Domenicali: "Das war eine Katastrophe!"
Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali ärgert sich im Interview über die verlorenen Punkte und über Lewis Hamilton, gibt den Titelkampf aber nicht auf
(Motorsport-Total.com) - Obwohl Ferrari von der Pace her in Monaco und Kanada viel besser aufgestellt war als im Vorjahr, nahmen Felipe Massa und Kimi Räikkönen nur zehn Punkte aus den beiden Rennen mit, also sogar um einen weniger als 2007. Mit diesem Resultat zeigte sich Teamchef Stefano Domenicali in seiner Analyse für die Medien in der Ferrari-Hospitality natürlich nicht zufrieden.

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Stefano Domenicali ist enttäuscht über das Abschneiden in Monaco und Kanada
Frage: "Stefano, heute hätte jedes eurer Autos gewinnen können, wenn es ein bisschen anders gelaufen wäre. Eure Pace war stärker als im Qualifying. Lag es gestern nur an Fahrfehlern oder gab es einen anderen Grund?"
Stefano Domenicali: "Wir sind heute sehr, sehr enttäuscht, denn das Rennresultat spiegelt überhaupt nicht das Potenzial unseres Pakets wieder, das Kimi und Felipe gezeigt haben."#w1#
Ärger über Hamilton
"Bei Kimi hat ja jeder gesehen, was passiert ist. Dazu muss ich nichts sagen. Bei dieser Geschwindigkeit - 80 km/h - muss es eine schwarze Flagge geben, wenn so etwas nicht respektiert wird. Es war eine vermeidbare Kollision. Ich bin schon gespannt darauf, wie die FIA reagieren wird. Leider sind die Ampeln in Kanada nicht unsere Freunde, wie es scheint. Vergangenes Jahr hatten wir ein Problem, dieses Jahr hatten wir ein etwas anderes Problem."
"Schade auch für Felipe, denn er ist ein großartiges Rennen gefahren, aber wir hatten ein Problem mit der Tankanlage. Es ging kein Benzin rein, also mussten wir ihn nach dem ersten Stopp gleich noch einmal an die Box holen. Das hat sein Rennen kaputt gemacht."
"Natürlich sind wir jetzt enttäuscht, denn wir haben uns sehr gut auf die vergangenen beiden Rennen vorbereitet, aber wir haben weniger Punkte geholt als im Vorjahr. Das war in Sachen Performance eine Katastrophe, daher sind wir sehr, sehr enttäuscht, aber andererseits muss ich sagen, dass das Team unter schwierigen Umständen sehr gut reagiert hat. Wir wissen, dass unsere Gegner ohne Zweifel sehr stark sind, aber die Weltmeisterschaft ist noch lang. Wir werden sehen. Und wir werden bis zum Ende kämpfen."
Frage: "Waren die Schwierigkeiten gestern die gleichen, die ihr im Vorjahr auf diesem Streckentyp hattet?"
Domenicali: "Nein, gestern war es nach der Analyse mit den Ingenieuren ziemlich klar, dass es ein Problem am Ausgang von Kurve zehn war, denn wir fuhren eine Linie auf dem schmutzigen Teil der Strecke und hatten dadurch Wheelspin. Das hat viel Zeit gekostet und durch die lange Gerade danach verschärfte sich das noch mehr. Es war angesichts des Rückstandes klar, dass da irgendetwas nicht stimmen konnte. Das wussten wir gleich nach dem Qualifying."
Frage: "Ihr seid gestern ohne die Radkappen gefahren. Waren die Bremstemperaturen höher als erwartet?"
Domenicali: "Ja, das war wegen der Bremstemperatur. So viele Autos hatten Probleme mit den Bremsen. Die Belüftung ist da ein entscheidender Punkt, daher haben wir die Abdeckungen weggenommen. Einige andere Teams haben das auch gemacht."
Freude über Einschreiten der FIA
Frage: "Die Rennleitung hat gerade entschieden, dass Lewis Hamilton und Nico Rosberg beim nächsten Rennen um zehn Positionen weiter hinten starten müssen. Was sagst du dazu?"
Domenicali: "Ich halte das für eine gerechte Entscheidung. Ich habe mit einer Strafe gerechnet. Man kann ihm ja keine Punkte wegnehmen, weil er nicht ins Ziel gekommen ist, also konnte man realistischerweise genau das erwarten. Das wird im nächsten Rennen dann Teil der Show sein."
Frage: "Ein versöhnliches Ende nach einem enttäuschenden Wochenende?"
Domenicali: "Das würde ich nicht sagen, denn es ist natürlich sehr enttäuschend, das Rennen mit Kimi nicht beendet zu haben. Er wäre nämlich sehr, sehr stark gewesen. Leider ist es so gekommen und man kann es nicht mehr ändern. Wichtig ist, dass wir zumindest einen Vorteil für das nächste Rennen haben. Diese Gelegenheit dürfen wir uns nicht durch die Lappen gehen lassen."
Frage: "Muss für nächstes Jahr etwas unternommen werden, damit diese Probleme mit dem Aufbrechen des Asphalts nicht wieder auftauchen?"
