• 26.09.2004 12:35

Das große Siegerinterview mit Rubens Barrichello

Der Sieger in Shanghai über sein anstrengendes Rennen, der Druck der Verfolger und die Probleme während seiner Fahrt

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens, eine großartige Fahrt, ein großartiger Sieg. Dabei bekamst du die gesamte Zeit über Druck von hinten."
Rubens Barrichello: "Ja, aber es war gut. Wir wussten schon zu Beginn, dass die Vorderreifen zum Körnen neigen würden, aber die Reifen haben dennoch super funktioniert. Sie haben fantastisch gehalten, daher konnte ich dem Druck standhalten. Kurz vor dem Boxenstopp griff ich dann an und fuhr einen ordentlichen Abstand heraus, um Erster bleiben zu können."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello konnte in Shanghai seinen zweiten Saisonsieg feiern

Frage: "In der Anfangsphase des Rennens hat Kimi Räikkönen viel Druck gemacht."
Barrichello: "Das war sehr hart. Ich hatte einen guten Start und war vom Grip in der ersten Runde beeindruckt. Ich habe das etwas unterschätzt, daher hätte ich sogar noch schneller sein können. Es war wirklich viel Grip da und das Gefühl war gut. Am Ende hatte ich einen Vorsprung von acht Sekunden, daher habe ich nicht mehr alles gegeben. Aber das Körnen der Vorderreifen blieb da etwas länger bestehen. So hatte ich zum Ende des Rennens eine etwas härtere Zeit."#w1#

Frage: "Aber am Ende wurde es noch schwierig, ohne Probleme ins Ziel zu kommen."
Barrichello: "Vor allem, weil ich zwei Autos dabei überrunden musste. Als ich Villeneuve zum ersten Mal überrunden wollte, hat er mich nicht gesehen. Das hat vielleicht eine Sekunde gekostet. Danach dachte ich, dass er sich vielleicht auf das Auto vor ihm konzentriert und ich dadurch ein Problem hätte. Aber er hat mich dann doch durchgelassen."

Barrichello war am gesamten Wochenende schnell

Frage: "Beim ersten China-Grand-Prix gab es fantastische Szenen. Erzähl uns etwas über deine Gefühle auf dem Podium."
Barrichello: "Nun, in dieser Saison fuhr ich immer hinter Michael her. Er war auf einem höheren Niveau und ich konnte ihn nicht einholen. Nun habe ich eine gute Phase, und hier in China habe ich sofort gute Zeiten hingelegt und auch das Setup war gut. Ich muss dem gesamten Team danken. Im Rennen musste ich mit ein paar Problemen zurechtkommen, die ich mit den Vorderreifen hatte, den Rest der Zeit musste ich angreifen. Das Auto war 80 Prozent der Zeit über gut, das war schon ziemlich beeindruckend."

Frage: "Das Siegen könnte für dich zur Gewohnheit werden. Oder machst du dir jetzt Gedanken, nachdem du Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo mit Champagner überschüttet hast?"
Barrichello: "Ich war wahrscheinlich der einzige Mensch in seinem Leben, der ihn nass machen durfte. Auch darüber bin ich sehr glücklich."

Frage: "Du hast mit dem Sieg im ersten China-Grand-Prix Geschichte geschrieben."
Barrichello: "Das werde ich vielleicht morgen oder in ein paar Tagen sehen, denn jetzt ging es nur darum, das Rennen zu gewinnen, ein Rennen auf einer neuen Strecke, wo jeder bei Null begann. Ich hatte hier von Beginn an eine tolle Zeit, ich konnte heute einige gute Runden zurücklegen."

Räikkönen und Button machten Druck

Frage: "Wie sehr hat Kimi in den ersten beiden Stints von hinten Druck gemacht?"
Barrichello: "Sie haben von Anfang an viel Druck gemacht. Kimi hätte in einigen Phasen sicher schneller fahren können, wenn er vor mir gewesen wäre, denn ich hatte zu Beginn drei oder vier Runden, in denen ich ihn aufhielt. Danach konnte ich ähnlich schnell fahren, am Ende war ich dann schneller. Das war die Ausgangslage und das Team hat die Stopps gut gelegt. Am Ende konnte ich gut angreifen."

