• 15.03.2012 08:29

  • von Roman Wittemeier

Diskussion um Kundenautos: Marussia ist dagegen

Bernie Ecclestone schlägt Top-Jahreswagen für kleine Teams vor - Marussia reagiert ablehnend: Die Idee ist nicht richtig durchdacht

(Motorsport-Total.com) - Das sich der Abstand zwischen den Topteams und den kleinen Teams wie Marussia und HRT in den vergangenen Jahren nicht verringert hat, möchte Formel-1-Boss Bernie Ecclestone den Nachzüglern auf die Sprünge helfen. Der Brite unterbreitete in der vergangenen Woche den Vorschlag, dass neue Teams in den ersten drei Saisons auf Jahreswagen der Topteams zugreifen dürften. Diese Idee kommt bei HRT-Teamchef Luis Perez-Sala gut an, bei den Verantwortlichen von Marussia hingegen nicht.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Marussia will auch in Zukunft lieber eigene Formel-1-Autos bauen

"Eine sinnvolle Kostenkontrolle ist ein besserer Weg zu einem dichteren Starterfeld als die Idee eines Jahreswagens", sagt Marussia-Teamchef John Booth gegenüber 'Autosport'. Die Ecclestone-Idee, die von Teams wie Red Bull und Ferrari offenbar unterstützt wird, klinge zunächst verlockend, aber sie sei nicht gut durchdacht. Eine neue Kundenauto-Lösung könne das Gesamtkonzept der Formel 1 auf den Kopf stellen, meint Booth.

"Wenn wir uns einen Red Bull aus dem Vorjahr gekauft hätten, dann wären wir damit jetzt schneller als mindestens acht oder zehn andere Autos im Starterfeld. Toro Rosso oder Force India, die mit ihren Autos einen richtig guten Job gemacht haben, würden sich plötzlich in der Hackordnung weiter hinten befinden", erklärt Booth die Ungerechtigkeit, die durch das Ecclestone-Konzept entstehen könnte. "Wenn man nicht 24 Red Bulls ins Rennen schicken will, dann wird es nicht funktionieren."

"Die Logik hinter dem Kundenauto-Gedanken stimmt einfach nicht", stimmt Marussia-Geschäftsführer Graeme Lowdon zu. Wenn man alle Ecclestone-Argumente in Betracht ziehe, dann würde dies zwangsläufig dazu führen müssen, dass das gesamte Feld mit Marussia-Autos fahren werde. "Denn wir können die Autos am günstigsten produzieren", erklärt Lowdon. "Auch dann hätten wir ein enges Feld, tolle Kämpfe und schnelle Autos. Aber das wäre nicht gut durchdacht."

Wie schafft man eine Kostenkontrolle?

"Wir würden eher das Gegenteil befürworten. Man sollte den Technikern mehr Freiheiten einräumen, damit jemand mit einer cleveren Idee nach vorne kommen kann. Ich finde, dass wirklich jeder sein eigenes Auto bauen sollte", sagt Lowdon. Fest stehe jedoch, dass man in den Verhandlungen um das neue Concorde-Agreement, das 2013 in Kraft treten soll, die Kosten für den Betrieb eines Formel-1-Teams noch genauer in Grenzen halten solle.

Im zähen Ringen um den neuen Schlüssel für die Verteilung von FOM-Erlösen an die Teams bringen sich derzeit alle Seiten in Stellung. Die Rennställe wollen ein deutlich größeres Stück vom Vermarktungskuchen, Bernie Ecclestone ermahnt die Teams hingegen zu mehr Sparsamkeit. Dies führte zuletzt dazu, dass der Brite das Thema Budgetobergrenze wieder auf die Tagesordnung brachte. Unter anderem Marussia hatte sich zur Saison 2010 unter der Voraussetzung eines solchen Ausgaben-Obergrenze eingeschrieben.


Fotos: Marussia, Großer Preis von Australien


"Man muss da etwas zwischen den Zeilen lesen", kommentiert Lowdon die jüngsten Ecclestone-Aussagen. "Bernie möchte nur klarmachen, dass wenn er den Teams mehr Geld gibt, sie diese zusätzlichen Mittel ohnehin verpulvern. Dann klopfen sie wieder bei ihm an und wollen noch mehr. Das ist seine Sorge", meint der Marussia-Geschäftsführer. Eine Kostenkontrolle will man allerdings nicht über Budgetobergrenze ("Budget Cap"), sondern über eine Präzisierung des Ressource-Restriction-Agreements (RRA) erreichen.

Das Sparkonzept, das unter dem Dach der Teamvereinigung FOTA entstanden ist, greift aus Sicht von Lowdon noch nicht richtig. "Das Problem ist, dass uns die Überprüfungsmöglichkeiten fehlen", erklärt er. "Selbst wenn man alles kontrollieren könnte, dann ginge es noch nicht weit genug. Es geht um das Wohle unseres Sports. Die Teams müssen das große Ganze sehen. Wenn immer nur ein oder zwei große Teams siegfähig sind, dann ist das nicht attraktiv. Das schauen sich dann nur wenige Leute auf Dauer an."