Domenicali: "Ich denke ehrlich gesagt, dass es großartig ist, hier in Kanada zu sein, denn man spürt die Leute richtig und die Atmosphäre ist fantastisch. Aber unter solchen Bedingungen können wir nicht fahren - das ist einfach nicht gut. Leider war es nicht das erste Mal, dass wir dieses Problem hatten, und ich finde, dass sie da etwas unternehmen müssen."
Frage: "Glaubst du, dass die Weltmeisterschaft mit dem neuen Führenden Robert Kubica noch komplizierter wird, als sie ohnehin schon war?"
Domenicali: "Ich habe am Saisonbeginn immer gesagt, dass ich erstens McLaren und zweitens BMW als unsere Hauptgegner betrachte. Heute war ein sehr gutes Rennen für sie, denn sie haben keine Fehler gemacht. Wegen der Umstände war es ein einfacher Sieg. Sie sind da, sie sind stark. Wir müssen sie finden."
Großer Respekt vor BMW
Frage: "Glaubst du, dass sie über die Konstanz zum Titelanwärter werden können, auch wenn sie vom Speed her nicht ganz auf Augenhöhe mit Ferrari und McLaren-Mercedes sind?"
Domenicali: "Pragmatisch gesehen müssen wir auf die Punkte schauen - und da sind sie dabei, drei Punkte hinter uns. Kubica führt bei den Fahrern, also müssen wir sie respektieren. Das werden wir auch tun. Kubica ist ein großartiges Rennen gefahren, was mich freut - fantastisch! Aber wir werden sehen, wie es in Frankreich weitergeht."

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Kimi Räikkönens Siegchancen verendeten am Ausgang der Boxengasse Zoom
Frage: "Muss für nächstes Jahr etwas unternommen werden, damit diese Probleme mit dem Aufbrechen des Asphalts nicht wieder auftauchen?"
Domenicali: "Ich denke ehrlich gesagt, dass es großartig ist, hier in Kanada zu sein, denn man spürt die Leute richtig und die Atmosphäre ist fantastisch. Aber unter solchen Bedingungen können wir nicht fahren - das ist einfach nicht gut. Leider war es nicht das erste Mal, dass wir dieses Problem hatten, und ich finde, dass sie da etwas unternehmen müssen."
Frage: "Es kommen jetzt einige Strecken, die euch liegen müssten. Wie siehst du das?"
Domenicali: "Die nahe Zukunft ist für uns ganz klar: Wir müssen wieder unseren gewohnten Standard erreichen, was das Punktesammeln angeht. Wir müssen arbeiten, demütig bleiben, denn wir wissen, dass die anderen pushen. BMW hat heute viele Punkte geholt, McLaren nicht, aber die sind auch stark und werden wieder kommen. Wir müssen weiter arbeiten, dürfen keine Fehler machen, müssen zuverlässig sein. Heute haben wir für das Problem mit der Tankanlage teuer bezahlt. Mit dieser Einstellung müssen wir die nächsten paar Grands Prix angehen, nicht nur den in Frankreich."
Frage: "Freust du dich schon auf die kommenden Strecken?"
Domenicali: "Absolut. Es ist sehr enttäuschend, dass wir in den vergangenen beiden Rennen nicht mehr Punkte geholt haben, wenn man bedenkt, wie gut wir vorbereitet waren. Aber wir freuen uns darauf, die richtige Antwort zu geben. Ich kann versichern, dass der Teamgeist passt."
Neue Teile für Magny-Cours
Frage: "Habt ihr irgendwelche Upgrades für Magny-Cours?"
Domenicali: "Ja. Wie immer haben wir etwas in petto, was uns ein bisschen voranbringen soll, auch für Frankreich, daher arbeiten wir am Paket und am Auto. Das versuchen wir permanent."
Frage: "Stimmt dich eure Performance hier zuversichtlich für die nächste Low-Downforce-Strecke in Monza?"
Domenicali: "Ich denke schon. Heute haben wir ganz klar gesehen, dass das Auto sehr stark war. Auf Monza werden wir uns mit einem anderen Auto vorbereiten - und dann hoffentlich ein anderes Resultat einfahren!"
Frage: "Ein anderes Thema: Wie stehst du zu den Diskussionen um das neue Concorde-Agreement? Findest du, dass die FIA auch Teil davon sein sollte?"
Domenicali: "Ich kann eines definitiv sagen, nämlich dass wir die FIA als Schiedsrichter brauchen. Das ist die Geschichte der Formel 1. Wir müssen gelassen bleiben und daran arbeiten, das ist alles. Im Moment habe ich das Gefühl, dass es das ist, was getan werden muss."
Frage: "Findest du, dass das Gerede um eine Piratenserie der Formel 1 schadet?"
Domenicali: "Ehrlich gesagt glaube ich das eher nicht, wenn man wirklich etwas tun will. Wichtig ist für mich, dass alle zusammenarbeiten, denn wir haben potenziell einen tollen Sport im Angebot und ein Business, das wir gemeinsam maximal ausschöpfen müssen."