Frage: "Hast du dir Sorgen wegen Jensons Strategie gemacht?"
Barrichello: "Zu einer Zeit machte ich mir Sorgen. Das Team sagte mir, dass Kimi nun nicht mehr das Problem sei, Jenson sei nun mein Hauptgegner und sich sollte pushen. Ich sollte eine Lücke auffahren, aber er war zu seinem zweiten Stopp noch nicht an der Box gewesen. Das konnte man schwer berechnen. Nachdem er an der Box war, hatte ich 21 Sekunden Vorsprung. Eine Runde später waren es nur 21,7 und ich dachte: 'oh, ich habe ein Problem, ich muss angreifen.' Aber plötzlich waren es 25 Sekunden, von da an war alles etwas ruhiger."

Frage: "Am Ende hat er auf dich wieder aufgeholt. Wie lag dein Auto in dieser Phase?"
Barrichello: "Am Anfang, als ich angriff, hatte ich ein Graining, das war nach drei Runden aber wieder weg. Am Ende sah ich, dass ich acht Sekunden Vorsprung hatte, also ließ ich es ruhiger angehen und das Graining blieb länger. Wann immer ich sah, dass er näher kam und ich schneller fahren musste, dauerte es ein paar Runden, bis die Reifen sauber waren. Wenn er die Lücke hätten schließen können, dann hätte ich sicher wieder 32er Runden fahren können. Aber so war es einfach frustrierend zu sehen, wie die acht Sekunden schmolzen und ich wieder angreifen musste. Aber die letzten beide Runden waren in Ordnung."

Der Straßenverkehr in Shanghai

Frage: "90 Minuten lang bist du einer der schnellsten Fahrer in China gewesen. Abseits der Strecke ist euch das Fahren aber untersagt. Ein Chauffeur fährt euch umher. Wie war es, in den vergangenen Tagen Passagier zu sein?"
Barrichello: "Das war verrückt. Der Empfang hier war einfach fantastisch. Die Leute haben der Formel 1 zugejubelt. Ich hoffe aber, dass ich im nächsten Jahr ein Hotel in der Nähe der Strecke haben werde, oder ich miete mir eine Unterkunft direkt hier. Sie müssen hier einfach gute Fahrer haben. Es war wirklich erstaunlich - sie haben einfach überall überholt."

Frage: "Wie schätzt du die Leistung deines Teamkollegens ein?"
Barrichello: "Ich habe keine Ahnung, wie ich sie einschätzen soll, ich habe das Rennen ja nicht gesehen. Ich weiß nur, dass er keine Punkte holen konnte. Sein Rennen muss frustrierend gewesen sein, aber einschätzen kann ich das nicht."

Frage: "Michael Schumacher hatte einen Reifenschaden. Hat das Team dir danach gesagt, dass du etwas langsamer fahren solltest?"
Barrichello: "Ich wusste nicht, dass Michael ein Problem hatte. Am Ende hatte ich einen Vorsprung von acht Sekunden und das Team sagte mit nur, dass ich etwas konservativer fahren solle. Nur in einer Phase erklärten sie, dass er hinter mir etwas zu schnell aufholte und ich sollte wieder mehr Gas geben."

Lob für den 'Shanghai International Circuit'

Frage: "Was unterscheidet diese Strecke von anderen?"
Barrichello: "Der Fakt, dass wir hier überholen können, das ist alles, was wir brauchen. In der Formel 1 war es in der jüngsten Vergangenheit schwierig, anderen Autos zu folgen. Aber dieser Kurs ist dazu noch herausfordernd und es gibt einige Kurven, in denen man verschiedene Linien fahren kann. Dadurch hat man die Chance zu überholen."

Frage: "Kannst du einen Vergleich zum Rennen in Monza ziehen? Hier sah es doch schwerer aus."
Barrichello: "In Monza gab es eine Phase, in der es nass war, das war also anders. Körperlich war dieses Rennen hier härter. Aber es ist immer anders, wenn du gewinnst. In Monza hatten wir ein Auto, das viel schneller als die Konkurrenz war. Hier waren wir nicht sehr viel schneller. Das hat es etwas schwieriger gemacht. Aber immer wenn man in Führung liegt, ist man nicht erleichtert. Man ist immer darauf bedacht, so weiterzumachen."

Frage: "Ab wann warst du dir sicher, dass du auch nach deinem letzten Boxenhalt in Führung bleiben würdest?"
Barrichello: "Erst als ich stoppte, den ersten Gang einlegte und Ross (Brawn) mir sagte, dass es sich ausgehen wird. Nur er hat ja die Bildschirme in Blickreichweite. Als ich wieder auf die Strecke fuhr, habe ich Vollgas gegeben, denn man weiß ja nie. Nach der dritten Kurve habe ich den Spiegel geschaut, konnte aber niemanden entdecken. Das war ein gutes Gefühl. Erst da war ich mir sicher."

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