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Dennis: "Wir müssen ruhig bleiben"
Ron Dennis im ausführlichen Interview über diverse Verschwörungstheorien, die Zukunft von Fernando Alonso und seine Beziehung zu Ayrton Senna
(Motorsport-Total.com) - McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis war gestern in São Paulo einer der Gäste der offiziellen FIA-Pressekonferenz, im Rahmen derer er Fragen zu allen möglichen Themen beantwortete - davon gibt es ja in Bezug auf die Silberpfeile genug. Anzumerken ist, dass das Gespräch noch vor der Bekanntgabe der 15.000-Dollar-Strafe wegen des Reifenmissgeschicks bei Lewis Hamilton geführt wurde.

© xpb.cc
Ron Dennis stellte sich in der FIA-PK den Fragen der versammelten Journalisten
Frage: "Ron, wie schätzt du im Moment eure Chancen auf den Gewinn der Fahrer-WM ein?"
Ron Dennis: "Es hat sich nichts verändert. Wir sind sehr darauf bedacht, Gleichbehandlung zu demonstrieren, und unsere beiden Fahrer befinden sich in unterschiedlichen Punktepositionen. Einer hat einen Vorteil gegenüber dem anderen und Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) kann die Weltmeisterschaft auch noch gewinnen, also müssen wir ruhig bleiben, einen sorgfältigen und disziplinierten Job unter schwierigen Bedingungen machen. Es ist so einfach: Wir müssen ruhig bleiben."#w1#
Erst am Sonntag wird ans Rennen gedacht
Frage: "Gestern haben Lewis Hamilton und Fernando Alonso gesagt, dass sie den Punktestand genau im Kopf haben und dass das ihre Herangehensweise an das Rennen beeinflussen wird. Gilt das auch für das Team McLaren-Mercedes?"
Dennis: "Daran denken wir im Moment nicht und wir reden auch nicht darüber. Wir nehmen jeden Tag für sich. Heute haben wir versucht, das Beste aus einem schwierigen Training bei trockenen und feuchten Bedingungen zu machen. Morgen werden wir natürlich um die erste Startreihe kämpfen und über die Strategie für das Rennen machen wir uns vor dem letzten Qualifying Gedanken, aber ganz klar sind unsere beiden Fahrer dazu in der Lage, hier zu gewinnen."
"Wir wollen uns selbst und allen anderen beweisen, dass wir gemeinsam mit Kimi im Rampenlicht stehen, weil wir einen kompetenten Job gemacht haben, und dass wir jede Chance auf den Sieg haben. Auf die Details wollen wir momentan nicht eingehen."
Frage: "Wie ist die Atmosphäre im Team? Ihr habt zwei Fahrer, die innerhalb des Teams gegeneinander fahren..."
Dennis: "Es ist ein bisschen angespannt, aber die Atmosphäre ist professionell und ruhig."
Frage: "Morgen werdet ihr einen FIA-Offiziellen in der Garage haben, der alles überwachen soll. Sogar Bernie Ecclestone findet das unnötig. Wie stehst du persönlich dazu?"
Dennis: "Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich Kontakt zum FIA-Repräsentanten in Spanien und seinem Assistenten aufgenommen habe. Wir haben sie hierher eingeladen, denn in Spanien besteht die feste Überzeugung, dass wir unsere Fahrer nicht gleich behandeln, was nicht den Tatsachen entspricht."
"Ich hatte das Gefühl, dass das die Situation entspannen könnte, also haben wir uns am Mittwochmorgen getroffen. Wir hatten eine sehr freundschaftliche Konversation und ich habe ihnen Pedro (de la Rosa; Anm. d. Red.) als Übersetzer angeboten, damit es keine Kommunikationsprobleme geben kann. Es steht ihnen frei, Fragen zu stellen, die wir ehrlich beantworten werden."
"Ich denke, morgen wird zusätzlich ein Inspektor in der Garage sein. Von meiner Seite kann er gerne ein Headset haben und alles tun, was er will. Das macht die Sache nur noch transparenter und es beweist jedem, dass wir genau das tun, was wir gesagt haben. Ich habe also kein Problem damit."
