• 17.06.2002 10:37

  • von Fabian Hust

Das Fahrerkarussell beginnt sich zu drehen

Noch hat kein Team eine Fahreränderung bekannt gegeben, aber hinter den Kulissen zeichnen sich erste Veränderungen ab

(Motorsport-Total.com) - So langsam aber sicher beginnt sich das Fahrerkarussell in der Formel 1 zu drehen. Die Briten nennen das die "Silly Season" also so viel wie die "Sauregurkenzeit". Es gibt nichts aus der Formel 1 zu berichten, also schreibt man dem einen oder anderen Fahrer einen Teamwechsel zu. Das geht teilweise so weit, dass es die Teamchefs satt haben, die Gerüchte zu dementieren. "When the flag drops, the bullshit stops", bekommt man dann häufig zu hören. Das heißt so viel wie "Wenn die Flagge fällt, hört der Unsinn auf."

Titel-Bild zur News: Formel-1-Fahrer

Der eine oder andere Fahrer wird seinen Overall für 2003 wechseln müssen...

Bis die Saison 2003 beginnt, ist noch eine Weile hin, es bleibt also genügend Zeit, über mögliche Fahrerpaarungen zu spekulieren. Traditionell werden die Fahrerpaarungen bei den Top-Teams recht früh bekannt gegeben, um eben diese unangenehmen Gerüchte einzudämmen, die Unruhe in das Team bringen. Bei den kleinen Teams, die auf zahlungskräftige Fahrer angewiesen sind, kann die Bekanntgabe schon einmal bis kurz vor Saisonstart auf sich warten lassen. Die Tatsache, dass ein paar Teams akut kurz vor dem finanziellen Kollaps stehen, dürfte in dieser Saison zu ungewöhnlich vielen Gesprächen zwischen Fahrern und Teamchefs führen. Wir haben für Sie einmal den aktuellen Stand der "Silly Season" zusammengefasst.

Ferrari
Schon Anfang Mai gab Ferrari bekannt, dass Rubens Barrichello bis in die Saison 2004 bei Ferrari bleiben wird. Damit stellte man die monatelang herumschwirrenden Gerüchte ab, ein Fahrer wie Felipe Massa könnte seinen Landsmann ersetzen. Michael Schumacher ist ebenfalls bis 2004 gesetzt, Rücktrittsgerüchte des bald wohl fünffachen Formel-1-Weltmeisters entbehren jeder Grundlage. Im Weltmeisterteam ändert sich also auf der Fahrerseite nichts.

BMW-Williams
Ralf Schumacher wird in der kommenden Saison ebenfalls bei den Weiß-blauen fahren. Juan-Pablo Montoya hat seinen Vertrag noch nicht verlängert, aber es gilt als sicher, dass der Kolumbianer auch 2004 bei BMW-Williams fahren wird. Eine Rückkehr von Jenson Button hat das Team jüngst als "sehr unrealistisch" bezeichnet. Im Team von Frank Williams wird sich also bei der Fahrerpaarung ebenfalls nichts ändern.

McLaren-Mercedes
Etwas undurchsichtig ist die Lage derzeit bei den Silbernen. Kimi Räikkönen wird wohl im Team bleiben, zu gut war sein Einstand und zu hoch seine Ablösesumme, die man an das Sauber-Team zahlte, als dass man es sich leisten könnte, ihn an ein anderes Team auszuleihen oder ihn zum Testfahrer zu degradieren. Mika Häkkinen könnte zurückkommen, aber das gilt als sehr unwahrscheinlich, auch wenn jüngst Berichte in der finnischen Presse aufgetaucht sind, dass sich Häkkinen einen neuen Helm entwickeln lässt, angeblich für sein Comeback.

David Coulthard versichert, dass er für die nächste Saison einen Vertrag besitzt, doch es gibt Stimmen die besagen, dass es die letzte Saison des Schotten bei McLaren-Mercedes sein wird. "Mir wurde gesagt, dass DC im nächsten Jahr nicht mehr bei McLaren sein wird", so Ex-McLaren-Fahrer John Watson im 'Sunday Mirror'. "David ist für Kimi Kanonenfutter. David ist nicht die Zukunft von McLaren, die ist Kimi. David war immer wie ein Adoptivsohn gewesen. Er weiß, dass er dort ist, um einen Job zu erledigen. Es gibt zu Ron keine enge Beziehung."

