Drama am Nürburgring: Alonso glücklicher Sieger

Durch einen Ausfall Räikkönens in der letzten Runde gewann Fernando Alonso den Grand Prix von Europa vor Heidfeld und Barrichello

(Motorsport-Total.com) - Den unglaublichsten Grand Prix des Jahres erlebten heute bei gutem Wetter und Temperaturen um die 25 Grad mehr als 100.000 begeisterte Fans auf dem Nürburgring. Die Entscheidung fiel nach zahlreichen Zwischenfällen erst in der allerletzten Runde zugunsten von Fernando Alonso. Der Renault-Pilot gewann 16,5 Sekunden vor Nick Heidfeld (BMW WilliamsF1 Team) und 18,5 Sekunden vor Rubens Barrichello (Ferrari).

Titel-Bild zur News: Kollision am Nürburgring

Gleich am Start zeichnete sich ein Drama ab: Webber löste eine Kollision aus

Schon am Start nahmen die dramatischen Ereignisse in der Eifel ihren Lauf, als Giancarlo Fisichella (Renault) mit abgestorbenem Motor stehen blieb. Rennleiter Charlie Whiting brach das Prozedere daraufhin ab, schickte das Feld in eine zweite Aufwärmrunde und verkürzte den Grand Prix von Europa auf 59 Umläufe. Der zweite Start verlief zunächst reibungslos, doch - wie könnte es anders sein - im Castrol-S kam es schon nach wenigen Metern zu einer Massenkollision.#w1#

Webber verursachte die Kollision am Start

BMW WilliamsF1 Team Pilot Mark Webber bremste etwas zu optimistisch, blockierte seine Räder und rutschte dadurch geradeaus weiter, während Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes) von der Außenbahn nach innen ziehen wollte. Ralf Schumacher (Toyota) fuhr sich dabei ebenfalls seinen Toyota kaputt und musste zur Reparatur an die Box kommen, während sein Ferrari-Bruder Michael dem Geschehen zwar ausweichen konnte, aber mehrere Positionen einbüßte. Webber schied durch den Zwischenfall aus.

Aus der ersten Runde kam Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes) als Führender zurück, der den Start souverän gewonnen hatte, gefolgt von Polesetter Nick Heidfeld (BMW WilliamsF1 Team), Jarno Trulli (Toyota), David Coulthard (Red-Bull-Cosworth), dem großen Profiteur des Tumults in der ersten Kurve, Fernando Alonso (Renault), Felipe Massa (Sauber-Petronas) und Vitantonio Liuzzi (Red-Bull-Cosworth). Montoya und Michael Schumacher lagen am Ende des Feldes.

Während das deutsch-kolumbianische Duo mit Siebenmeilenstiefeln durch das Feld pflügte, bahnte sich bei Toyota Unheil an: Die Mechaniker von Jarno Trulli blieben vor der ersten Aufwärmrunde bis ungefähr zehn Sekunden vor dem Umspringen der Ampel am Auto stehen, was gegen das Reglement verstößt, welches besagt, dass der Grid 15 Sekunden vor dem Losfahren geräumt werden muss. Trulli kassierte dafür eine Durchfahrstrafe.

Feld nach dem turbulenten Start durcheinander gewürfelt

Im Mittelfeld gab es durch die kuriose Reihenfolge nach der Startkarambolage zahlreiche Überholmanöver, während sich vorne Räikkönen und Heidfeld rasch von den Verfolgern absetzen konnten. In der elften Runde eröffnete Barrichello die Serie der Boxenstopps, womit klar war, dass er insgesamt dreimal reinkommen würde. Heidfeld ließ einen Umlauf später nachtanken, was seine Pole Position im Nachhinein ein wenig relativierte.

Nach dem ersten Renndrittel begann sich das Feld zu sortieren, gleichzeitig wurde aber auch klar, dass die Top-Piloten unterschiedliche Strategien verfolgten: Räikkönen und Alonso waren auf zwei, Heidfeld und Barrichello auf drei Stopps. Und irgendwo dazwischen lag Coulthard: Der Red-Bull-Cosworth-Routinier erbte durch einen langen ersten Stint zwischenzeitlich sogar die Führung und hätte wohl auf das Podium fahren können, wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung in der Boxengasse kassierte er aber eine Durchfahrstrafe.

