Das Interview zum Qualifying mit Michael Schumacher
Polesetter Michael Schumacher über das Qualifying in Magny-Cours, seine intakten Siegchancen und die "Grillparty" beim Boxenfeuer im Freien Training
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, nach dem starken Auftritt in Indianapolis scheint euer Aufwärtstrend weiterzugehen, nicht wahr?"
Michael Schumacher: "Ja. Nach einigen Schwierigkeiten heute Morgen bekamen wir es im Qualifying gut hin. Ein großes Kompliment an meine Mechaniker, die großartige Arbeit leisteten und mein Auto rechtzeitig fertig bekommen haben! Dadurch war diese gute Leistung möglich. Ich möchte diese Pole Position unserem Chefmechaniker Nigel Stepney widmen, der gerade Vater geworden ist, denn er macht immer einen Superjob und setzt sich voll für das Team ein. Danke an all die Jungs! Wir sind sehr glücklich und freuen uns auf morgen."

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Michael Schumacher hat nach dem heutigen Qualifying Grund zur Freude
Frage: "Hast du damit gerechnet, dass es hier eine rote erste Startreihe geben könnte?"
Schumacher: "Nicht wirklich, vor allem angesichts dessen, dass es wohl schon 45 Jahre her ist, dass hier in Frankreich zwei Ferraris in der ersten Reihe waren, wie mir gerade jemand gesagt hat. Damit konnte man nicht rechnen."#w1#
Reifen waren mit ein Grund für die starke Leistung
Frage: "Warum ist es dazu gekommen?"
Schumacher: "Weil wir gut genug waren."
Frage: "Was hat den Ausschlag gegeben? War es wieder ein Reifenvorteil von Bridgestone?"
Schumacher: "Sicherlich ist der Reifen ein ganz wichtiger Punkt. Ohne unsere Bridgestone-Reifen hätten wir immense Probleme gehabt, denn wir haben in diesem Jahr schon des Öfteren gesehen, dass es eher eine Rutschpartie ist, wenn der Reifen nicht so greift und beißt. Im Qualifying sah es sehr gut aus, aber was die Long-Runs betrifft, ist das undurchsichtig für uns, weil wir heute Morgen nicht viel fahren konnten. Insofern müssen wir mal schauen, wie das morgen wird."
Frage: "Wie viele Reifensätze hast du im Qualifying verwendet?"
Schumacher: "Drei."
Frage: "Wie viele Steine sind dir denn vom Herzen gefallen?"
Schumacher: "Nicht allzu viele Steine, aber es war sicherlich ein sehr schönes Ergebnis für uns und für die Jungs, die so hart dafür gearbeitet haben."
Frage: "Du sprichst das Team an. Italien hat die Fußball-WM gewonnen. Gibt das den Mitarbeitern noch einmal einen speziellen Kick?"
Schumacher: "Das schadet auf keinen Fall, keine Frage!"
Frage: "Sind die Mechaniker denn deswegen besser gelaunt?"
Schumacher: "Nein, nicht wirklich. Die Jungs sind auch so immer gut gelaunt."
Frage: "Zu Beginn der dritten Phase des Qualifyings gab es ein richtiges Rennen zwischen dir und Fernando Alonso. Wie viel Spaß hat das gemacht?"
Schumacher: "Wir hatten so ein Geplänkel ja auch schon in Indianapolis. Es war interessant. Es sollte Extrapunkte für solche Manöver und Situationen geben! Wir hatten jetzt wahrscheinlich mehr Überholmanöver im Qualifying als in unserer gesamten Rennkarriere..."
Geplänkel im Qualifying hat durchaus einen Grund
Frage: "Waren das Sticheleien, reizt man den Gegner da? Was ist das für ein Spielchen?"
Schumacher: "Das Qualifying hat nun mal nur 15 Minuten. Man kann in dieser Zeit nur eine bestimmte Rundenanzahl fahren, und manchmal ist das sehr eng, also will man möglichst weit vorne fahren. Da sind auch die letzten zehn Sekunden manchmal wichtig, um noch eine Extrarunde fahren zu können, und deshalb ist es so wichtig, als Erster rauszufahren und die Pace zu diktieren. Dann kann man sich alles einteilen."
Frage: "Was genau war heute Morgen euer Problem und wie wirkte es sich auf eure Herangehensweise an das Qualifying aus?"
Schumacher: "Da gab es eine Grillparty! Ein Hitzeschild fing Feuer, wurde aus irgendeinem Grund zu heiß. Vielleicht war es zu nahe an heißen Teilen dran. Das ist ungewöhnlich, macht uns aber keine Sorgen, weil wir wissen, wie wir es beheben können. Natürlich konnten wir dadurch jedoch nur wenig fahren - und die Mechaniker hatten jede Menge Arbeit."
Frage: "Wie groß war das Handicap durch die im Freien Training verlorene Fahrzeit?"
Schumacher: "Man darf im Qualifying ja nur an der elektronischen Seite etwas umstellen. Man darf das Auto - abgesehen vom Frontflügel - nicht mehr umstellen. Daher hat das alles sicher nicht geholfen. Wir hatten noch einige Änderungen des Setups geplant, aber die Mechaniker bekamen die Autos von mir und Felipe (Massa; Anm. d. Red.) rechtzeitig für das erste Qualifying fertig. Jetzt stehen wir in der ersten Reihe, was umso beeindruckender ist."
Frage: "Ist die Pole Position deswegen noch überraschender?"
