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  • 12.03.2006 18:32

Das große Siegerinterview mit Fernando Alonso

Bahrain-Sieger Fernando Alonso über den Fight mit Schumacher, die Schrecksekunde mit Massa und den Bedarf, am Saisonbeginn viel zu gewinnen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, es war das ganze Rennen hindurch knapp, aber es war ein toller Start, an dem du bis auf Platz zwei nach vorne kamst."
Fernando Alonso: "Ja, der Start war gut, denn aus dieser Ausgangsposition fiel es mir leichter, an den Rest des Rennens zu denken. Wäre ich in der ersten Runde um zwei Positionen weiter hinten gewesen, dann hätte ich mich davon vielleicht nicht mehr erholt."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Weltmeister Fernando Alonso begann das Projekt Titelverteidigung mit einem Sieg

"Im ersten Stint war Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) zu schnell - dagegen war nichts zu machen. Nach dem Qualifying dachten wir, mehr Benzin als die anderen an Bord zu haben, wodurch wir bis Runde 20 einen Nachteil hatten. Dann lief das Auto sehr gut. Wir waren ähnlich schnell wie Michael, aber beim zweiten Stopp konnte ich mit ein bisschen Glück und dank meiner Mechaniker, die einen perfekten Stopp hinlegten, vor ihm zurück auf die Strecke gehen. Unsere Pace war dann wieder sehr ähnlich, als ich in Führung lag."#w1#

Alonso ging zu Beginn des Rennens nicht ans Limit

Frage: "Warst du besorgt, als Michael Schumacher am Anfang ein bisschen davonfuhr?"
Alonso: "Nicht wirklich, denn wir waren der Meinung, dass er viel weniger Benzin an Bord haben müsste, also attackierten wir nicht."

Frage: "Vor deinem zweiten Boxenstopp war die Situation ziemlich angespannt, denn du musstest Zeit gutmachen, hattest aber einige Überrundete vor dir..."
Alonso: "Ja, da war viel Verkehr, aber all die Jungs haben sich fair verhalten, obwohl ich keine einzige blaue Flagge gesehen habe. Die Streckenposten haben da wohl geschlafen, aber ich kam vor Michael wieder raus. Das war sehr gut, es hat Spaß gemacht und es war ein tolles Rennen."

"All die Jungs haben sich fair verhalten, obwohl ich keine einzige blaue Flagge gesehen habe." Fernando Alonso

Frage: "Es war absolut entscheidend für dich, vor Michael Schumacher auf die Strecke zurückzukommen, nicht wahr?"
Alonso: "Ja. Das war meine einzige Chance auf den Sieg, also versuchte ich alles. Mir war klar, dass mein Auto in den ersten zehn Runden des Stints schneller als das von Michael sein würde, also setzte ich alles auf eine Karte - und als ich am Ende der Boxenausfahrt vor ihm lag, wusste ich, dass es reichen müsste. Ich gab in der Runde vor dem Boxenstopp alles, die Mechaniker machten einen guten Job. Es war sehr knapp, aber ich lag vor ihm."

Frage: "Hat man dir am Funk irgendwelche Anweisungen gegeben?"
Alonso: "Nein. Ich regte mich nur darüber auf, dass die Streckenposten keine blauen Flaggen zeigten, also hatten sie am Kommandostand wahrscheinlich mehr im Ohr als ich..."

Reifentaktik spielte eine entscheidende Rolle

Frage: "Wie bist du in diesem letzten Stint mit Michael Schumacher in deinem Windschatten gefahren?"
Alonso: "Am Anfang ziemlich langsam und konservativ, weil ich wusste, dass meine Michelin-Reifen am Anfang des Stints besser sind, die Bridgestone-Reifen dann aber eher am Ende des Stints. Mir war klar, dass ich in den letzten fünf Runden Probleme mit Michael bekommen könnte, also ging ich den Stint langsamer an, um die Reifen zu schonen, aber am Ende war mein Vorsprung doch recht bequem. Zwischen uns lag immer eine Sekunde, manchmal anderthalb. Das war recht entspannt."

"Mir war klar, dass ich in den letzten fünf Runden Probleme mit Michael bekommen könnte." Fernando Alonso

Frage: "Fünf Runden vor Schluss zeigte sich Michael Schumacher einmal in deinem Rückspiegel. Wie sehr hat dich das überrascht?"
Alonso: "Gar nicht, denn vor uns waren andere Autos, durch die ich langsamer fahren musste. Manchmal kam mir Michael dadurch nahe, manchmal kam ich dadurch ein bisschen weg. Die Nachzügler waren zu mir und Michael gleich fair. Ich war mir da schon sicher, dass ich gewinnen würde."

Frage: "In der letzten Phase des gestrigen Qualifyings waren deine Zeiten am Anfang relativ langsam, wodurch du weniger Benzin verbraucht hast als Michael Schumacher. Hast du dadurch heute die eine Runde länger draußen bleiben können, die das Rennen entschieden hat?"
Alonso: "Nein. Wir waren das ganze Wochenende vorne dabei. Wir arbeiten halt anders und gingen das neue Qualifying gestern ein bisschen anders an. Alle anderen hatten eine ähnliche Strategie, aber es ging an diesem Wochenende auch darum, die beste Herangehensweise herauszufinden. Wir hatten einen perfekten Freitag, arbeiteten am Samstag an unserer Strategie und heute war dann das Rennen. All diese Faktoren haben zum Sieg beigetragen."

