• 17.07.2007 13:03

Das große Interview mit Sebastian Vettel

BMW Sauber F1 Team Shooting-Star Sebastian Vettel über seinen Alltag als Ersatzmann, seine Ziele in der Formel 1 und sein Vorbild Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com/sid) - Frage: "Rein ins Auto, raus aus dem Auto - nach nur einem Rennen bist du wieder auf der Ersatzbank gelandet. War es das vorerst mit der Formel 1?"
Sebastian Vettel: "Man kann nicht sagen, dass das Abenteuer Formel 1 für mich beendet ist. Zurückziehen werde ich mich ganz sicher nicht. Es war eine völlig andere Situation für mich in Indianapolis, wo ich mein erstes Rennen gefahren bin. Ansonsten wusste ich vor der Saison, was mich erwartet. Ich bin Ersatzfahrer. Das heißt, dass ich im Ernstfall einspringen darf oder muss."

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel hat ein großes Ziel: Formel-1-Weltmeister werden

Frage: "Das klingt nicht gerade nach Enttäuschung..."
Vettel: "So schlau bin ich schon, dass ich genau weiß, dass es beim nächsten Rennen ganz anders sein kann und ich wieder zuschauen muss. Zuschauen ist niemals schön, als Racer will man immer fahren. Wenn man das nicht kann, ist man logischerweise verärgert darüber. Ich habe jetzt aber keinen Grund, auf irgendjemanden sauer zu sein. Indy war ein tolles Wochenende und eine großartige Erfahrung für mich."#w1#

Halbherziges Dementi zu Transfergerüchten

Frage: "Was ist dran an den Gerüchten, dass du Stammfahrer bei Toro Rosso werden sollst?"
Vettel: "Ich habe auch nur davon gehört und weiß nicht, woher das kommt. Wirklich seriös wurde nicht darüber gesprochen. Ich habe mich damit nicht befasst, weil es gar nicht mein Thema ist. Aber so ist das halt mit den Geschichten in der Formel 1. Derzeit wird sogar darüber spekuliert, ob Michael Schumacher wieder zurückkommt. Ich finde das zum Teil amüsant, welche Theorien da in Umlauf sind."

"Ich mache hier sicher keinen Urlaub und langweile mich nur, sondern ich nutze meine Zeit." Sebastian Vettel

Frage: "Auf was konzentrierst du dich die nächsten Wochen?"
Vettel: "Auf das, was Sache ist. Ich bin ja bei allen Rennen dabei. Ich mache hier sicher keinen Urlaub und langweile mich nur, sondern ich nutze meine Zeit."

Frage: "Und wie?"
Vettel: "Ich schaue bei den Trainingssessions, dem Qualifying und im Rennen zu. Das ist natürlich nicht so spannend, weil man gerne selber fahren möchte. Ich bin auch sonst beim Team, bin bei allen Abläufen und bei jedem Meeting dabei. Ich bekomme mit, was am Auto verändert wird, was es für neue Teile gibt, was für eine neue Software verwendet wird und so weiter."

Frage: "Das klingt nicht gerade nach einem Rennfahrerleben..."
Vettel: "Aber dadurch bleibe ich immer auf dem neuesten Stand. Das ist wichtig, falls ich mal wieder einspringen muss, wenn einem der anderen beiden Fahrer irgendwas passiert - was sich allerdings niemand hier wünscht. Ich muss dennoch bereit sein und wissen, für was jeder Knopf da ist. Und zum anderen interessiert mich das alles. Es wäre wohl auch die falsche Einstellung, wenn ich an die Strecke kommen und denken würde: Oh, ich kann nicht fahren, da mache ich ein bisschen den Lenz und verzieh mich möglichst früh wieder. "

Frage: "Also keine Spur von Langeweile?"
Vettel: "Nein, mich interessiert das alles sehr. Ich rede mit den Leuten und kenne mittlerweile auch alle im Team. Wir sind alle Freunde geworden, egal, ob Fahrer, Mechaniker oder Ingenieure. Die schlimmste Zeit für mich ist, wenn die Autos fahren, dann kann ich wirklich nichts machen."

Frage: "Du bist jetzt 20 Jahre alt. Bis wann muss es mit dem Stammplatz in der Formel 1 klappen?"
Vettel: "Das kann man nicht am Alter festmachen, sondern muss es von Fall zu Fall entscheiden. Da ich aber mit grauen Haaren noch keine Probleme habe, kann ich auch noch nicht zu alt für die Formel 1 sein. Ich setze mich nicht unter Druck und gehe die Sache Schritt für Schritt an."

Ziel ist der Fahrer-WM-Titel

Frage: "Was sind deine Wünsche in der Formel 1?"
Vettel: "Ich will Rennen fahren, vorne mitmischen und gewinnen. Und dann natürlich irgendwann einmal Weltmeister werden, ganz klar. Dass das ein sehr hochgestecktes Ziel ist, weiß ich auch. Ich sehe aber keinen Grund, warum ich das nicht schaffen sollte."

