• 30.05.2004 19:08

Das große Siegerinterview mit Michael Schumacher

Der Nürburgring-Sieger erklärt, warum es keine Spazierfahrt war, spricht über den guten Start und beteuert seine Motivation

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Du trägst ein schwarzes Armband als Würdigung für den verschiedenen Umberto Agnelli. Einen viel besseren Tribut als einen Doppelsieg gibt es nicht, nicht wahr?"
Michael Schumacher: "Wir müssen uns natürlich mit dem abfinden, was passiert ist, aber ich möchte diesen Sieg natürlich ihm persönlich widmen, denn er war in all den Jahren ein großartiger Unterstützer von Ferrari, er war immer da und hat sich immer wieder bei allen im Team gemeldet. Von seinem Tod zu hören, war ein großer Schock, daher bitte ich um Verständnis dafür, dass die Freude nicht so euphorisch ausfällt wie sonst."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Mit Trauerflor für Umberto Agnelli gewann Schumacher heute sein Heimrennen

Frage: "Mit relativ wenig Sprit an Bord hast du einen sehr sicheren Start in die erste Kurve erwischt."
Schumacher: "Es stimmt, wir waren ein bisschen leichter, aber wenn man sich die Differenz im Gewicht anschaut, dann erklärt das nicht unseren großen Vorsprung im Qualifying. Vielmehr bestätigt es, dass die Runde im Qualifying sehr, sehr gut war und alles hat fantastisch für uns funktioniert. Der Start war gut und das war schon die halbe Miete, denn danach konnte ich den notwendigen Vorsprung aufbauen und das Rennen sicher nach Hause fahren."#w1#

Über Webber: "Keine Ahnung, was ihm durch den Kopf gegangen ist"

Frage: "Hattest du danach noch irgendwelche Schwierigkeiten, vielleicht durch Nachzügler?"
Schumacher: "Schon, eine bestimmte Situation, denn ich weiß nicht, was da mit Mark los war, als er aus der Boxengasse gekommen ist. Ich bin an ihm vorbeigegangen und er dürfte dann realisiert haben, welches Fahrzeug vor ihm lag, und als ich gerade einlenkte, bremste er sehr spät und kam auf mich zu und ich war wirklich erschrocken. Zum Glück konnte ich die Tür aufmachen. Wenn ich ihn in diesem kurzen Moment nicht gesehen hätte, wäre er mir reingefahren. Ich habe keine Ahnung, was ihm da durch den Kopf gegangen ist, was er da erreichen wollte, aber das war eine Schrecksekunde."

Frage: "Das war der vierte Doppelsieg der Saison. Werdet ihr immer besser oder die Konkurrenz schlechter?"
Schumacher: "Naja, Jenson hatte kein problemloses Rennen und auch Taku war sehr schnell unterwegs, aber er hatte diese Kollision mit Rubens und konnte das Rennen nicht beenden, aber wir werden nie erfahren, was er sonst noch drauf gehabt hätte. Wir sind da, wir sind stark, aber jetzt gerade sehen wir durch die Umstände ein wenig stärker aus als wir sind."

Frage: "In nur sieben Runden hast du 17 Sekunden Vorsprung herausgeholt, absolut bemerkenswert. Wie hast du diese Anfangsphase erlebt?"
Schumacher: "Es war natürlich großartig zu sehen, dass ich mich so weit absetzen konnte. Ich denke, mir hat sehr geholfen, dass Kimi Zweiter war und er von niemandem überholt wurde, denn ich glaube, dass seine Konstanz nicht so stark war wie jene der Renaults und BARs und von Rubens. Das hat mir einen Vorteil verschafft und den musste ich nur noch ins Ziel bringen."

Frage: "Wie sicher warst du dir in der Phase deiner Sache?"
Schumacher: "Ich war ziemlich zuversichtlich, denn von der Strategie her war mir klar, dass ich direkt hinter der Verfolgergruppe auf die Strecke kommen müsste nach dem ersten Stopp. Ich hatte das Selbstvertrauen, schon zu 90 Prozent daran zu glauben."

Defekt am Freitag machte wegen Reifenwahl nichts aus

Frage: "Hattest du mit der eher geschätzten Reifenentscheidung Schwierigkeiten?"
Schumacher: "Nein, danach sah es wohl auch nicht aus..."

Frage: "Schon gestern warst du sehr optimistisch, aber hast du erwartet, dass es so einfach werden könnte?"
Schumacher: "Ich glaube nicht, dass es in Wahrheit so einfach war. Alle wissen, dass Kimi als Zweiter den Riesenabstand zu Beginn verursacht hat - und dieser Abstand ist dann bis zum Ende des Rennens geblieben. Sicher hätte ich manchmal ein bisschen schneller fahren können, aber nicht mehr in dem Maße wie zu Beginn."

Frage: "Gestern warst du auch bezüglich des Starts zuversichtlich und es hat heute tatsächlich gut geklappt. Gibt es ein Geheimnis?"
Schumacher: "Nein, kein Geheimnis. Es hat bei den ersten vier Rennen gut funktioniert und eigentlich sogar beim fünften, denn in Barcelona ist Trulli nicht unbedingt besser als wir gestartet, sondern ganz einfach früher. Monaco war eine Ausnahme. In Monaco sind wir beim Start ganz klar nicht gut weggekommen, wir hatten nicht den nötigen Grip und daher haben wir den Start verpatzt. Wenn man aber alle anderen Rennen analysiert, jetzt auch dieses, dann hatten wir in diesem Bereich nie ein Problem."

Frage: "Sechs Siege in sieben Rennen, du hast schon mehr als 200 Grands Prix bestritten und eigentlich sollte man meinen, dass dir junges Blut härter zusetzen können sollten. Was ist deine Motivation in diesem Sport und wie siehst du dich als Rennfahrer im Vergleich zu vor zehn Jahren?"
Schumacher: "Ich denke, das sind die richtigen Worte, junges Blut, denn mein Blut wird ziemlich oft untersucht und wenn ich mir die Resultate anhöre, scheint es sehr jung zu sein! Einerseits gibt es das Alter, wie alt man ist, und dann noch, was man selber ist. Ich habe schon oft gesagt, dass ich mich nicht so alt fühle wie mein Alter. Ich habe Spaß, habe ein fantastisches Team hinter mir, das mir ermöglicht, das zu tun, was ich liebe. Es ist großartig. Ich liebe es."