"Die Leute fragen mich, ob ich mich deswegen angegriffen oder verärgert fühle, aber das ist für uns nicht relevant. Wir machen einfach unseren Job und lassen uns anhand der Resultate im Rennen bewerten. Hoffentlich wird es einen guten und fairen Ausgang geben, so dass sich niemand beschweren kann."
Eine zusätzliche Benzinrunde im Qualifying?
Frage: "Habt ihr morgen im Qualifying genug Zeit, dass einer der beiden Fahrer eine zusätzliche Benzinrunde in Q3 absolvieren kann?"
Dennis: "Als wir am Saisonbeginn unsere Analysen gemacht haben, sind wir davon ausgegangen, dass hier eine Benzinrunde angemessen sein könnte, aber das scheint jetzt doch nicht der Fall zu sein. Ich glaube nicht, dass es so eine Strecke ist, aber ich habe die Frage noch nicht gestellt, daher kann ich sie auch nicht beantworten. Wenn es eine Benzinrunde gibt, dann werden wir genau das tun, was in unseren Prozeduren verankert ist, aber ich glaube wie gesagt nicht, dass das der Fall sein wird."
Frage: "Wie konnte es heute zur Verwirrung mit den Reifen bei Lewis Hamilton kommen? War das eine Verwechslung?"
Dennis: "Zu 100 Prozent ein Fehler des Teams. Lewis hat eine Installationsrunde auf einem Satz Regenreifen absolviert und wir haben dann einen weiteren Satz montiert. Das war eindeutig unser Fehler, hatte nichts mit Lewis zu tun. Er ist nur eine In- und Outlap gefahren. Es ist nicht so, dass er dadurch irgendeinen Vorteil hatte, aber es war ein Verstoß gegen die Regeln. Zwei anderen Fahrern ist das Gleiche passiert. Es liegt an der Rennleitung, über eine angemessene Strafe zu entscheiden."
"Wir geben alles. Vielleicht haben wir ein paar Spannungen im Team, aber es war einfach ein dummer Fehler. Hoffentlich kostet er nichts außer ein paar Problemen für das Team. Sollen sie uns doch Konstrukteurspunkte wegnehmen! Ach, das haben sie ja schon..."
Frage: "Kannst du dir angesichts all der Dinge, die bisher passiert sind, ausmalen, was los gewesen wäre, wenn euch dieser Fauxpas mit Fernando Alonso unterlaufen wäre?"
Dennis: "Nun ja, wir können nicht mehr tun als unser Bestes geben. Wir geben alles, aber Menschen machen Fehler. Ich trivialisiere das nicht, aber das zeigt eben, dass wir alle nur Menschen sind. Ich glaube nicht, dass irgendjemand einen Vorteil daraus zieht, aber wir wissen, dass es eine Regel gibt, die wir gebrochen haben, also müssen wir damit leben."
Frage: "Man munkelt, dass es in China während des Rennens eine Benachrichtigung an Lewis Hamilton gegeben haben soll, dass er nicht zu ausgelassen feiern und gewisse Dinge nicht machen darf. Kannst du dazu Stellung nehmen und aufklären, was tatsächlich gesagt wurde?"
Dennis: "Das Wichtigste ist, innerhalb der Regeln zu bleiben. Es gibt Regeln, die die Prozeduren nach dem Rennen festlegen. Sagen wir so: Wir befinden uns in einem Zustand der erhöhten Zusammenarbeit. Es ist klar, dass wir uns ganz streng an die Regeln halten werden."
Frage: "Stimmt es, dass Lewis Hamilton gesagt wurde, er feiert zu euphorisch?"
Dennis: "Ich habe das nie gesagt."
Wie darf Hamilton seinen möglichen Titel feiern?
Frage: "Ich dachte, das sei die Frage gewesen..."
Dennis: "Nein, das war nicht die Frage. Die Frage war, ob die FIA irgendwelche speziellen Instruktionen für das Verhalten der Fahrer nach dem Rennen ausgegeben hat. Richtig? Oder speziell auf Lewis bezogen? Und meine Antwort war, dass uns die FIA angewiesen hat, die Regeln streng einzuhalten, die es nach der Zieldurchfahrt in einem Grand Prix gibt. Da wurden uns einige Beispiele genannt, mit denen die FIA nicht einverstanden wäre."
