• 15.11.2010 20:58

  • von Roman Wittemeier

Domenicali: "Wie beim entscheidenden Elfmeterschießen"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali über den verpassten WM-Titel für Fernando Alonso: "Ein Tag kann die gute Arbeit des Jahres nicht schmälern"

(Motorsport-Total.com) - Während Red Bull noch feiert, wird in Maranello schon nach vorne geschaut. Ferrari will die Niederlage auf der Zielgeraden der Formel-1-Saison schnell abhaken und 2011 zurückschlagen. Fernando Alonso hatte seine WM-Führung nach Platz sieben in Abu Dhabi auf den letzten Drücker noch an Rennsieger Sebastian Vettel verloren. Der Heppenheimer sicherte sich somit die Krone in der Königsklasse.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali (Teamchef), Fernando Alonso

Stefano Domenicali und Fernando Alonso wollen es 2011 wieder versuchen

"Was gestern Nachmittag passiert ist, war sicherlich eine negative Episode", fasst Teamchef Stefano Domenicali am Montag zusammen, "aber das kann nicht all die guten Dinge der Saison in den Schatten rücken. Dass wir den Titelkampf überhaupt bis zum Ende offen halten konnten, liegt an der tollen Arbeit am 2010er-Auto, die bereits Ende vergangenen Jahres begonnen hatte."

Der mannschaftlichen Geschlossenheit von Ferrari sei es zu verdanken, dass man nach düsteren Phasen 2010 wieder habe zurückschlagen können. "Es ist dann in etwa so wie bei einem Fußball-WM-Finale, das im Elfmeterschießen entschieden wird. Wenn du alle fünf Schüsse verwandelst, dann bist du der Held. Wenn du einen verschießt, dann bist du der Depp. Sport ist eine Sache von Gewinnen und Verlieren. Das müssen wir akzeptieren."

"Wir haben die WM nicht in Abu Dhabi verloren - zumindest nicht nur dort." Stefano Domenicali

"Echte Sportsleute wissen sich in solchen Momenten zu sammeln, um dann mit voller Entschlossenheit erneut anzugreifen", macht Domenicali den Tifosi neuen Mut für 2011. "Man darf nicht vergessen, dass wir gegen ein Auto gekämpft haben, das besser war als unseres - daran gibt es keinen Zweifel. Wir haben Red Bull am Sonntag ein Geschenk gemacht. Wir haben die WM nicht in Abu Dhabi verloren - zumindest nicht nur dort."

Auch Ferrari habe manchmal einige Chancen verpasst. So habe man beispielsweise in Valencia und Silverstone Zähler liegen lassen. "Es ist immer leicht, im abschließenden Moment mit dem Finger auf denjenigen zu zeigen, der den Elfer verschossen hat. Dabei hat vielleicht jemand schon im allerersten Spiel ein katastrophales Gegentor zugelassen. Es gibt immer die gleichen Punkte - egal, ob Saisonanfang oder -ende."

Ferrari habe in den vergangenen Monaten unbändige Arbeit abgeliefert. "Wir sollten stolz auf das sein, was wir erreicht haben", meint der Teamchef. "Natürlich sind wir aber in erster Linie enttäuscht, weil wir nicht gewonnen haben. In einigen Bereichen können wir uns verbessern. Ich denke, dass wir vor allem bei der Performance des Autos zulegen müssen. Unsere Techniker wissen das. Ich erwarte eine klare Reaktion von denen."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Abu Dhabi


Im Bereich Standfestigkeit habe man die Motorenprobleme vom Saisonbeginn schnell in den Griff bekommen. "Am Ende waren wir diesbezüglich auf dem Niveau der Konkurrenz", sagt Domenicali. "Alle wissen, dass es enorm schwierig ist, sich auf Dauer an der Spitze zu halten. Fragt mal die dominierende Mannschaft vom Vorjahr, die in diesem Jahr trotz großem Aufwand eines der weltgrößten Autobauers nichts erreicht hat", stichelt der Italiener gegen Mercedes.

"Wir sind seit fast eineinhalb Jahrzehnten vorne dabei", sagt der Ferrari-Teamboss. "In 14 Jahren haben wir ebenso viele Titel gesammelt." Aus 242 Grands Prix habe man zuletzt 107 Siege geholt. "Gleichzeitig haben wir am Teammanagement nur geringe Anpassungen vorgenommen. Die zentralen Leute sind schon lange bei Ferrari und haben viele Titel geholt."

¿pbvin|512|3288||0|1pb¿Die Konstanz in den verantwortlichen Positionen habe keine Starre zur Folge. "Im Gegenteil", so Domenicali, "denn wir haben uns punktuell verstärkt. Man denke nur an Pat Fry, der als stellvertretender Technikchef in viele Projekte bezüglich des neuen Autos involviert ist." Dem ehemaligen McLaren-Techniker hatte man einen erheblichen Anteil am Ferrari-Aufschwung in der zweiten Saisonhälfte zugeschrieben.

"Ich möchte Fernando noch einmal für all das danken, was er im ersten Jahr für uns geleistet hat", sagt Domenicali in Richtung Ferrari-Nummer-eins-Pilot. "Ich kann mir vorstellen, dass die vergangenen Stunden sehr schwierig für ihn waren. Es tut mir leid, dass wir als Team einen Fehler gemacht haben. Er vertraut uns. Leider haben wir das große Ziel gemeinsam nicht erreicht. Aber wir werden es im kommenden Jahr mit allen Mitteln versuchen. Ferrari hat nur eins im Sinn: den Sieg."