Dyer: "Das härteste Jahr seit langem"
Michael Schumachers Chefingenieur Chris Dyer über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen und die erstarkte Konkurrenz
(Motorsport-Total.com) - Chris Dyer ist seit dieser Saison Michael Schumachers neuer Chefingenieur, aber dicke Freunde sind die beiden bisher nicht geworden. Doch das hat seine Gründe: "Man ist bei den Rennen, Tests, beim Analysieren der Daten, bei den Meetings in der Fabrik plus bei der Suche nach ein wenig Zeit für ein Privatleben mit der Familie so eingenommen, dass keine Zeit mehr bleibt, sich mit den Fahrer anzufreunden", so der Australier und fügt mit einem Lächeln hinzu. "Allerdings ? wir verbringen bei den Tests und den Meetings wohl in den Sommermonaten mehr Zeit zusammen als mit den eigenen Frauen."

© Ferrari
Chris Dyer hat noch eine harte Saison vor sich
Der heute 35-Jährige begann seine Karriere im Motorsport mit dem erfolgreichen Holden Tourenwagenteam in "Down Under" und wechselte dann zum Arrows-Formel-1-Team nach England. Ob er mit Jos Verstappen, Damon Hill, Toranosuke Takagi oder Michael Schumacher arbeitet, die Arbeitsabläufe sind sich immer ähnlich: "Der größte Unterschied ist jedoch, dass hier vier Leute das tun, was ich bei Arrows noch alleine machen musste!"
Koordinator von Informationen
Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei den Roten im Teamwork begründet und in dieser Rolle spielt Dyer eine elementare Rolle: "Als Renningenieur bin ich mehr ein Koordinator von Informationen, die eine große Gruppe von Mitarbeitern liefert. Jeder von ihnen hält dabei während des Rennwochenendes oder eines Tests wichtige Informationen bereit. Wir unterhalten uns untereinander, welche Richtung wir einschlagen sollen und ich kann mich nicht erinnern, dass jemand einem anderen einmal seine Meinung aufgezwungen hätte."
Das härteste Jahr seit langem
Die Umstellung von Arrows auf Ferrari war für den Ingenieur allerdings nicht so schwer, wie man sich das vielleicht gemeinhin vorstellen mag: "Tatsache ist, dass es einfach war. Ich kam in eine schon gut geölte Maschinerie, die aufgebaut wurde und sich über Jahre hinweg bewährt hatte, bevor ich hinzukam. Mit Sicherheit ist dieses Jahr aber das härteste, das wir seit vielen Jahren haben, aber wenn wir am Ende die Meisterschaft einfahren, dann wir das alles noch viel süßer machen?"
Gerade ein Top-Team hat in solch schwierigen Saisons Größe zu zeigen: "Wenn es hart auf hart kommt, dann gibt es bei uns definitiv keine Panikentscheidung", versichert Dyer. "Wir konzentrieren uns ganz einfach darauf, was uns in der Vergangenheit stark gemacht hat, verlieren dabei nicht die Ziele aus dem Auge und behalten die Zuversicht, dass wir die richtigen Dinge tun, um weiterhin Erfolg zu haben."
Zusammenarbeit mit Schumacher ein "zweischneidiges Schwert"
Für Dyer ist die Zusammenarbeit mit Michael Schumacher "ein wenig wie ein zweischneidiges Schwert". Der Australier erklärt, warum dem so ist: "Es ist einfach, mit Michael zusammenzuarbeiten. Er ist vor allem ein netter Kerl, immer ruhig und besonnen. Er verfügt über viel Erfahrung und kann sich an kleine Probleme erinnern, die auf verschiedenen Strecken über die Jahre hinweg aufgetreten sind."
"Er hat eine Art eingebaute Datenbank in sich, so dass er ein Bild von den Systemen des Autos zeichnen kann und damit in der Lage ist, bei der Analyse und dem Lösen von Problemen zu helfen. Auf der anderen Seite kann es deutlich anstrengender sein, da man immer unter Leistungsdruck steht, besonders wenn man mehr Wettbewerb hat wie im letzten Jahr."
Wechselhaftes Wetter ist nicht "Dyers best friend"
Auch das Wetter kann das Leben eines Ingenieurs schwerer machen, wie am Freitag in Magny-Cours: "Wir werteten wie immer die Reifen aus und arbeiteten am Freitag am Basissetup. Ferner gab es Extraarbeit beim Beobachten der Bremsenabnutzung in den neuen Kurven. Wenn man wie in Magny-Cours Regen bekommt, dann muss man versuchen, alles am Samstag zu erledigen, was dazu führt, dass man keine anderen Möglichkeiten des Setups ausprobieren kann. Unter solch schwierigen Bedingungen ist die Erfahrung von Michael eine große Hilfe. Wir verfügen auch über Daten von vorherigen Rennen, um das beste Setup für die Strecke zu finden."
Silverstone kennt Dyer gut
In Silverstone ist das Leben von Chris Dyer deutlich angenehmer als noch vor zwei Wochen in Frankreich: "Das ist eine jener Strecken, auf der wir vor dem Rennen testen können, wir verfügen also über all die Informationen des Tests vor ein paar Wochen. Schon vor unserer Ankunft wissen wir ziemlich genau über das Setup bescheid und können das Freie Training dazu benutzen, die Reifeninformationen zu bestätigen und das Setup zu optimieren."
Als Australier war Dyer viereinhalb Jahre wohnhaft in England, nun lebt er seit zweieinhalb Jahren in Italien. Für den 35-Jährigen war das Neuland, denn er stammt aus dem ländlichen Bendigo im Australischen Bundesstaat Victoria. "Ich genieße jede Minute." Was gibt es auch Besseres, als mit Michael Schumacher bei einem erfolgreichen Team wie Ferrari zu arbeiten?