Schumacher arbeitete sich unauffällig nach vorne

Michael Schumacher lag nach seinem ersten Boxenstopp erstmals auch effektiv in den Punkten, ging durch seine Strategie sogar an Montoya vorbei. In der 25. Runde fuhr Räikkönen als Erster über die Ziellinie, vier Sekunden vor Heidfeld, 18 vor Alonso, 28 vor Barrichello und 38 vor Coulthard. Michael Schumacher lag zu dem Zeitpunkt an siebenter Position vor Montoya, fand in den nächsten paar Runden aber keinen Weg an Massa vorbei.

In der 29. Runde begann das Drama an der Spitze: Räikkönen verlor im zweiten Sektor seinen McLaren-Mercedes außer Kontrolle, musste ins Kiesbett und verlor dabei ungefähr fünf Sekunden und kurzzeitig auch die Führung an Heidfeld, der allerdings aus strategischen Gründen ohnehin kein direkter Gegner war. Anschließend verbremste sich der "Iceman" allerdings einige Male, wodurch sein linker Vorderreifen in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Alonso während seiner Aufholjagd kurz neben der Strecke

Nachdem sich Ralf Schumacher mit einem Dreher aus dem Rennen verabschiedet hatte, lagen 15 Sekunden zwischen Räikkönen und Alonso. Die Boxenstopps verliefen bei allen Spitzenpiloten problemlos, doch Alonso leistete sich ungefähr 15 Runden vor Schluss einen Fahrfehler in der Dunlop-Kehre, als er gerade dabei war, am Abstand zur Führung zu knabbern. Dennoch konnte er in den letzten Runden Jagd auf den angeschlagenen Räikkönen machen.

In den letzten fünf Runden dann Drama pur: Erst machte Michael Schumacher einen Ausflug in die Botanik, bei dem er seinen sechsten Platz aber nicht verlor, dann humpelte Massa mit Reifenschaden und kaputtem Michelin-Pneu zurück an die Box - und an der Spitze hobelte Alonso pro Runde ungefähr 1,5 Sekunden von seinem Rückstand weg. Zwei Runden vor Schluss lagen zwischen Räikkönen und dem Spanier nur noch 2,7 Sekunden.

Drama um Räikkönen in der allerletzten Runde

Dann das elektrisierende und völlig unerwartete Finale: Zu Beginn der letzten Runde hatte Räikkönen seinen Verfolger schon im Windschatten, als im Castrol-S seine Radaufhängung plötzlich kollabierte - als Folge von Vibrationen durch den Bremsplatten! Der sonst so coole "Iceman" stieg entnervt aus seinem zerstörten Auto, während die Herren Dennis und Haug am Kommandostand die Hände über dem Kopf zusammenschlugen - und bei Renault plötzlich Siegesjubel ausbrach!

Heidfeld fuhr nach einem fehlerfreien Rennen den zweiten Platz sicher vor Barrichello nach Hause, während Coulthard Vierter wurde. Michael Schumacher, Fisichella, Montoya und Trulli teilten sich die restlichen Punkte untereinander auf, während Liuzzi trotz einer starken Vorstellung in seinem vorerst letzten Grand Prix nur um 0,4 Sekunden an Platz acht vorbeischrammte. Insgesamt wurden 18 von 20 Piloten gewertet, Räikkönen (11.) eingeschlossen.

In der Weltmeisterschaft könnte heute eine Vorentscheidung zugunsten von Alonso gefallen sein, der nun mit 59 Zählern deutlich vor Räikkönen, Trulli (beide 27) und Heidfeld (25) in Führung ist. Michael Schumacher liegt mit 16 Punkten nur an achter Stelle. Bei den Konstrukteuren hat weiterhin Renault die Nase vorne, 23 Punkte vor McLaren-Mercedes und 32 vor Toyota. Ferrari liegt nach sieben von 19 Rennen auf dem enttäuschenden fünften Platz.