• 14.02.2011 14:01

  • von Stefan Ziegler

Die Neuerungen unter der Lupe: KERS und Co.

Drei Mercedes-Ingenieure erläutern, was es in diesem Jahr mit KERS, dem verstellbaren Heckflügel und dem Verbot des F-Schacht-Systems auf sich hat

(Motorsport-Total.com) - Wie schon in den vergangenen Jahren, so mussten sich die Teams der Formel 1 auch beim Bau der 2011er-Rennwagen einmal mehr mit neuen Regeln auseinander setzen. So wurde unter anderem das Mindestgewicht der Autos erhöht, um KERS wieder in das Gesamtpaket zu integrieren. Außerdem verfügen die Fahrzeuge nun über einen verstellbaren Heckflügel, anderes wurde indes verboten.

Titel-Bild zur News: KERS-Warnung

Achtung: KERS an Bord - Das System gibt in diesem Jahr sein Formel-1-Comeback

Zu den abgeschafften Elementen zählen der 2010 von McLaren eingeführte F-Schacht sowie die Doppeldiffusoren, welche schon 2009 ihr Formel-1-Debüt gegeben hatten. Aufgrund dieser Veränderungen waren die Ingenieure der Rennställe zum Umdenken gezwungen. Was die neuen Regeln für die Formel 1 und ihre Teams im Einzelnen bedeuten, erklären die Mercedes-Techniker.

KERS als strategisches Hilfsmittel

Für Craig Wilson, Leiter Fahrzeug-Konstruktion und Autodynamik, stellt das Energie-Rückgewinnungs-System KERS in erster Linie "eine große technische Herausforderung" dar: "Es geht nämlich darum, ein kompaktes und zugleich leichtes System zu entwerfen, das die Energiedichte und die Effizienz maximiert und zugleich möglichst wenige Auswirkungen auf das Autodesign hat."

McLaren-Cockpit mit Lenkrad

Das McLaren-Lenkrad 2011: Jetzt müssen die Fahrer noch mehr Knöpfe drücken... Zoom

"Im Schnitt bringt das KER-System auf eine Runde gesehen einen Leistungsvorteil von etwa 0,3 bis 0,4 Sekunden. Zudem stellt ist es auch ein strategisches Element", meint der Brite und erklärt: "KERS kann sowohl beim Start als auch beim Überholen und Verteidigen eingesetzt werden. Die Nutzung des Systems liegt dabei vollkommen im Ermessen des jeweiligen Fahrers und seines Ingenieurs."

"Dies geschieht innerhalb der Rahmenbedingungen, die der Automobil-Weltverband vorgibt", sagt Wilson - für maximal 6,6 Sekunden pro Runde stellt die Einheit bis zu 60 kW zur Verfügung. "KERS ist eine wichtige Technologie dar, die auch für Straßenwagen relevant ist", merkt Wilson an. "Damit kann die Formel 1 dabei helfen, einen Einfluss auf jetzige und künftige Straßenautos auszuüben."¿pbvin|512|1368|kers|0|1pb¿

Der neue Heckflügel soll das Überholen fördern

Der verstellbare Heckflügel soll dagegen in erster Linie die Show auf der Strecke verbessern, was dem Pendant an der Fahrzeugfront im vergangenen Jahr nicht wirklich gelang. Von der Neuerung am Heck der Rennwagen verspricht sich Mercedes-Chefaerodynamiker John Owen allerdings eine Menge: "Der verstellbare Heckflügel verschafft dem Rennsport 2011 eine ganz neue Dimension."

Mark Webber

Mark Webber probierte den verstellbaren RB7-Heckflügel beim Spanien-Test aus Zoom

"Damit haben die Fahrer nämlich die Chance, ihren Topspeed durch die Aktivierung des Systems um bis zu 15 km/h zu erhöhen. Dieser Leistungsvorteil könnte das Überholen auf manchen Strecken zu einfach gestalten. Deswegen hat die FIA das System so konfiguriert, dass es erst eingesetzt werden kann, wenn die Autos eine vorher festgelegte Distanz der jeweiligen Gerade zurückgelegt haben."


Fotos: Testfahrten in Jerez


Auf diese Weise könne man auch kurzfristig eingreifen, um notwendige Anpassungen vorzunehmen, meint Owen. "Sollte das Überholen auf einem Kurs zu einfach vonstatten gehen, müsste man die Aktivierung des Systems schlicht ein bisschen verzögern, um die Fahrer wieder vor eine schwierigere Aufgabe zu stellen", sagt der Aerodynamiker. Die FIA räumt sich die entsprechenden Freiheiten ein.

Diverse Verbote: Die Formel 1 sucht neue Wege

Mit klaren Einschränkungen müssen sich indes die Konstrukteure der Rennwagen beschäftigen: Der F-Schacht wurde pünktlich zur neuen Saison verboten und auch die Doppeldiffusoren wurden über Bord geworfen. Letztere haben laut Mercedes' Technischem Direktor Loic Bigois eine dramatische Entwicklung erfahren. Der Leistungsvorteil soll zuletzt rund eine Sekunde pro Runde betragen haben.

McLaren-Diffusor

Solche Doppeldiffusoren kamen von 2009 bis 2010 in der Formel 1 zum Einsatz Zoom

"Durch das Verbot dieses Designs und der fahreraktivierten Aerodynamik-Systeme muss sich die Aerodynamik-Abteilung sowohl im Windkanal als auch in den Simulationen mächtig ins Zeug legen, um die über den Winter verlorene aerodynamische Leistung wieder zurück zu gewinnen", gibt Bigois zu Protokoll und fügt hinzu: "Dieser Prozess wird sich über die komplette Saison hinziehen."

Auch die Piloten stehen in der Pflicht: Im Rahmen der Wintertests müssen sich die Rennfahrer erst einmal ausführlich mit den Neuerungen im Cockpit auseinander setzen. Nun müssen zwar keine Luftströme mehr blockiert, dafür aber einige Knöpfe mehr bedient werden - das einhändige Fahren ist also nicht mehr an der Tagesordnung. Ob sich dieser Neuerungen bezahlt machen, wird sich zeigen.