Die Träume des Paul Stoddart und Justin Wilson
Formel-1-Neuling Justin Wilson und Minardi-Teamchef Paul Stoddart träumen von einer erfolgreichen Formel-1-Saison 2003
(Motorsport-Total.com) - Endlich hat es Justin Wilson in die Formel 1 geschafft: "Ich muss die Bekanntgabe erst noch fassen", meinte der 24-jährige Brite auf der Pressekonferenz am Dienstag in London. Schließlich hat der Formel-3000-Champion von 2001 bereits mehrere Chancen auf ein Cockpit in der Formel 1 wegen seiner Größe von 192 Zentimetern aufgeben müssen: "Mehrfach in meiner Karriere sagte man zu mir, dass ich die Formel 1 vergessen soll. Die Leute meinten zu mir, dass ich mich lieber auf eine Karriere in Amerika oder in der Sportwagenszene konzentrieren sollte, aber ich bin ein hartnäckiger Mensch und mein Ziel war es schon immer gewesen, in die Formel 1 zu kommen."

© Minardi
Wilson und Stoddart haben für 2003 große Ziele
Erst vergangene Saison tauchte für Wilson erneut die Möglichkeit auf, sein Formel-1-Debüt zu geben, als Minardi-Teamchef Paul Stoddart zum Telefonhörer griff, um kurzfristig einen Ersatzfahrer für Alex Yoong zu finden. Doch die Sitzprobe im PS02 fiel negativ aus ? Wilson war zu groß: "Das war mein Tiefpunkt, ich kehrte in mein Hotelzimmer in Italien zurück und fühlte mich, als sei gerade die Welt untergegangen", erinnert sich Wilson. "Das Gute daran war jedoch, dass Paul Stoddart auf die Situation reagierte und meinen Fähigkeiten vertraute."
So gab der Australier seinem technischen Team den Auftrag, für die Saison 2003 ein Auto zu bauen, in das auch "Rennfahrerriesen" Platz finden: "Er muss ziemlich niedergeschlagen gewesen sein, dass er so dicht dran war, es aber doch nicht schaffte", erinnert sich Paul Stoddart in einem 'BBC'-Interview. "Ich sagte ihm, dass er nicht aufgeben soll, dass wir ihm ein Chassis backen werden, in das er 2003 passen wird. Und ich bin sehr stolz, dass dies nun alles so funktioniert hat. Wir haben ihn tiefer in das Auto gesetzt, wir mussten die Pedale so weit wie möglich nach vorne bringen."
Wilson vom Presserummel überwältigt
"Es ist ein unglaubliches Gefühl zu wissen, dass ich nun bald ein Formel-1-Fahrer sein werde", ist Wilson schon ein wenig aufgeregt. "Ich bin über den Presserummel schlichtweg überwältigt. Ich muss mich aber erst noch daran gewöhnen, dass nun nicht eine sondern gleich mehrere Kameras auf mich gerichtet sein werden", so Wilson, der 2002 an der Stelle von Takuma Sato für das Jordan-Honda-Team an den Start gehen sollte. Doch auch in den EJ12 passte der Rennfahrer nicht hinein.
Stoddart schwärmt vom neuen Auto
Zuversichtlich gibt sich Paul Stoddart, dass es in der kommenden Saison mit seinem Team nach vorne gehen wird, vor allem auf Grund des Cosworth-Motors: "Der neue Motor ist exakt 19 Kilogramm leichter als der letztjährige Motor, hat 70 PS mehr und dreht 2.000 Umdrehungen in der Minute höher. Das zusammen mit unserem neuen Aerodynamik-Paket und den Fahrern, von denen wir erst ja die Hälfte kennen, ist alles möglich. Mein Traum ist es, eines unserer Autos ab und zu ziemlich weit vorne qualifizieren zu sehen und Punkte einzufahren."
Podiumsplatz als großer Wunsch
"Mein Ziel ist der siebte Platz in der Konstrukteursweltmeisterschaft auch wenn wir dazu ein wenig Glück brauchen. Man darf nicht vergessen, dass der Motor, den wir erhalten, in Monza auf dem Podium stand und das ist ja erst ein par Rennen her. Wenn wir die 19-jährige Durststrecke von Minardi durchbrechen könnten, in der Minardi nie auf dem Podium stand, dann habe ich so meine Zweifel, ob wir überhaupt zum folgenden Rennen erscheinen werden, da wir sicherlich noch am Feiern wären. Klar ist: Dies ist das technisch beste Paket, das Minardi je hatte."