Frage: "Wie bist du in der ersten Runde eigentlich an Felipe Massa vorbeigekommen?"
Alonso: "Er war in der ersten Kurve etwas zu weit außen. Ich wollte ihn in Kurve vier überholen, dann auf der nächsten Gerade, aber es war nicht möglich. Allerdings bremste er innen, wo viel Schmutz lag, also verpasste er die vierte Kurve und ich konnte an ihm vorbeigehen. In der fünften oder sechsten Runde war er wieder vor mir, aber nur für eine Zehntelsekunde oder so - eine gefährliche Situation, in der ich Glück hatte, dass ich nicht abgeschossen wurde."

Schrecksekunde mit Massa ging glimpflich aus

Frage: "Kannst du die Situation näher beschreiben?"
Alonso: "Es war interessant, denn für einen kurzen Moment dachte ich, er würde mich treffen. Ich wollte ihm ausweichen, aber er kam so schnell, dass ich gar nicht reagieren konnte. Als ich sah, dass ich nicht getroffen war, sah ich es recht entspannt. Okay, er kam mir nahe, aber ich konzentrierte mich danach auf mein Rennen."

Fernando Alonso

Fernando Alonso lieferte heute wieder ein überaus abgeklärtes Rennen ab Zoom

Frage: "Hast du Felipe Massa im Rückspiegel kommen gesehen?"
Alonso: "Ja, aber ich konnte nichts tun, denn die Geschwindigkeit war viel zu hoch. Da war keine Zeit mehr, um zu reagieren."

Frage: "Gab es eigentlich irgendwelche Warnungen wegen des Defekts bei deinem Teamkollegen?"
Alonso: "Nein, nichts. Er hatte schon im Qualifying Probleme, daher war es für ihn von vornherein ein Risiko. Sie haben den Motor nicht gewechselt, er fuhr im selben Auto wie gestern. Leider ging etwas schief und er schied aus, aber mein Auto war okay und machte keine Schwierigkeiten."

Frage: "War Kimi Räikkönens Performance heute überragend? Hätte er gewonnen, wenn er aus der ersten Startreihe losgefahren wäre?"
Alonso: "Ich weiß es nicht. Während des Rennens bekam ich von Kimi nichts mit. Ich war überrascht, als ich ihn auf dem Podium sah, denn er startete von ganz hinten - ich dachte, Jenson (Button; Anm. d. Red.) wäre Dritter. Er muss ein gutes Rennen geliefert haben. Vielleicht wäre es ein spannender Dreikampf geworden, aber man muss einmal abwarten, wie es aussieht, wenn er von vorne losfahren kann."

Alonso hat Respekt vor der starken Konkurrenz

Frage: "Bist du mit der Pace deines Autos zufrieden oder hättet ihr bei anderen Bedingungen schneller sein können?"
Alonso: "Nein, die Leistung war wie erwartet. Wir waren schnell, aber wir sind nicht so klare Favoriten wie von manchen erwartet. Alle haben gesagt, dass wir vor allen anderen sein würden, aber mir war immer klar, dass wir nicht das absolute Topteam sind. Es ist sehr knapp. Ferrari war hier vergangenes Jahr auch sehr schnell, aber damals hatten sie ein Hydraulikproblem. Jetzt müssen wir die nächsten Rennen abwarten. Es gibt Strecken, auf denen wir nicht testen können, also werden manche Teams wieder schneller sein und andere langsamer."

"Wir waren schnell, aber wir sind nicht so klare Favoriten wie von manchen erwartet." Fernando Alonso

Frage: "Was hat es mit deinem Stolzieren auf dem Podium auf sich?"
Alonso: "Das sage ich euch noch nicht, weil es ein Geheimnis ist. Später in der Saison werde ich es verraten."

Frage: "Es sieht nach einer sehr spannenden Saison aus, nicht wahr?"
Alonso: "Ja, es wird sicher interessant! Im Moment können vier Teams auf jeder Strecke gewinnen: Honda, McLaren, Ferrari und Renault. Alle sind siegfähig, was den Beginn dieser Saison sehr, sehr interessant macht."

Frage: "Bist du besorgt, dass Ferrari und McLaren-Mercedes näher an euch dran sein könnten als im Vorjahr?"
Alonso: "Nein, ich mache mir keine Sorgen. Wir haben die richtigen Leute und das richtige Auto, um die ganze Saison hindurch fighten zu können. In China haben wir die Fähigkeit unserer Ingenieure gesehen, wenn es darum geht, ein schnelles Auto zu bauen, mit dem man Rennen gewinnen kann. Dadurch wurden wir Konstrukteursweltmeister. Es stimmt, dass die anderen Teams während der Saison in den vergangenen zwei Jahren etwas schneller weiterentwickelt haben als wir, aber gerade deswegen müssen wir in der ersten Saisonhälfte so viele Punkte wie möglich holen."