• 29.10.2002 11:34

  • von Fabian Hust

Der neue Qualifying-Modus in der Analyse

Völlig umgekrempelt wird der Qualifying-Modus in der kommenden Saison - wird die Formel 1 dadurch spannender?

(Motorsport-Total.com) - Am deutlichsten hat die Formel-1-Kommission die Formel 1 in Bezug auf das Qualifying revolutioniert. Gab es bisher am Samstag ein 60-minütiges Qualifying, in dem alle Piloten 12 Runden zur Verfügung hatten, werden die Fahrer ab der kommenden Saison nur noch eine einzige Runde haben, um sich zu qualifizieren.

Titel-Bild zur News: Eddie Irvine (Jaguar Racing)

Ein kleiner Verbremser wird sich ab 2003 deutlicher bestraft machen

Am Freitag gibt es von 13 bis 14 Uhr eine Vorqualifikation, die aber jedoch nicht entscheidend für die Startaufstellung ist. Sie dient lediglich dazu, die Reihenfolge zu bestimmen, in der die Autos am Samstag in der richtigen Qualifikation auf die Strecke gehen.

Statt des 2. Freien Trainings wird es am Freitag also ein erstes Zeitfahren geben. Den Auftakt macht der jeweils beste Fahrer in der WM-Wertung, gefolgt vom Zweitbesten und so weiter. Beim ersten Rennen wird die Rangfolge des Vorjahres zu Grunde gelegt, die Formel-1-Neulinge dürften sich zum Schluss auf Grund ihrer Startnummer einreihen.

In beiden Qualifying-Sitzungen werden die Fahrer einzeln auf die Strecke gehen. Damit alle 20 Fahrer in den 60 Minuten ihre Runde fahren können, geht der nächste Fahrer auf die Strecke wenn der vorherige Fahrer auf seiner Auslaufrunde ist. Dadurch, dass die Piloten eine freie Bahn haben, wird es die Ausrede "Ich hatte auf meiner Runde Verkehr" nicht mehr geben.

Den Anfang in Melbourne wird also Michael Schumacher machen. Nach dem 1. Freien Training am Morgen geht es dann bereits auf Zeit. Nach der Aufwärmrunde läuft die Stoppuhr mit und die Fahrer müssen abwägen, wie viel Risiko sie eingehen, um eine schnelle Runde zu fahren oder ob sie lieber ein wenig auf Sicherheit fahren, um keinen Fahrfehler zu riskieren.

Der erste Fahrer trifft in der Regel auf eine schlechtere Strecke, da diese mit der Zeit Gummiabrieb auffasst und dadurch griffiger wird. Dies war der Grund, warum in der Vergangenheit in den ersten 20 Minuten des Qualifyings in der Regel auf der Strecke gähnende Leere herrschte.

Da nun jeder Fahrer einzeln fährt, wird auf der Strecke immer Fahrverkehr herrschen und auch die kleineren Teams können sicher sein, dass die Namen ihrer Sponsoren im Fernsehen zu sehen sein werden. Allerdings nimmt der Fahrbetrieb in der Summe ab, da die Fahrer statt 12 Runden nur noch drei Mal um den Kurs fahren werden.

Erst am Samstag zählt es in der Stunde von 13 bis 14 Uhr, wenn die Fahrer erneut einzeln auf die Strecke gehen und wieder nur eine einzige Runde erhalten, um sich zu qualifizieren. Nun werden jene Fahrer belohnt, die am Freitag am schnellsten waren. Denn am Samstag geht jener Fahrer auf die Strecke, der am langsamsten war, der Schnellste des Freitags hat das Privileg, am Samstag im Qualifying als Letzter auf die Strecke gehen zu dürfen.

Unklar ist, wie verfahren wird, wenn ein Fahrer seinen einzigen Versuch nicht beenden kann, weil er sich einen Fahrfehler leistet oder ein technischer Defekt am Auto auftritt. Es ist zu vermuten, dass man in diesem Fall als Letzter starten muss, sollten mehrer Fahrer dieses Problem haben, die Zeit vom Freitag über den letzten oder vorletzten Startplatz entscheidet.

Die Zeit vom Freitag für die Vergabe der Startaufstellung im Falle von Problemen heranzuziehen wäre unsinnig. Sollte es am Samstag nämlich regnen und am Freitag trocken gewesen sein, so könnten die Fahrer mutwillig auf eine Samstagszeit verzichten, um von der besseren Freitagszeit zu profitieren.

Grundsätzlich wird im Qualifying mit der neuen Regel nicht der beste Fahrer oder das beste Team bestraft, weil die Bedingungen für alle Fahrer die gleichen sind. Vielmehr wird jener Fahrer am Sonntag von ganz vorne starten können, der unter Druck in der Lage ist, eine schnelle und fehlerfreie Runde zu fahren. Dabei wird er auch von einem guten Auto unterstützt, das bereits ohne viele Setup-Arbeiten gute Zeiten ermöglicht.

Klar ist aber auch, dass es dennoch zu größeren Verzerrungen kommen wird als in den Jahren zuvor. Gibt es technische Probleme am Auto, so kann ein Fahrer in Zukunft nicht einfach in das Ersatzauto steigen und einen neuen Versuch unternehmen. Ferner werden die Fahrer gezwungen sein, mit den Wetterbedingungen umzugehen, die sie antreffen. So kann es vorkommen, dass der schnellste Fahrer Michael Schumacher im Regen fährt und der langsamste des Feldes auf eine trockene Fahrbahn trifft und die Startaufstellung damit komplett durcheinander gewirbelt wird. Das schließt gleichzeitig aus, dass die 107-Prozent-Regel in Zukunft nicht mehr Bestand haben wird.

Es wird mit Sicherheit öfters überraschende Startaufstellungen geben, die zu spannenderen Rennen führen werden, in denen es mehr Überholmanöver gibt. Dennoch wird sich am Ende bei stabilem Wetter wieder der bessere Fahrer mit dem besten Team durchsetzen. Allerdings ist zu befürchten, dass das Qualifying in Zukunft langweiliger sein wird, da es wesentlich weniger Positionswechsel geben wird. Richtige spannende Zwei- oder Drei-Kämpfe um die Pole Position wird es nicht mehr geben, da nur jeder Fahrer einen einzigen Versuch haben wird.