Schumacher: "Ein bisschen schon, ja, denn wir hatten von heute Morgen keine Referenzwerte. Normalerweise ziehen wir einmal neue Reifen auf, um ungefähr zu sehen, wo wir stehen. Heute waren wir besorgt, aber nach Q1 und Q2 war unsere Performance sehr gut, so dass die Sorgen weg waren und wir voll attackierten. Gestern musste man die Bedingungen betrachten und analysieren, warum jemand schnell war und warum nicht. Man kann nämlich neue Reifen aufziehen lassen und andere Dinge machen, die dann die Positionen beeinflussen."
Sieg im Renault-Land wäre besonders wichtig
Frage: "Inwiefern hat sich die Fahrbahn während des heutigen Tages verändert?"
Schumacher: "Dazu kann ich nicht viel sagen, weil ich am Vormittag ja kaum auf der Strecke war."

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Psychologisch sehr wichtig: Michael Schumacher im Qualifying vor Alonso Zoom
Frage: "Mit was für einem Gefühl gehst du nun in das Rennen? Es ist ja nicht nur Renaults, sondern auch Michelins Heim-Grand-Prix..."
Schumacher: "Ja. Ich denke nicht, dass es wirklich darauf ankommt, wo man fährt. Sie haben an einem Wochenende wie diesem natürlich viel Arbeit zu erledigen, aber wenn man auf der Strecke ist, macht man sich darüber keine Gedanken - speziell nicht im Qualifying, wo man total konzentriert ist. Ich freue mich über diese Pole Position, aber nicht wegen des Landes, in dem wir gerade fahren. Außerdem freue ich mich darüber, dass Felipe so knapp hinter mir Zweiter ist. Nun wollen wir logischerweise das Beste aus dieser idealen Konstellation herausholen, immerhin steht Felipe vor Fernando (Alonso; Anm. d. Red.)."
Frage: "Inwiefern ist Felipe Massa neben dir eine große Hilfe?"
Schumacher: "Das kann sicher ein wichtiger Punkt sein, denn es gibt mit unseren Reifen schon eine kleine Grainingphase. Wenn wir die einmal überstanden haben, sind wir in unseren Augen wieder flott unterwegs, aber das müssen wir morgen erst noch sehen. In der Zeit sind wir natürlich auch angreifbar für Überholmanöver."
Frage: "Wann kann man mit dieser Phase rechnen?"
Schumacher: "Irgendwann im Rennen, aber darüber mag ich nicht reden. Es muss auch nicht unbedingt dazu kommen, weil sich die Strecke über das Wochenende verändert und immer besser wird. Es gibt ja die GP2 und morgen Vormittag auch noch andere Rahmenrennen, und das kann schon noch etwas verändern."
Frage: "Morgen können wir uns auf interessante Strategien und ein interessantes Rennen im Reifenkrieg einstellen, nicht wahr?"
Schumacher: "Durch die Tatsache, dass im angepassten Top-10-Qualifying weniger Benzin verbrannt wird, öffnen sich für die Strategien einige neue Türen. Was das für das Feld bedeutet, kann man noch nicht absehen, aber ich freue mich auf ein interessantes Rennen."
Schumacher gibt nicht viel auf Psychologie
Frage: "Inwiefern wäre es nach dem Sieg in Indianapolis auch aus psychologischer Sicht wichtig, hier gleich in dieser Tonart weiterzumachen?"
Schumacher: "In diese psychologische Seite wird viel zu viel hineininterpretiert. Wir sind alle ziemlich ausgeglichen und vernünftig. Man kann nur so viel tun, wie das Auto hergibt. Manchmal schaffen wir das und manchmal nicht. Am Ende wird zusammengerechnet."
Frage: "Mit welchen Erwartungen gehst du in das Rennen?"
Schumacher: "Ich hoffe, dass wir so bleiben, wie wir jetzt sind, aber das wäre ein Wunschergebnis."
Frage: "In Indianapolis waren Felipe Massa und Fernando Alonso am Start besser als du. Glaubst du, dass das morgen wieder der Fall sein könnte?"
Schumacher: "Das liegt nicht an uns Fahrern. Es gibt eine bestimmte Art und Weise, wie man die Kupplung anrühren muss, aber auch wenn alles manuell ausgelöst wird, ist der Einfluss des Fahrers gering. Ich kann die Situation schwer einschätzen, denn die hängt hauptsächlich vom Reifengrip ab. Die Bedingungen, die am Start herrschen, sind oft ganz anders als die im Rennen, weil sich die Reifentemperaturen natürlich verändern."
Frage: "Bist du hier besonders motiviert, das Rennen zu gewinnen, weil dir das schon siebenmal gelungen ist?"
Schumacher: "Ja, aber diese Motivation ist immer gleich groß. In unserer Situation muss man sowieso so viel wie möglich gewinnen."
Frage: "Wie lautet dein Fazit?"
Schumacher: "Sicherlich ist es schön, nach Indianapolis auch hier wieder Pole Position und Platz zwei zu erreichen, denn ein bisschen hatten wir schon die Befürchtung, dass es vielleicht nur ein einzelner Event gewesen sein könnte, der uns da so gut hat aussehen lassen. Wir können es jetzt aber bestätigen. Natürlich hoffen wir, dass wir morgen auch noch in den gleichen Positionen sein können. Das wäre sicherlich ein wichtiger und guter Schritt für uns in der WM. Der Weg dahin ist noch weit. Danke an die Mechaniker, die heute Morgen eine kleine Grillparty im Auto hatten! Sie haben einen Superjob gemacht. Jetzt schauen wir, was morgen kommt."
Frage: "Warst du gestern Abend eigentlich beim Rockkonzert hier an der Strecke?"
Schumacher: "Ja, es war nett - nicht nur das Konzert, sondern auch, dass ich die Leute kennen lernen durfte, hinter die Bühne gehen konnte und sie heute Morgen wieder traf. Das war interessant."

