• 22.07.2005 19:43

Dennis: "Alle haben ein gemeinsames Ziel"

Der McLaren-Teamchef über den Freispruch für die Michelin-Teams, die WM-Chancen seines Teams und den Machtkampf in der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Der FIA-Weltmotorsportrat hat nun beschlossen, die Schuldsprüche gegen die Michelin-Teams wegen der Vorfälle in Indianapolis auch offiziell aufzuheben. Schon zuvor wurde dies nach dem Treffen mit Max Mosley in Monaco angekündigt. Ist das eine gute Entwicklung?"
Ron Dennis: "Es ist eine neue Erfahrung für mich, als Katalysator und Botschafter zu fungieren, aber ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich denke, dass es im Interesse der Formel 1 war. Die Teams waren in den verbliebenen zwei Punkten nicht schuldig zu sprechen. So ist es für alle besser. Niemand nahm aus Indianapolis etwas Positives mit, und das Negative zu erhalten, wäre sicher nicht konstruktiv für die Formel 1 gewesen. Ich bin froh, dass der Senat (der FIA; Anm. d. Red.) und der Weltmotorsportrat auch diesen Weg eingeschlagen haben."

Titel-Bild zur News: McLaren-Teamchef Ron Dennis

McLaren-Teamchef Ron Dennis: Renault kann sich etwas zurücklehnen

Frage: "Während und nach den Vorfällen in Indianapolis gab es ein beachtliches Ausmaß an Transparenz, teilweise wurden ganze Korrespondenzen veröffentlicht. Nun wurden die Schuldsprüche gegen die Michelin-Teams wieder zurückgezogen, aber dabei gibt es keine Transparenz. Werden diese Dokumente überhaupt offen gelegt?"
Dennis: "Es obliegt sicher nicht den Teams, das zugänglich zu machen. Wenn die FIA entscheidet, es zu tun, dann haben sie diese Möglichkeit. Warum? Weil es zunächst einmal ihre Entscheidung war. Wir haben zwei Argumente vorgebracht, warum die Entscheidung zurückgenommen werden sollte. An diesem Tag repräsentierte ich fünf der Teams und Red Bull Racing repräsentierte sich selbst. Die Entscheidung konnte aber nicht vom FIA-Senat getroffen werden, und das wurde sie auch nicht. Nur der Weltmotorsportrat konnte das. Wenn mich nach dem Treffen jemand gefragt hätte - aber das hat keiner -, dann hätte ich gesagt, dass wir nach vorn schauen sollten, nicht zurück. Wäre es meine Entscheidung, dann würde ich einfach noch vorn sehen und weitermachen. Aber es gibt nichts Umstrittenes in diesem Material, das dem Senat präsentiert wurde. Ich denke aber nicht, dass es den Teams zusteht, dieses Material zu veröffentlichen."#w1#

Frage: "Waren es neue Beweise?"
Dennis: "Ja, natürlich. Es war eine Kombination aus neuem Material, aber es war auch eine Ausrichtung auf einige andere Punkte, die Teil dieser Dokumentation waren. Ich würde sagen, dass die Teams einen guten Job gemacht haben, ihre Argumente darzulegen, dabei aber einen Punkt vielleicht zu wenig beleuchteten. Dabei möchte ich es auch belassen."

"Wir versuchen einfach, jedes Rennen zu gewinnen"

Frage: "Kommen wir zum Rennen hier. Deine beiden Fahrer sind gut dabei, aber wie siehst du die Situation in der Meisterschaft?"
Dennis: "Wir konzentrieren uns auf jedes einzelne Rennen, derzeit machen wir uns keine Sorgen um die Meisterschaft, wir versuchen einfach, jedes Rennen zu gewinnen. Um die Meisterschaft noch zu gewinnen, was mathematisch ja noch möglich ist, müssen wir Rennen gewinnen, während unser Hauptgegner Renault bis zu einem bestimmen Grad nur Zweiter werden muss. Aber auf die Mathematik oder Strategiespielchen lassen wir uns nicht ein, wir wollen nur gewinnen, und so wollen wir die Saison beschließen, ganz egal, ob und wann die Meisterschaft entschieden ist. Wir sind ein Grand-Prix-Team, wir sind da, um zu gewinnen, und so gehen wir jedes Rennen an."

