Dupasquier: Unsere Reifen waren immer legal
Der Michelin-Motorsportdirektor spricht über Bridgestones Vorwürfe und die andere Philosophie bei der Reifen-Entwicklung
(Motorsport-Total.com) - Schon in der letzten Saison konnte Formel-1-Rückkehrer Michelin zusammen mit den Partner-Teams BMW-Williams, Benetton-Renault, Jaguar Racing und Prost den auf den Reifen des japanischen Konkurrenten Bridgestone ausrückenden Teams einige Siege, Pole Positionen und Punkte wegschnappen. Am Ende der Saison triumphierte zwar Bridgestone, doch Michelin hatte sich in seiner "ersten" Saison eindrucksvoll zurückgemeldet und einige Achtungserfolge erreichen können.

© Michelin
Laut Dupasquier haben Michelins Reifen immer dem Reglement entsprochen
Je konkurrenzfähiger die Teams und der französische Reifenhersteller wurden, desto öfter gelang es in die lange Zeit rein von Bridgestone-bereiften Autos dominierten vorderen Startreihen und Punkteplätze vorzustoßen. Über die letzte Saison zeigte sich aber auch, dass die Leistungen der Michelin-Reifen teils enormen Schwankungen unterlagen. Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier erklärte jüngst in einem Interview mit 'Jaguar Racing', dass dies vor allem der anderen Philosophie bei der Reifentwicklung und dem Erfahrungsrückstand zuzuschreiben gewesen sei.
Um das Tempo von Bridgestone mitgehen zu können, hatten die Franzosen von vornherein auf sehr weiche Reifenmischungen gesetzt. Diese Entscheidung erwies sich zwar im Laufe der Saison als richtig, doch nach dem ersten Rennen in Australien hatte man ziemlich schnell feststellen müssen, dass die weichen Pneus nach wenigen Runden in ihrer Leistung dramatisch nachließen und sich erst zu spät wieder erholten. Im Laufe des Jahres erforschte Michelin diesen Umstand genauer und kam schließlich auf die keineswegs neue Idee, dass man das schwarze Gold vor dem Renneinsatz anfahren müsse, damit während der Rennen möglichst lange Zeit konstante Rundenzeiten gefahren werden können. Vor allem im Falle von Jaguar Racing, aber auch bei BMW-Williams, funktionierte diese Taktik später recht gut.
Auf Grund der wesentlich weicheren Reifenmischungen kam es zwischen den Franzosen und Bridgestone hinter den Kulissen aber auch zu heftigen Streitereien. So erklärten die Japaner, dass ihrer Meinung nach die abgefahrenen Reifen der Michelin-Teams zum Ende der Rennen nicht mehr reglementkonform seien. Michelin konterte und warf Bridgestone die chemische Behandlung seiner Reifen vor. Als die Motorsportwelt und die Reifenhersteller auf eine Klärung der Situation durch die FIA hofften, hieß es von der Motorsportbehörde jedoch lediglich, dass sich aus ihrer Sicht beide Firmen an das Reifenreglement halten würden.
"Wir können ohne Probleme konstante Reifen mit härteren Mischungen produzieren", erklärte Pierre Dupasquier im Rahmen der Barcelona-Testfahrten Anfang dieses Monats und machte damit deutlich, dass man genauso wie Bridgestone in der Lage ist härtere Pneus herzustellen. Der Grund warum man dies jedoch nicht tut, ist einfach eine andere Philosophie bei der Reifenentwicklung, verriet der Franzose. Letzten Endes würde man die Art von Reifen entwickeln, nach denen die Teams verlangen und die seien ja ganz offensichtlich mit den weichen Pneus zufrieden.
FIA bestätigte, dass die Michelins reglementkonform waren
Angesprochen auf den Vorwurf, die Michelin-Reifen seien zum Rennende hin oftmals nicht mehr legal gewesen, erklärte Dupasquier, dass man lediglich bei einem einzigen Grand Prix sich diesbezüglich Sorgen machte: "Wir waren besorgt was die Hinterreifen in Monte Carlo anbelangte. Nachdem wir die Reifen aber gesäubert hatten, konnte man die vier Rillen eindeutig erkennen. Die FIA hat wirklich sorgfältig kontrolliert und gute Arbeit geleistet. Am Ende stimmten sie zu, dass unsere Reifen legal waren", dementierte Dupasquier die Vorwürfe der Konkurrenz.
Als Ursache für die stark abgenutzten Reifen, welche einem im Fürstentum beinahe zum Verhängnis geworden wären, machte der Motorsportdirektor die Traktionskontrolle verantwortlich: "In Monte Carlo war die Traktionskontrolle unser Problem. Normalerweise denkt jeder, dass die Reifen weniger beansprucht werden wenn man mit Traktionskontrolle fährt, jedoch ist genau das Gegenteil der Fall. Mit der Traktionskontrolle kann man den Rädern nämlich die ganze Runde über 20 Prozent Schlupf erlauben und das verschleißt sie dann total."
Auf den Vorwurf einiger Fahrer, die weichen Michelin-Reifen würden im Laufe eines Rennens die Ideallinie durch ihren schnelleren Verschleiß mit herausbröckelnden Gummiteilen verschmutzen, erwiderte Dupasquier, dass dies Quatsch sei: "Reifen haben auch Grip wenn sie über Gummiteile fahren, denn es sind ja nun mal keine Steine. Die weichen Reifenmischungen reinigen die Strecken doch, denn sie sammeln ja den Dreck auf. Wenn also ein Fahrer von der Ideallinie abkommt, dann hat das weniger mit den Reifen als denn mit der Aerodynamik zu tun."