Ursprünglich hat es das Gerücht gegeben, wonach Minardi mit dem Vorjahresauto in die neue Saison starten wird, wie dies Ferrari und McLaren tun werden, doch das ist schon alleine deshalb nicht möglich, da Wilson in das Vorjahresmodell nicht hineinpasst: "Traditionell war Minardi zum Beginn des Jahres immer stärker, da die anderen Teams mit der Zuverlässigkeit kämpfen", hofft Wilson, dass er vielleicht wie Mark Webber im vergangenen Jahr gleich im ersten Rennen WM-Punkte einfährt.
Neues Auto wird spät fertig
Der neue Minardi soll allerdings erst relativ spät fertig werden, Ende Januar oder gar erst Anfang Februar das erste Mal getestet werden, vielleicht geht in diesem Jahr der Schuss auch nach hinten los: "Aus diesem Grund kann man nicht garantieren, dass wir in Melbourne in Punktereichweite sind", so Wilson. Wichtig wird es auch für das Team sein, dass man das Auto im Verlauf der Saison weiterentwickeln kann um nicht den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren: "Paul arbeitet hart daran, um das notwendige Budget hierfür zusammenzutragen."
Wilson sieht sich nicht als "Bezahlfahrer"
Budget ist ein gutes Stichwort, denn so talentiert Justin Wilson auch sein mag, hätte er über Sponsoren nicht rund 5 Millionen Euro mit in das Team gebracht, hätte er den Zuschlag nicht erhalten. Dennoch wehrt sich der Brite gegen die Bezeichnung "Bezahlfahrer": "Meine Karriere spricht für sich selbst und anders zu denken wäre ziemlich naiv, glaube ich. Es ist immer schwierig Geld zusammenzutragen, aber wir konnten etwas in die Wege leiten und das hat uns geholfen." Sogar von Fahrerkollegen wurde Wilson zu seinem Minardi-Vertrag gratuliert, das glaubt Wilson, sage ebenfalls viel aus.
Stoddart hält Wilson für einen kommenden Champion
Sein Arbeitgeber Paul Stoddart streut seinem neuen Fahrer schon jetzt Rosen: "Jeder, der den Formel-3000-Titel gewonnen hat, ist definitiv ein potenzieller Champion. Ich glaube fest daran, dass er beweisen wird, dass er der Neuling des Jahres 2003 ist und aus diesem Grund haben wir ihm einen Dreijahresvertrag gegeben. Dies zeigt das Vertrauen, das wir in diesen Kerl hegen. Ich denke, dass mit dem vernünftigen Budget, das wir zusammengetragen haben, wir sehr, sehr gut arbeiten können und wir ein viel besseres Auto mit einem kommenden Weltmeister haben werden."
Vor den "großen Jungs" in der Formel 1 hat Justin Wilson keine Angst: "Mich schüchtert es nicht ein, mit Schumacher oder Montoya in der gleichen Startaufstellung zu stehen, denn ich denke, dass ich meinen Platz in der Formel 1 wirklich verdient habe. Ich wollte mich schon letztes Jahr der Herausforderung stellen, nachdem ich den Formel-3000-Titel gewann, aber es sollte nicht sollen sein. Aber jetzt ist meine Zeit gekommen."
Wilson will hart trainieren
Auch die Arbeit abseits der Rennstrecke nimmt der junge Brite sehr ernst: "Ich werde mich nun auf meine Fitness konzentrieren und sicher stellen, dass ich den notwendigen Level für die Formel 1 habe. Ich bin nicht allzu weit davon entfernt, aber ich möchte mit meinem persönlichen Trainer hart arbeiten und dann zu den fittesten Fahrern im Feld gehören. Ich weiß, dass ich eine Menge Arbeit vor mir habe, aber ich möchte meine Chance nutzen."
Und mit welchen Zielen startet der Formel-1-Neuling in seine erste Saison? "Mein Ziel ist es, regelmäßig Punkte zu holen. Mark Webber war letzte Saison wirklich gut unterwegs und ich hoffe, dass mit unserem verbesserten Paket und der neuen Punkteverteilung wir öfters in die Punkte kommen. Mein Traum sind Podiumsplatzierungen, aber wir müssen realistisch sein. Wir werden hart arbeiten, aber was die Prognosen angehen, stehe ich mit beiden Beinen auf dem Boden."

