• 26.03.2010 13:33

  • von Stefan Ziegler

Die Teamchefs zur Show: Nichts übers Knie brechen

Nach dem ersten Saisonrennen plädieren die Teamchefs der Formel 1 dafür, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen: "Müssen vorsichtig sein"

(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Bahrain war nicht gerade ein Feuerwerk an Spannung und aufregenden Szenen, weshalb die Formel 1 in den vergangenen Tagen einiges an Kritik für ihr neues Regelwerk einstecken musste. Die Verantwortlichen haben erkannt, dass sie ihr Showprogramm überdenken müssen, wollen aber keine vorschnellen Entschlüsse fassen, sondern zunächst die weiteren Entwicklungen abwarten.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Nach Bahrain: Die Formel 1 sieht Rot, die Teamchefs wollen aber noch abwarten

"Ich denke, die meisten von uns würden sagen, dass wir vom Spektakel des Rennens in Bahrain enttäuscht waren. Wir müssen aber vorsichtig sein und dürfen uns nicht auf der Basis eines Rennens auf vorschnelle Schlussfolgerungen einlassen", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh am Rande des ersten Trainingstages im australischen Melbourne, wo das zweite Saisonrennen steigt.#w1#

"Wenn man sich eine komplette Saison ansieht, dann wird es immer Rennen geben, die recht unterhaltsam sind, und Rennen, deren Verlauf deutlich weniger Spannung beinhaltet", meint der Brite und fügt im Hinblick auf die Arbeit der Teamvereinigung (FOTA) hinzu: "Es gab diesbezüglich eine sehr offene Diskussion unter den Teams. Wir müssen dieses Thema genau im Auge behalten."

"Wir müssen dieses Thema genau im Auge behalten." Martin Whitmarsh

"Wir haben uns darauf verständigt, in Malaysia ein weiteres Treffen abzuhalten. Dann werden wir zwei Rennen absolviert haben und wir können offen über unsere Optionen sprechen und darüber, ob wir etwas unternehmen müssen - und falls ja, was wir tun sollten", so Whitmarsh. Mercedes-Teamchef Ross Brawn plädiert jedenfalls dafür, das Grundwesen der Formel 1 nicht einfach so zu übergehen.


Fotos: Großer Preis von Australien, Freitag


"Man muss sich die fundamentale Frage stellen: Wollen wir künstlich etwas bewerkstelligen oder wollen wir versuchen, die Autos oder die Rennstrecken auf eine andere Weise zu entwickeln? Es gibt viele künstliche Möglichkeiten, um die Dinge zu verändern", erläutert der langjährige Technische Direktor von Ferrari. "Das Einfachste wäre, die schnellsten Autos ans Ende des Feldes zu setzen."

Wie viel bedeutet das Erbe der Formel 1?

"Das ist in meinen Augen allerdings nicht die Formel 1", meint Brawn und fügt an: "Aber solche Maßnahmen könnte man treffen. Wir müssen halt zunächst einmal die kommenden Rennen abwarten und dann darüber befinden, ob es da etwas gibt, was wir tun können, womit wir auch das Erbe der Formel 1 berücksichtigen", hält Brawn fest. Whitmarsh stimmt seinem Formel-1-Rivalen zu.

"Die Formel 1 ist als 'Königsklasse' des Motorsports groß geworden." Martin Whitmarsh

"In der Formel 1 geht es im Prinzip immer um die fundamentale Unterscheidung zwischen dem Erbe der Serie und dem Spektakel. Die Formel 1 ist als 'Königsklasse' des Motorsports groß geworden und hat sich dementsprechend entwickelt. Sie ist die technologisch fortschrittlichste Serie, hat die besten Fahrer und die besten Teams", stellt McLaren-Oberhaupt Whitmarsh im Albert Park heraus.

"Wenn du ein paar Hooligans auf die Strecke schickst, dann tust du dich wahrscheinlich leichter damit, eine spektakuläre Show auf die Beine zu stellen. Aber das ist nicht die Formel 1", erklärt der britische Teamchef. "Ich denke es wäre falsch, wenn die Teams nicht genau alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten analysieren würden, durch die wir die Show möglicherweise verbessern können."

Horner: Das Gesamtbild ist das Wichtigste

"Meiner Meinung nach sind wir uns alle darin einig, dass wir um des Spektakels Willen nicht von dem entfernen sollten, was die Formel 1 darstellt. Sie ist Rennsport in Reinkultur", findet Whitmarsh. Das sieht auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner nicht anders. "Ich denke, man muss das große Gesamtbild im Auge behalten und das, was die Formel 1 ausmacht. Ich bin da ein Purist", so Horner.

"Man muss die Formel 1 nur einmal mit anderen Sportarten vergleichen." Christian Horner

"Man muss die Formel 1 nur einmal mit anderen Sportarten vergleichen - zum Beispiel mit Tennis in Wimbledon. Das war einmal ein Serve-and-Volley-Spiel und war wohl recht langweilig. Sie haben die Tennisplätze deswegen aber nicht gleich in Hartplätze umfunktioniert und die Leute gehen doch jedes Jahr aufs Neue dorthin, weil sich das Ganze zu etwas entwickelt", meint der frühere Rennfahrer.

"Das ist meiner Meinung nach genau das, was wir auch in dieser Meisterschaft erleben werden. Es wird Ausschläge und Wendungen in die eine oder andere Richtung geben. Wir werden gute Rennen und hektische Rennen sehen - wie schon im vergangenen Jahr. Es wird aber auch eher statische Rennen geben", erläutert Horner. "Wichtig ist jedenfalls, dass wir nicht in Panik verfallen."¿pbvin|512|2566|melbourne|0|1pb¿

Verschiebt sich der Fokus auf die Qualifikation?

"Wir sollten keine Entscheidung übers Knie brechen, womit wir eventuell einen Nachteil für die Formel 1, die Show und die Fans erschaffen würden. Das ist das Wichtigste. Wir müssen einfach einmal abwarten, wie sich die Dinge in den kommenden Rennen gestalten", sagt Horner. In der Zwischenzeit könnte sich der Fokus der Teams vollkommen auf die Qualifikation am Samstag verschieben.

"Überholen ist sehr schwierig. Du brauchst halt einen guten Startplatz." Martin Whitmarsh

Weil im Grand Prix selbst nur wenige Möglichkeiten auf eine Verbesserung der Position gegeben sind, könnte sich die Entscheidung mehr und mehr auf das Zeittraining verlagern. Doch das ist nichts Neues, meint Whitmarsh: "In den vergangenen Jahren ging es in der Formel 1 darum, sich in der Qualifikation in der Spitzengruppe einzuordnen. Überholen ist im Rennen eben sehr schwierig."

Die neuen Regeln hätten diesen Umstand nur noch einmal verstärkt, erklärt der McLaren-Teamchef. "Im Rennen sind alle Beteiligten mit der gleichen Spritmenge unterwegs, also hat sich die Bedeutung der Qualifikation an sich vielleicht noch einmal etwas erhöht", gibt Whitmarsh abschließend zu Protokoll. "Du brauchst halt einen guten Startplatz. Alle Teams wollen möglichst weit vorne stehen."