Der heutige TV-Kommentator glaubt, dass Ron Dennis sich statt David Coulthard einen talentierten und vor allen Dingen billigeren Fahrer holen wird: "Ich respektiere die Art und Weise, wie Ron sein Team leitet, aber er ist völlig pragmatisch. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Jungs in seinem Team auf Zitronen herumkauen. Sie lächeln einfach nicht. Ron ist ein reicher Mann, aber er möchte als harter Mensch angesehen werden und im Zusammenhang mit dem Geschäft ist er das auch. Er hat in Sachen Geld seine Lektion mit Senna gelernt. Er hat bemerkt, dass er ihm viel zu viel gezahlt hat und dass er das Geld besser für die Entwicklung des Autos hätte ausgeben sollen."

Wer allerdings in die Fußstapfen von David Coulthard treten könnte, ist derzeit noch unklar. Der Schotte hat immerhin bewiesen, dass er Rennen gewinnen kann, wenn man ihm ein gutes Auto zur Verfügung stellt, aber vielleicht ist er mittlerweile tatsächlich zu teuer. Für Fahrer wie Nick Heidfeld müsste Dennis aber ebenfalls tief in die Tasche greifen, da hier eine Ablösesumme fällig wäre. Dass Alexander Wurz zum Einsatzpiloten aufstrebt, gilt als unwahrscheinlich. Dafür gab es zu wenige Anzeichen, zu wenig positives Feedback des Teams und zu viele Gerüchte, dass Wurz zu einem anderen Team wechselt.

Renault
Bei Renault könnte sich im kommenden Jahr ebenfalls etwas verändern. Während Jarno Trulli gesetzt ist, könnte Jenson Button durch Testfahrer Fernando Alonso oder einen anderen Fahrer ersetzt werden. Nachdem man am Auto von Trulli ein Problem gefunden hat, sieht der Brite beinahe genauso blass aus wie gegen Fisichella im letzten Jahr. Der Platz bei den aufstrebenden Franzosen dürfte sehr begehrt sein, doch noch ist unklar, welche Fahrer eine echte Alternative zu Button sein könnten. Insider rechnen damit, dass Teamchef Flavio Briatore Anfang Juli im Vorfeld zum Großen Preis von Großbritannien allen Unkenrufen zum Trotz die Vertragsverlängerung mit Jenson Button bekannt geben wird.

Sauber
Bei Sauber steht die Fahrerpaarung für die kommende Saison noch nicht fest. Beide Fahrer könnte Teamchef Peter Sauber behalten aber ebenso verlieren. Nick Heidfeld müsste allerdings durch eine Ablösesumme freigekauft werden, Felipe Massa besitzt nach eigener Aussage die Möglichkeit, das Team zu verlassen, falls ein Angebot durch ein Top-Team erfolgt. Gute Alternativen gibt es für Sauber im Moment nicht, der Schweizer wird wohl alles daran setzen, mit seiner jungen und schnellen Fahrerpaarung auch in der kommenden Saison an den Start gehen zu können.

Jordan-Honda
Eddie Jordans neuer und alter Lieblingsfahrer Giancarlo Fisichella wird auch in der kommenden Saison bei den Gelben fahren. Auch Takuma Sato gilt nach offizieller Aussage des Teams gesetzt. Sollte Honda dem Team als Werkspartner den Rücken zuwenden, so wäre es nicht verwunderlich, wenn Jordan den Japaner vor die Türe setzen würde. Sato zeigte leider nicht wie erhofft, dass er ein extrem schneller Fahrer ist. Manchmal war er flott unterwegs, doch meistens fuhr er zu aggressiv, was in zahlreichen Ausrutschern und schweren Unfällen endete. Trotz aller Probleme dürfte Jordan keine Probleme haben, einen möglichen Ersatzfahrer zu finden. Dabei dürfte wegen der anhaltenden finanziellen Engpässe aber auch der Geldgedanke eine wichtige Rolle bei der Verpflichtung eines Fahrers spielen.

Jaguar
Bei Jaguar wird damit gerechnet, dass Niki Lauda Pedro de la Rosa behalten möchte und Eddie Irvine wegen seines hohen Gehalts nicht halten wird. Nur wenn der Ire einer saftigen Gehaltskürzung zustimmt, rechnet man mit dem Verbleib des Ex-Vizeweltmeisters bei den Grünen. Die Liste jener Fahrer, die mit einem Vertrag bei dem kränkelnden Team in Verbindung gebracht wird, ist überraschend lang. So könnten die Testfahrer André Lotterer oder James Courtney zum Einsatzfahrer aufgewertet werden. Als erfahrenere Piloten wurden McLaren-Testfahrer Alexander Wurz und Minardi-Pilot Mark Webber in den letzten Wochen mit einem Platz bei Jaguar in Verbindung gebracht. Jenson Button soll angeblich ein Angebot erhalten, es aber abgelehnt haben. Lauda dürfte besonders an einem Fahrer mit großem technischem Entwicklungspotenzial interessiert sein. Das lenkt das Interesse natürlich auf Wurz. Doch ob sich der Österreicher dies antun wird, ist fraglich.