Frage: "Kannst du uns diese nennen?"
Dennis: "Unangemessenes."
Frage: "Sind all diese Beispiele in den Regeln definiert oder betreffen einige davon auch speziell Lewis Hamilton?"
Dennis: "Ich möchte daraus kein großes Thema machen. Es geht um einfache Dinge. Sie haben gesagt, dass sie uns ersuchen, dass es angemessen abläuft, und ich denke, diese Aufforderung bezieht sich auf die Annahme, dass Lewis wegen seiner Jugend sehr euphorisch sein könnte, falls er in der glücklichen Position sein sollte, die Weltmeisterschaft zu gewinnen - unter Bedacht des übersensiblen Umfeldes, in dem wir im Moment antreten."
"Ich habe kein Problem damit, gebeten zu werden, dass ich sicherstelle, dass die Regeln genau eingehalten werden. Das war nicht an mich gerichtet, sondern an unseren Teammanager. Ich bin cool und entspannt, was das angeht, genau wie auch in Bezug auf die anderen Dinge, die im Moment unseren Weg kreuzen."
Frage: "Lewis Hamilton und Fernando Alonso wirkten am Donnerstag sehr entspannt, lächelten und sahen wie die besten Freunde aus. Fernando Alonso wurde aber nicht gefragt, wie sein Verhältnis zu dir ist. Hat es sich gebessert?"
Dennis: "Ehrlich gesagt versuche ich, mich in dieser schwierigen Situation von beiden Fahrern abzuschotten, und ich habe versucht, für beide gleichermaßen da zu sein und sicherzustellen, dass ihre Ingenieure an ihren Autos arbeiten und die Bedeutungen verstehen, damit wir einen guten Job machen können. Ich stehe also jederzeit für jeden zur Verfügung, aber ich werde mich in keine Situation hineindrücken lassen. Ich bin nur gleich für jeden da, dann kann ich nur nach meinen Handlungen bewertet werden. Darauf bin ich vorbereitet."
Frage: "Kannst du die Verwirrung um den Reifendruck in Q3 in China aufklären? Fernando Alonso hat sich erneut beschwert, dass sein Reifendruck zu hoch war und dass er sich das nicht erklären kann..."
Dennis: "Das kann man nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten, also werde ich versuchen, eine angemessene Antwort zu geben. Ein Rennreifen ist sehr schwierig zu verstehen. Die Drücke eines Rennreifens werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst."
Erklärung zum Reifendruck in China
"Die erste Sache über China ist, dass es das ganze Wochenende hindurch unglaublich feucht war, wodurch es sehr schwierig war, die Feuchtigkeit aus dem Anpassungs- und Reinigungszyklus der Reifen zu bekommen. Es ist also sehr schwierig, den Reifendruck über das gesamte Temperaturfenster hinweg stabil zu halten."
"Die zweite Sache: Kein Reifen ist auf den Druck voreingestellt, mit dem er tatsächlich gefahren wird. Man versucht festzulegen, wie viel mehr Druck ein Fahrer in der Outlap in den Reifen bringen wird und man zielt auf diesen Wert ab. Jeder einzelne Reifen geht mit einem unterschiedlichen Druck auf die Strecke, abhängig davon, wo er montiert ist, und anhand der Erfahrungen aus dem Training versucht man vorherzusagen, welchen Druck der Reifen schlussendlich erreichen wird, wenn er seine schnelle und die Kühlrunde bestreitet."
"Man visiert also einen inkonstanten Wert an. Ich würde sagen, dass es unsere Ingenieure nur ein von zehnmal schaffen, den anvisierten Wert auf ein halbes Pfund vorherzusagen, weil es so viele Variablen gibt."
"In jenem bestimmten Fall waren alle vier Reifen aller beiden Autos außerhalb des optimalen Reifendruckfensters, das wir vordefiniert hatten. Stimmt es, dass der Druck der Reifen ein bisschen zu hoch war? Ja. War diese Abweichung abnormal? Nein."
