Das große Siegerinterview mit Fernando Alonso
Fernando Alonso, König von Spanien: Wie der Barcelona-Sieger sein magisches Rennen erlebte und warum sein Triumph nie wirklich in Gefahr war...
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, das sah nach 66 perfekten Runden aus, nicht wahr?"
Fernando Alonso: "Ja, wir haben heute eine maximierte Rennperformance gezeigt. Die Reifen waren das ganze Rennen hindurch konkurrenzfähig. Wir hatten diesbezüglich vor dem Start einige Bedenken, aber es lief alles prächtig. Wie geplant attackierte ich im ersten Stint, denn wir waren leichter als die Ferraris, also musste ich einen Vorsprung herausholen. Es gelang uns auch, rasch einen Vorsprung herauszufahren."

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Fernando Alonso erlebte heute seine bisher schönste Champagnerdusche
"Von da an hätten wir eigentlich defensiver agieren können, aber das war nicht der Fall. Ferrari konnte diesmal nicht so stark kontern, also kontrollierte ich meine Pace. Vor allem im letzten Stint drehte ich die Drehzahlen herunter und wollte dieses Rennen einfach nur noch beenden. Wie man sich vorstellen kann, waren das ganz schön lange Runden für mich!"#w1#
Heimsieg genauso schön wie der WM-Titel
Frage: "Kann es überhaupt noch besser werden als zu Hause zu gewinnen und den Pokal vom König zu bekommen?"
Alonso: "Nein, das ist bisher wahrscheinlich das Schönste, was mir in der Formel 1 widerfahren ist - gemeinsam mit Brasilien, als ich die Weltmeisterschaft gewonnen habe. Das Gefühl war diesmal aber noch besser, weil ich das Rennen gewinnen konnte. In Brasilien war es vergangenes Jahr dramatisch, denn damals musste ich meinen dritten Platz verteidigen, um auch mathematisch Weltmeister zu werden, aber heute war alles ganz anders. Ich hatte keinen vollen Kopf, konnte befreit fahren, das Rennen gewinnen - da ist man glücklicher."
Frage: "Was wird dir vom heutigen Tag am besten in Erinnerung bleiben und was hat dir der König bei der Siegerehrung gesagt?"
Alonso: "Von heute werde ich viele Erinnerungen mitnehmen: Zuerst die Runde mit dem König am Beifahrersitz am Vormittag, als die Leute ganz begeistert waren, dann den Start, die erste Runde, dann Michael (Schumacher; Anm. d. Red.), als er hinter mir wieder auf die Strecke kam. Den Leuten war sofort klar, dass ich noch in Führung lag, also waren die Tribünen in den nächsten zwei Runden total blau - alle hüpften vor Freude! Und dann waren die letzten zwei Runden und das Überqueren der Ziellinie noch wunderschöne Momente. Der König hat mir nicht viel gesagt, nur gratuliert, dass es ein nettes Rennen war und so weiter."
Frage: "In der letzten Runde überkamen dich die Emotionen, wie man sehen konnte. Was ging dir bei der Zieldurchfahrt durch den Kopf?"
Alonso: "Während der letzten fünf oder sechs Runden sah ich, dass auch Michael nicht mehr voll attackierte, also tat ich es auch nicht mehr. Ich fuhr das Rennen kontrolliert zu Ende. Ich bin hier - vor meinen Leuten, meinen Fans - Erster! Das ist das schönste Gefühl, das ich bisher in der Formel 1 hatte - genauso schön wie Brasilien, als ich Weltmeister wurde! Ich wurde damals Dritter, hatte einige Probleme, musste den dritten Platz verteidigen - das war nicht so aufregend wie der Sieg heute."
Frage: "Gestern hast du noch gesagt, dass 66 Runden zum Genießen vielleicht gar nicht ausreichen würden, aber heute wären sie dir fast zu lang geworden, oder?"
Alonso: "Hier zu fahren - vor all diesen blauen Tribünen - ist ein anderes Gefühl als bei allen anderen Rennen. Es stimmt schon: 66 Runden sind vielleicht zu wenig, um alles zu genießen, aber wenn man mit zehn Sekunden Vorsprung führt, dann wäre es einem am liebsten, wenn man sofort feiern könnte! Es war ein fantastischer Tag, den ich nicht so schnell vergessen werde."
Diesmal keine Tier-Imitationen nach dem Rennen
Frage: "Welches Tier hast du diesmal imitiert?"
Alonso: "Das verrate ich nicht. Es war aber kein Tier..."
Frage: "Am Start hättest du beinahe eine Position gegen Giancarlo Fisichella verloren, nicht wahr?"
Alonso: "Ja, Giancarlo hatte den besseren Start. Meine Reaktionszeit war nicht so toll wie seine. Er kam diesmal einfach besser weg. Ich hatte Glück, die Position innen verteidigen zu können - und dank Giancarlo blieb ich auch in der ersten Kurve vorne. Ich kämpfe lieber gegen meinen Teamkollegen als gegen jeden anderen Fahrer."
Frage: "Dein erster Stint war sehr kurz, dein letzter ziemlich lang..."
Alonso: "Ja, die Strategie hat gut funktioniert. Wir waren heute anders gepolt als Ferrari. Das war in Ordnung, denn wir hatten Pole Position, einen Vorsprung nach dem leichten ersten Stint - und von da weg konnte ich den Abstand mehr oder weniger kontrollieren. Ich bin happy."
Frage: "Barcelona ist normalerweise ein Indikator für die wahre Stärke eines Rennautos. Alle anderen waren heute weit hinter Renault und Ferrari. Überrascht dich das?"
Alonso: "Ich bin schon ein bisschen überrascht, ja, denn die letzten zwei Rennen waren ein reiner Zweikampf zwischen Renault und Ferrari. Da konnte niemand richtig dazwischenfunken. Manchmal sieht man das Potenzial der anderen Teams bei den Tests, manchmal am Freitag, manchmal im Qualifying, aber in den Rennen sind meistens nur Renault und Ferrari stark. Ich glaube trotzdem, dass da noch was kommen wird, speziell von McLaren - früher oder später werden sie wieder mit uns an der Spitze fighten."

