Donnelly: Sennas Verhalten war unglaublich

Martin Donnelly blickt auf seinen schweren Unfall 1990 zurück und wundert sich über Ayrton Senna, der damals kurz darauf die Pole-Position eroberte

(Motorsport-Total.com) - Martin Donnelly hatte eine kurze Karriere in der Formel 1. Im Jahr 1989 debütierte der Brite für Arrows beim Grand Prix von Frankreich in Le Castellet. Für 1990 wurde der heute 47-Jährige von Lotus als Stammpilot verpflichtet. Tragische Berühmtheit erlangte Donnelly bei einem schweren Unfall in Jerez 1990. Dabei wurde er aus dem Auto geschleudert und blieb auf der Strecke liegen, den Sitz immer noch auf seinem Rücken festgeschnallt. Es war ein Horror-Unfall, den Donnelly mit viel Glück überlebte.

Titel-Bild zur News: Ayrton Senna

Ayrton Senna prägte die Formel 1 für viele Jahre und ist bis heute unvergessen

Die Formel-1-Karriere war dadurch vorbei. Obwohl das Wochenende im September 1990 von dem Crash überschattet war, trugen sich noch andere Geschehnisse zu. In der WM tobte damals das Gigantenduell zwischen Ayrton Senna (McLaren) und Alain Prost (Ferrari). Senna schied im Rennen durch Motorschaden an seinem Honda-Triebwerk aus, doch die Ereignisse an den Vortagen waren bemerkenswert.

Damals wurde die Qualifikation am Freitag und Samstag ausgetragen. Am Freitag war Donnellys Unfall passiert. Als das Ärzte-Team rund um Professor Sid Watkins um das Leben des Lotus-Piloten kämpfte, fuhr Senna auf die Strecke und machte sich ein Bild von der Situation. "Ayrton ist zu meiner Unfallstelle gegangen", erinnert sich Donnelly 21 Jahre später gegenüber 'Motorsportretro.com'. "Er steht dort neben dem Professor und den Ärzten, während sie an mir arbeiten."

"Das ist für mich unglaublich. Ayrton hat alles beobachtet, er hat meinen Helm gehalten und vielleicht beobachtet, wie ich sterbe. Er hat alle Nadeln und Schläuche gesehen. Dann ist er in die Garage zurückgekehrt, hat seinen Helm aufgesetzt, das Visier heruntergeklappt und hat zehn Minuten vor Trainingsende die bis dahin schnellste Runde in Jerez gedreht." Senna hatte sich damals die provisorische Pole-Position gesichert.


Fotos: Ayrton Senna - Momente einer Karriere


Am Samstag fuhr er noch einmal einen Tick schneller, um sicher Platz eins zu halten. Die Freitagszeit hätte aber ohnehin für die Pole gereicht. Prost war knapp eine halbe Sekunde langsamer. Es war die 50. Pole-Position für Senna. Damals ein Meilenstein in der Formel-1-Geschichte. "Wie kann man seine Emotionen und das, was man gerade gesehen hat, abschalten, und diesen Job machen?", fragt sich Donnelly auch noch 20 Jahre später. "Dazu braucht es jemand ganz Besonderen."

Senna und Watkins freundeten sich über die Jahre eng miteinander an. Der dreifache Weltmeister wollte über Medizin und die Erstversorgung nach einem Unfall Bescheid wissen. Im Jahr 1992 passierte etwas bis heute Unübliches: In Spa-Francorchamps hatte Erik Comas (Ligier) bei der schnellen Blanchimont einen schweren Unfall. Senna war einer der nachfolgenden Autos, hielt an, stieg aus und lief zu seinem Fahrerkollegen, der reglos im Auto saß. Bis Watkins eintraf, versuchte Senna zu helfen.

Die Reste von Martin Donnellys Lotus nach dem Horror-Unfall in Jerez 1990 Zoom

"Er hat nicht nur mich gesehen", sagt Donnelly. "Er ist auch bei Comas und Zanardi stehengeblieben." Zanardi hatte im Training zum Belgien Grand Prix 1993 in der Eau Rouge einen Horror-Unfall, den der damalige Lotus-Pilot nur mit Glück überlebte. Senna wäre bei dem Unfall fast beteiligt gewesen, denn er war unter Gelb viel zu schnell unterwegs gewesen und wäre beinahe in den verunfallten Boliden geknallt.

Auch am Freitag in Imola 1994 besuchte der Brasilianer seinen jungen Landsmann Rubens Barrichello nach dessen schweren Unfall im Krankenhaus. Freitagabend herrschte in Italien noch gute Stimmung, denn "Rubinho", hatte sich nicht ernsthaft verletzt. Die weiteren Tage sind traurige Geschichte. Senna stand am Samstag in der Tosa-Haarnadel, wo Roland Ratzenberger wenige Momente zuvor sein Leben bei dem Aufprall in der Villeneuve-Schikane gelassen hatte. Obwohl er die Szene mit eigenen Augen gesehen hatte, war an ein Aufhören nicht zu denken.

"Vielleicht war das Ayrtons Art, damit umzugehen?", fragt sich Donnelly. "Vielleicht musste er eine beinahe tödliche Erfahrung für sich selbst sehen, damit er fühlt, dass es ihm wahrscheinlich eher nicht passieren wird?" Einen Tag nach Ratzenberges Unfall startete Senna zum 65. und letzten Mal von der Pole-Position. Während der dreifache Weltmeister zur Legende wurde, weilt Donnelly noch unter uns und führt ein ganz normales Leben.

Ayrton Senna

Speziell im Qualifying konnte Ayrton Senna das Limit noch weiter steigern Zoom

"Ich kann mich nicht beklagen. Man muss nur an Ayrton denken. Er hatte Millionen, stand mitten im Leben. Man realisiert erst nach einiger Zeit im Formel-1-Fahrerlager, dass man abgeschottet ist. Alles wird dir gegeben, Kleidung, Autos, Telefone. Man ist nicht Teil der realen Welt. Man möchte wieder zurückkehren und dieses Formel-1-Leben führen. Nach einer Weile realisiert man aber, dass man nicht zurück kann, dass es ein Leben außerhalb der Formel 1 gibt. Man muss seine Hypotheken und Rechnungen bezahlen."

Senna nahm an 161 Rennen teil und gewann 41 davon. Donnelly stand 13 Mal am Start und holte keinen einzigen WM-Punkt. Während Senna 34 Jahre alt wurde, erfreut sich Donnelly heute mit 47 Jahren bester Gesundheit.