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Diffusor: McLaren und Mercedes in Not, Ferrari cleverer

Wie der angeblasene Diffusor McLaren und Mercedes im WM-Rennen aus der Bahn geworfen hat und warum Ferrari klüger ist

(Motorsport-Total.com) - Es ist eine altbekannte Regel in der Formel 1: Abkupfern bringt nichts, solange man das System dahinter nicht versteht. Und: Nicht jede Innovation passt auf jedes Auto - das Gesamtkonzept muss stimmig sein. Dennoch wird in der Saison 2010 kopiert ohne Ende. Der Grund: Man kann es sich gar nicht leisten, auf Entwicklungen wie das F-Schacht-System von McLaren oder den angeblasenen Diffusor zu verzichten. Zu groß ist der Zeitgewinn, wie Sebastian Vettel gegenüber 'Auto Motor und Sport' verrät: "Mit dem F-Schacht gewinnt man auf gewissen Strecken bis zu einer halben Sekunde. Sagt mir ein Technikdetail, das so viel Zeit bringt."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

McLaren und Mercedes haben ihren angeblasenen Diffusor nicht im Griff

Die meisten Teams mussten beim Nachbau der McLaren- Entwicklung Kompromisse eingehen, während der Bolide aus Woking um das clevere System herum gebaut wurde. Inzwischen haben die Teams die ersten Kinderkrankheiten aber im Griff. Kopfzerbrechen bereitet den Technikern nun der angeblasene Diffusor: Die Red-Bull-Entwicklung scheint weitaus bockiger und diffiziler zu sein, als der F-Schacht. Bei diesem System werden Auspuffgase auf das Diffusordach geleitet - das soll Turbulenzen zwischen der Heckverkleidung und den Hinterrädern abbauen. Außerdem werden Gase in den Diffusor geleitet, um zusätzlichen Abtrieb zu erzeugen.#w1#

Bei Red Bull funktioniert das System optimal und kam beim letzten Test vor dem Saisonbeginn aufs Auto, Mercedes und McLaren rüsteten in Valencia und Silverstone nach. Und haben damit ihre liebe Not. Mercedes konzentrierte sich zunächst nur auf die Variante, bei der das Diffusordach angeblasen wird - erst in Hockenheim wechselte man auf das Komplett-Set. Die Katastrophe war perfekt: Da man das hitzeresistente Material Pyrosic nicht in Verwendung hatte, ließen die 600 Grad heißen Auspuffgase den Unterboden schmelzen. Die Zeit bis zum Ungarn-Grand-Prix war zu kurz, um die Probleme in den Griff zu kriegen, also rüstete man zurück - die Saison kann Mercedes abhaken.

McLaren führte hingegen in Silverstone gleich das Komplett-Set ein - und scheiterte ebenfalls. Nicht nur die Hitzeschäden machten dem Team von Lewis Hamilton und Jenson Button zu schaffen, vor allem die Fahrzeugbalance geriet durch die in den Diffusor geleiteten Auspuffgase völlig durcheinander. Man musste das System von Freitag auf Samstag über Nacht ausbauen, in Deutschland und Ungarn kam es dann doch zu Rennehren, lief aber nicht optimal. Seitdem hat McLaren den Anschluss an die Spitze etwas verloren, die Ratlosigkeit in Sachen angeblasener Diffusor könnte WM-entscheidend sein. Teamchef Martin Whitmarsh hofft: "Wir werden erst in Spa über den Berg sein."

Mit Maß und Ziel ging es hingegen Ferrari an. Dort verzichtete man bislang auf das Komplett-Set inklusive Auspuffgase im Diffusor, ausschließlich das Diffusordach wird seit Valencia angeblasen. Eine kluge Strategie, wie Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug gegenüber 'Auto Motor und Sport' mutmaßt: "Vielleicht war das keine schlechte Entscheidung von Ferrari, nichts zu überstürzen."