"Da ist es doch verständlich, dass ich auch für dieses Team Rennen in der Formel 1 fahren möchte." Sebastian Vettel

Frage: "Siehst du deine Zukunft weiter bei BMW?"
Vettel: "Liebend gerne. Ich arbeite schon seit Anfang 2005 mit BMW zusammen, nachdem ich 2004 in der Formel BMW Meister geworden bin. Da ist es doch verständlich, dass ich auch für dieses Team Rennen in der Formel 1 fahren möchte."

Frage: "BMW scheint mittelfristig mit Nick Heidfeld und Robert Kubica gut aufgestellt. Musst du daher nicht zweigleisig planen und dich nach möglichen Alternativen umsehen?"
Vettel: "Es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Ich mache mir natürlich so meine Gedanken, aber ich muss erst abwarten, was mit Nick und Robert wird."

Frage: "Shootingstar Lewis Hamilton ist zwei Jahre älter als du. Wäre es für dich nicht ein Traum, in naher Zukunft einen ähnlich kometenhaften Aufstieg zu vollziehen?"
Vettel: "Ich kenne ihn schon vom Kartsport. Ich bin da zwar nie gegen ihn angetreten, weil er etwas älter ist. Aber in der Formel 3 sind wir Rennen gegeneinander gefahren. Ich kenne ihn ganz gut und würde sagen, dass wir befreundet sind. Er ist netter Typ, und wie man jetzt sieht auf der Rennstrecke nicht allzu langsam unterwegs. Er hat in seiner Karriere bisher alles richtig gemacht."

Frage: "Ralf Schumacher hat einmal gesagt, er sei in der Formel 1, weil man dort sehr schnell sehr viel Geld verdienen könne. Warum willst du Formel-1-Fahrer werden?"
Vettel: "Weil ich die besten Rennfahrer der Welt schlagen will. Mein Traum ist es, mein Hobby zum Beruf zu machen. Wenn ich dabei noch etwas verdienen kann - umso besser."

Michael Schumacher ist das Vorbild

Frage: "Wie wichtig war Michael Schumacher für deine Karriere?"
Vettel: "Sehr wichtig, denn er war es, der das Thema Formel 1 in Deutschland wiederbelebt hat. Er hat für viele Nachwuchsfahrer eine Situation geschaffen, leichter Sponsoren zu finden und damit Karrieren angeschoben."

Sebastian Vettel, Michael Schumacher und Nick Heidfeld

Sebastian Vettel mit seinem Vorbild Michael Schumacher und Nick Heidfeld Zoom

Frage: "Ist Michael Schumacher ein Idol für dich?"
Vettel: "Ich denke schon, dass er als Rennfahrer ein Vorbild für mich ist. Die Ära von Leuten wie Senna oder Prost habe ich ja aktiv gar nicht mitbekommen. Als Michael seinen zweiten WM-Titel 1995 gewonnen hat, habe ich gerade mit dem Kartsport angefangen. Seine Rennen habe ich verfolgt und ihm natürlich auch die Daumen gedrückt."

Frage: "Bedauerst du, dass er schon aufgehört hat und du nicht mehr gegen ihn Rennen fahren kannst?"
Vettel: "Nein, denn es kommen immer wieder Fahrer nach, die das Niveau hochhalten und mit denen man sich messen möchte. Ein Beispiel dafür ist Fernando Alonso oder nun auch Lewis Hamilton. Deshalb bin ich nicht traurig, dass ich nicht mehr gegen Michael Rennen fahren kann, er verkörpert ja eine ganz andere Generation. Es gibt immer wieder neue Fahrer, die gut genug sind und an denen man sich die Zähne ausbeißen kann."

Frage: "Es gibt immer wieder Gerüchte, dass Michael Schumacher für Ferrari ein Comeback geben könnte. Was hältst du davon?"
Vettel: "Wenn er zurückkommen möchte und die Möglichkeit hat, dann soll er das tun. Wenn nicht, soll er es sein lassen. Das ist ganz allein seine Sache."

Frage: "Was bist du privat für ein Autofahrer, ein Raser oder eher ein ruhiger Typ? Hast du neben deinem einen WM-Zähler auch schon Punkte in Flensburg?"
Vettel: "Nein, Punkte gibt es absolut keine, denn ich habe einen Schweizer Führerschein. Ein Grund, warum ich auch Rennfahrer bin, ist, dass ich Spaß habe, schnell Auto zu fahren. Das kann ich auf der Rennstrecke ausleben, ohne dass mir jemand in die Quere kommt. Im Straßenverkehr bin ich eher ein ruhiger Autofahrer und sage mir: Egal, ob ich fünf Minuten früher oder später ankomme. Hauptsache, ich komme an."