"Zwischen unseren beiden Autos lagen im Qualifying weniger als fünf Zehntelsekunden. Zweieinhalb Zehntelsekunden waren auf Lewis' geringere Benzinlast zurückzuführen und zwei weitere Zehntelsekunden holte er in zwei speziellen Bremszonen auf, den Rest im Rest der Runde. Der Unterschied in der Rundenzeit erklärte sich also durch die Benzinmenge und durch spezielle Passagen der Strecke, wo Lewis auf der Bremse sehr stark war."
"Das sind Fakten, harte Fakten. Vielleicht hat Fernando im ersten Moment etwas anderes gedacht, als er aus dem Auto gestiegen ist, aber ich bin mir sicher, dass er es inzwischen versteht."
Frage: "Möchtest du Fernando Alonso in deinem Team behalten?"
Dennis: "Ihr stellt mir die schwierigste aller Fragen, nicht wahr? Die Wahrheit ist, dass ich immer nur die gleiche Antwort geben kann: Fernando hat einen Vertrag mit unserem Team, es war das erste Jahr eines Dreijahresvertrags, und wir haben vor einigen Wochen gesagt, dass wir mit keinem unserer Fahrer in einen Dialog eintreten werden, ob er nach diesem Grand Prix noch im Team bleiben möchte oder nicht. Das ist die einzige Antwort, die ich anbieten kann."
"Die Resultate sprechen in diesem Jahr für sich selbst. Fernando ist ein großartiger Fahrer und ein herausragendes Talent, daher glaube ich nicht, dass das irgendein Team übersehen kann, aber was unsere eigene Position angeht, wird diese vor Ende dieses Wochenendes nicht überdacht. Wir konzentrieren uns auf die Weltmeisterschaft."
Kein Statement zur Zukunft von Alonso
Frage: "Angenommen, Fernando Alonso würde auf dich mit dem Wunsch zukommen, das Team nach diesem Rennen zu verlassen - würdest du ihn gehen lassen oder bist du einer, der an seinen Fahrern festhält?"
Dennis: "Ich kann nur wieder die gleiche Antwort geben: Ich werde nicht über die Fahrer sprechen, solange es nicht angemessen ist, und das ist hier sicher nicht der Fall, sicher nicht an diesem Wochenende. Vielleicht in Zukunft."
Frage: "Hast du lieber einen brillanten, aber unglücklichen Fahrer in deinem eigenen Auto, oder würdest du ihn dann lieber glücklich im Auto eines Gegners sehen?"
Dennis: "Unser Ziel als Team ist es, jedes Rennen zu gewinnen, und wie wir gewinnen, ist uns sehr wichtig. Wir wollen nicht um jeden Preis gewinnen."
Frage: "Ayrton Senna wird hier in Brasilien immer noch sehr vermisst. Kannst du kurz ein paar Worte zu ihm und seinem Vermächtnis sagen?"
Dennis: "Nach seinem Tod wurde mir bewusst, dass mir viele Fragen gestellt werden würden. Mir wurden schon viele Fragen gestellt, aber ich möchte wieder die gleiche Antwort geben, nämlich dass ich eine sehr persönliche und private Beziehung zu Ayrton hatte. Wir hatten eine großartige Zeit zusammen und es hätte mich nicht überrascht, wäre er wieder zurück zu McLaren gekommen, aber damals habe ich gesagt, dass ich mich diesbezüglich niemandem anvertrauen werde, denn das wäre falsch gewesen."
"Es ist immer noch sehr persönlich für mich, darüber zu sprechen - nicht mehr so emotional wie damals, aber immer noch zu persönlich. Er war ein phänomenaler Fahrer und ein fantastischer Mensch und es war ein Privileg, ihn in unserem Team zu haben. Er hat all seine Weltmeisterschaften in unserem Team und in unseren Autos gewonnen und wir vermissen ihn sehr, sei es nun hier oder an jedem anderen Ort der Welt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen."
Frage: "Wer steht vor der schwierigeren Aufgabe: das englische Rugbyteam oder McLaren-Mercedes?"
Dennis: "Natürlich wir! Das Rugbyteam hat sehr gut gespielt. Ich weiß nicht viel über Rugby. Ich hatte das Glück, dass ich dort sein konnte. Sie spielen in der Verteidigung sehr gut, daher hoffe ich, dass sie es packen werden, denn wir sind sehr patriotisch. Aber unser Rennen findet am Sonntag statt, ihr Finale am Samstag."