Minardi-Asiatech
Dass sich Mark Webber nach Alternativen umhört ist verständlich, denn das Team steht auf der Kippe. Es ist nicht sicher, dass man auch in der kommenden Saison noch am Start sein wird. Bei den Italienern kann kein Fahrer etwas erreichen, ein talentierter Fahrer wie Webber wird deshalb bemüht sein, eine Alternative zu finden. Alex Yoong wird wegen seiner Millionen, die er in das Team mitbringt, auch in der kommenden Saison für das Team fahren. Sollte Webber das Team verlassen, wird Stoddart bemüht sein, einen Fahrer zu finden, der erneut einige Millionen in das Team mitbringt.

Toyota
Mika Salo ist für die kommende Saison bereits gesetzt. Allan McNish hingegen sah gegen den Finnen etwas alt aus und ihm droht die Ablöse durch einen Fahrer, der ob des Alters des Schotten zwangsläufig eine Ecke jünger wäre. "Ich habe gehört, dass Toyota auf der Suche nach Fahrern ist", so John Watson. Neustes Gerücht: David Coulthard wäre als Top-Teamfahrer ein heißer Kandidat bei den Japanern. "Das wäre für ihn eine gute Wahl", glaubt Watson. Aber auch Alexander Wurz wird als möglicher Fahrer gehandelt. Und es gab zuletzt auch erste Annäherungsgespräche mit Minardi-Pilot Mark Webber.

Der Ruf von Toyota ist schon nach der ersten Saison gut und man kann davon ausgehen, dass sich Teamchef Ove Andersson den einen oder anderen Top-Fahrer angeln könnte. Der Traumfahrer wäre wohl ein Pilot, der technisch sehr versiert ist, über eine hohe Grundschnelligkeit verfügt und PR-Arbeit nicht verabscheut. Das lenkt die Aufmerksamkeit zwangsläufig auf Fahrer wie Frentzen oder Wurz. Doch ob Theorie und Praxis übereinstimmen, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen.

Arrows
Es geht das Gerücht um, wonach Red Bull 49 Prozent des Teams übernehmen wolle. Das würde den Platz von Enrique Bernoldi absichern, der vom Energiegetränkehersteller schon seit Jahren gefördert wird. Heinz-Harald Frentzen gilt als Wackelkandidat. Er würde wohl ein gutes Angebot eines anderen Teams annehmen, wenn er dort mehr Aussicht auf Erfolg sieht, denn im Team von Tom Walkinshaw wird derzeit das Geld knapp, was bei einem Einstieg von Red Bull allerdings zumindest kurzfristig nicht mehr der Fall wäre. Durch seine tollen Vorstellungen und der Aufbauarbeit bei Prost wie Arrows dürfte Frentzens Marktwert deutlich gestiegen sein. Dies zwingt Walkinshaw dazu, dem Mönchengladbacher ein höheres Gehalt zu zahlen.

BAR-Honda
Bei BAR-Honda ist die Lage sehr prikär. Auf der einen Seite bleiben die Erfolge aus und man benötigt dringend Geld für die Entwicklung und um die Schulden abzubauen. Auf der anderen Seite hat man mit Jacques Villeneuve den zweitteuersten Fahrer im Feld, der aber dummerweise Anteile am Team hält. Die einzige logische Entscheidung des neuen Teamchefs David Richards wäre, dem Kanadier entweder keinen neuen Vertrag zu geben oder aber sein Gehalt drastisch zu kürzen. Nach Aussage von Ex-Teamchef und Manager Craig Pollock besitzt der Ex-Weltmeister für die Saison 2003 allerdings schon einen Vertrag.

Das Cockpit von Olivier Panis gilt hingegen als relativ sicher. Den Platz von Villeneuve könnte Alexander Wurz einnehmen, der mit dem Team in den letzten Wochen in Verbindung gebracht wurde. Damit hätte das Team mit Panis und Wurz zwei ehemalige McLaren-Testfahrer verpflichtet. Soweit zumindest die Theorie...