Frage: "Wahrscheinlich sind Doppelsiege dann noch besser."
Dennis: "Das ist sicher unser Ziel, das wird in anderen Teams aber nicht anders sein. Das wollen sie erreichen und ich erkenne keinen Grund, warum wir es nicht erreichen sollten. Wir haben im Moment ein starkes Paket, also liegt es an uns, die Grenzen festzulegen, bis zu denen wir uns vorbewegen. Aber um zu gewinnen, müssen wir an die Grenze gehen. Für uns ist die Zuverlässigkeit eine Herausforderung, bei Renault kann man es etwas vorsichtiger angehen, um die für die Meisterschaft notwendigen Ankünfte zu holen. In der umgedrehten Situation würden wir es auch so machen. Wir machen uns keine Illusionen. Auch wenn das Siegen toll ist, sie müssen nicht 100 Prozent geben, sie können etwas zurückstecken und ihre Zuverlässigkeit ausspielen. Es wäre interessant, wenn wir sie unter Druck setzen könnten. Das wäre das Beste für die Formel 1. Für Renault würde das vielleicht nicht zutreffen, aber für uns."

Frage: "Es wurde erwartet, dass die Hersteller an diesem Wochenende eine Ankündigung bezüglich 2008 machen werden. Wie sieht es damit aus?"
Dennis: "Alle haben das gemeinsame Ziel, eine bessere Formel 1 zu haben. Als die umstrittenste Frage wird sich der Kampf zwischen der geschäftlichen und der sportlichen Seite herausstellen. Wenn man sich ansieht, was derzeit so alles kursiert, dann gibt es doch eine große Übereinstimmung. Die Punkte, bei denen wir zu einer gemeinsamen Meinung kommen müssen, machen vielleicht 25 Prozent des Ganzen aus. Ich bin daher optimistisch, dass wir in die Lage kommen werden, in der sich die Beteiligten auf eine Saison 2008 freuen können, die besser wird als die bisherigen unter dem derzeitigen Abkommen."

Dennis: Kein Team wird ausgeschlossen, auch Ferrari nicht

Frage: "Was ist der genaue Grund dafür, Regeln für 2008 und darüber hinaus zu entwerfen? Möchte man zeigen, dass man gemeinsame Interessen mit der FIA hat, oder wollt ihr sie auf eure Seite ziehen? Oder wollt ihr vielleicht nur zeigen, dass ihr weiter an Regeln für die Zukunft arbeitet? Was steckt genau dahinter, warum ihr dieses Dokument ausarbeitet?"
Dennis: "Zunächst einmal sind wir gegen niemanden. Aber wir haben das Gefühl, dass wir die ökonomische Last der Formel 1 tragen. Ich denke nicht, dass es unvernünftig ist, wenn wir ein Teil der Regelbestimmung sein wollen, wenn wir die finanziellen Konsequenzen der Regeln tragen. Es ist etwas anderes, wenn ich sage: 'Gut, wir haben es falsch gemacht und es kostet uns Geld', als wenn ich sagen muss: 'Jemand anders hat es falsch gemacht und es kostet uns Geld'."

"Zudem befindet ein Großteil der Erfahrung des technischen Fachwissens bei den Teams, aber auch bei den Herstellern. Wenn wir hier eine Übereinkunft erreichen, dann ist das ein guter Ausgangspunkt, um diese Sichtweise der Organisation vorzuschlagen, die den Sport führt - was in diesem Fall die FIA ist. Dabei ist der kommerzielle Teil eine völlig andere Sache. Momentan ist es unser Hauptziel, Regeln zu haben, denen die Teams hoffentlich einstimmig zustimmen können. Wir möchten niemanden aus diesem Prozess ausschließen, so lange sie die gleichen Ziele haben wie die Teams, die noch in den Prozess eingebunden sind."

Frage: "Zwei Teams sind jedoch in den vergangenen Tagen abgesprungen und haben das neue Concorde-Agreement unterzeichnet."
Dennis: "Ich habe ja schon erklärt, dass es mehrere Punkte gibt, die diskutiert werden. Das Dokument, das unterschrieben wurde, regelt die Geldverteilung, die man zwischen jetzt und 2012 erhält. Das betrifft nicht die Regeln, denn diese werden noch diskutiert. Es ist ja auch bekannt, dass die Aktion dieser Teams nicht plötzlich kam. Sie haben das schon früher in der Saison so entschieden, nun haben sie diese Entscheidung eben öffentlich gemacht. Ich weiß, dass es nicht der Ansicht der Hersteller entspricht, diese Teams nun vom Prozess der Regelfindung auszuschließen. Das betrifft auch Ferrari."