• 28.03.2013 12:27

  • von Christian Sylt & Caroline Reid

Ecclestone erklärt, warum er sich erpressen ließ

Erstmals hat Bernie Ecclestone Details bekanntgegeben, wie er vom eingesperrten Ex-Banker Gerhard Gribkowsky um 44 Millionen Dollar erpresst worden sein soll

(Motorsport-Total.com) - Vor einem Jahr wurde der ehemalige Risikovorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky, in München zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und seiner Bambino-Familienstiftung 44 Millionen Dollar erhalten hat. Das Urteil des Münchner Gerichts besagt, dass er das Geld erhielt, um den Verkauf der Formel 1 an die Private-Equity-Firma CVC Capital Partners 2006 voranzutreiben.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone erlebt derzeit unruhige Zeiten Zoom

Ecclestone wurde nicht belastet - in seiner Zeugenaussage widersprach er, dass es sich um Schmiergeld gehandelt habe. Stattdessen soll ihn Gribkowsky bedroht haben, falsche Angaben über seine Steuerangelegenheiten an die britischen Steuerbehörden HM Revenue & Customs (HMRC) weiterzuleiten, sollte er das Geld nicht erhalten. Dennoch hat Ecclestone bislang keine Details über die Hintergründe bekanntgegeben, wie er erpresst worden sein soll, um 44 Millionen Dollar zu zahlen.

Paul-Ricard-Umbau als Schlüsselereignis

Laut Ecclestone spielte sich alles rund um den Paul-Ricard-Kurs in Le Castellet ab - die Strecke nahe Marseille, wo in den 1970er- und 1980er-Jahren der Grand Prix von Frankreich ausgetragen wurde. 1999 wurde die Anlage von Excelsis, einer französischen Firma, die im Besitz von Bambino stand, gekauft. Durch ausgedehnte Renovierungsarbeiten, an denen 1.200 Arbeiter beteiligt waren, wurde der Kurs in eine High-Tech-Teststrecke umgebaut. Die Arbeiten wurden von Philippe Gurdjian, Vorsitzender von Excelsis, gemeinsam mit Ecclestone koordiniert. Laut Ecclestone war dies der Nährboden für Gribkowskys spätere Drohung.

"Ich habe den Leuten geholfen, denen der Ricard-Kurs gehört - er gehört der Stiftung", sagt Ecclestone. "Ich habe ihnen geholfen, habe ihnen gesagt, welche Art von Krankenhaus und sogar welche Art von Auslaufzonen sie bauen sollen. Gribkowsky hat dann gesagt, dass ich die Stiftung leite - das ist ein Beispiel."

Warum die Bambino-Stiftung gegründet wurde

Die in Liechtenstein sitzende Bambino-Stiftung wurde im Dezember 1997 von Ecclestones kroatischer Ex-Frau Slavica gegründet - sie ist gemeinsam mit ihren zwei Töchtern eine der drei Bezugsberechtigten. Die wesentlichen Vermögenswerte der Stiftung waren die Anteile an F.O.C.A. Admininstration - die britische Firma, die heute unter dem Namen Formula One Management (FOM) bekannt ist. F.O.C.A. Admininstration war früher zur Gänze in Ecclestones Besitz und Eigentümer der Formel-1-Rechte.

"Sie könnten die Lage so einschätzen, dass ich mehrere hundert Millionen Pfund, wenn nicht Milliarden an Steuern schuldig geblieben bin." Bernie Ecclestone

Ecclestone erhielt laut eigenen Angaben den Ratschlag, seine Anteile an seine Ex-Frau abzugeben, da sie noch nicht lange genug in Großbritannien gelebt hatte, um dort ihren Wohnsitz zu haben. Wenn also Ecclestone gestorben wäre, hätte sie ohne die Gründung der Stiftung 40 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssen, um sein Geld zu erhalten, obwohl Ehepartner eigentlich von dieser Steuer befreit sind.

