommen. Und wenn er hart bleiben muss, dann bleibt er es. Max hat die Macht, aber Bernie hat das Wissen. Vielleicht wollen die Banken gar nicht ohne Bernie weitermachen. Aber die Hersteller werden auf jeden Fall nicht mit Max weitermachen, dass haben sie bereits erklärt. Die Formel 1 braucht seine Lösung, und vielleicht ist dies ein Schlüssel für die momentane Situation."
Mosleys Idee, das Duumvirat der 80er Jahre wieder aufleben zu lassen, stieß aber nicht nur auf Begeisterung. "Ich verstehe den Grund und die Motivation dahinter nicht ganz genau. Man sollte da noch einiges erklären", so McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh. Und während die SLEC keinen Kommentar abgab, blieben die Hersteller skeptisch. "Wir haben unsere Position klar gemacht. Es ist eine Frage, ob ein solcher Wechsel den Zielen der Hersteller dient", erklärte ein Sprecher der Herstellervereinigung, die sich nun 'EMA' nennt.
Ecclestone steht einer Rolle in der FIA nicht unbedingt abgeneigt gegenüber, hat aber noch keine Entscheidung getroffen. Diese erwartet Mosley in den kommenden Monaten. Dabei spielen auch die geänderten Wahlformalitäten zur FIA-Präsidentschaft eine Rolle. Im Oktober wird nicht nur die Position des Präsidenten gewählt, sondern jeder Kandidat muss auch eine komplette Mannschaft - eine Art Kabinett - präsentieren. Der Name Ecclestone im Kreise von Mosleys Kandidatschaft könnte weitere Stimmen sichern.