Ecclestone ist inzwischen 82 Jahre alt. In den 1990er-Jahren litt er an Herzproblemen, weshalb ihm 1999 drei Bypässe eingesetzt wurden. Das war auch der Auslöser für die Gründung der Stiftung. Doch als britischer Steuerzahler durfte Ecclestone die Stiftung nicht kontrollieren, sonst hätte dies als Betrug gegolten und er hätte dafür Steuern zahlen müssen. Im Endeeffekt hätte dies als Steuerhinterziehung bezeichnet werden können.

Das liegt an einer Klausel im Einkommen- und Körperschaftssteuergesetz 1988, die auch in das Einkommenssteuergesetz 2007 übernommen wurde. Sie besagt: Wenn ein britische Einwohner Vermögenswerte ins Ausland schafft und dort Einkünfte erhält, dann darf der Auftraggeber zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit haben, in den Genuss dieser Einkünfte zu kommen, sonst wird es als sein Eigentum betrachtet.

Warum sich Ecclestone Gribkowskys Forderungen fügte

Dass man rund um den Paul-Ricard-Umbau Ecclestone um Rat gefragt hatte, darf aufgrund seines Know-hows und seiner Erfahrung nicht verwundern. "Wie bei den meisten Kursen auf der Welt hat man mich um Hilfe gebeten", sagt er. Es dürfte sich ausgezahlt haben, denn die Einnahmen für die Streckenvermietungen belaufen sich auf geschätzte 40.000 US-Dollar pro Tag. Dennoch hätten die britischen Steuerbehörden der Sache nachgehen müssen, wenn sie einen Hinweis von einem Formel-1-Insider wie Gribkowsky erhalten hätten. Ecclestone hätte dann den Beweis antreten müssen, dass er mit seiner Tätigkeit rund um die Renovierung des Paul-Ricards-Kurses nichts Unzulässiges getan hat.

Während des Gribkowsky-Prozesses trat Ecclestone als Zeuge auf und sagte, dass er besorgt sei, HMRC könnte die Vorwürfe ernst nehmen, auch wenn sie jeglicher Grundlage entbehren würden. "Sie könnten die Lage so einschätzen, dass ich mehrere hundert Millionen Pfund, wenn nicht Milliarden an Steuern schuldig geblieben bin, von denen ich der Meinung bin, dass ich sie niemandem schulde", sagte Ecclestone. Er fügte hinzu, dass er auch "die Nachweispflicht antreten müsste, dass die Einschätzung der Behörden falsch sei. Das war der Grund, warum ich mich seiner Forderung für diese Zahlungen gefügt habe."

Ecclestone wird nicht der Steuerhinterziehung verdächtigt

Ecclestone findet, dass Gribkowsky seine Haftstrafe verdient: "Ich sage euch, wofür Gribkowsky hätte eingesperrt werden sollen. Er erpresste mich und brachte mich in die Position, wo ich glaubte, dass er seine Drohungen wahrmachen würde, auch wenn dies vielleicht nicht möglich gewesen wäre. Natürlich hätte er dafür bestraft werden sollen."

Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft gegen Ecclestone dauern währenddessen an, und HMRC untersucht in Großbritannien Ecclestones Steuerangelegenheiten. Formel-1-Firmendokumente offenbaren, dass HMRC Ecclestone nicht der Steuerhinterziehung verdächtigt, aber untersucht, ob seine Zahlungen ausreichend waren.

Die Dokumente besagen, dass "Herr Ecclestone im März 2012 informiert wurde, dass HMRC derzeit in Großbritannien seine Steuerangelegenheiten untersucht und sich dabei vorrangig auf seine direkten und indirekten Verbindungen zu Auslandsstiftungen konzentriert. HMRC hat Herrn Ecclestone informiert, dass die Untersuchung in Übereinstimmung mit Verhaltenskodex 8 durchgeführt wird, der angewendet wird, wenn kein Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht. Stattdessen möchte HMRC untersuchen, ob irgendwelche von einem Steuerzahler durchgeführten Steuerplanungen ihre Absicht erzielt haben. Der Hintergrund der Untersuchung ist es, herauszufinden, ob zu niedrige Steuerzahlungen stattgefunden haben."