Danner: "Webber ist mehr der Typ Arbeiter mit Biss als Vettel"

(Motorsport-Total.com) - Was will man mehr? Die Formel-1-Saison 2010 sorgt nicht durch große Skandale, sondern durch spannende Rennen und viel Zündstoff im Titelkampf für Aufsehen. Einerseits ist es das Duell der zwei Topteams McLaren und Red Bull, das die Formel 1 elektrisiert, andererseits ist es die Stallrivalität innerhalb der jeweiligen Rennställe, die die Funken sprühen lässt. Und als Draufgabe gibt es da noch das Sensations-Comeback von Rekordweltmeister Michael Schumacher, der sich dabei überraschend schwer tut.

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Expertenrunde: Lauda und Berger lauschen den Worten von Christian Danner

Gerade vor dem Heimrennen in Hockenheim war die bislang magere Bilanz des Mercedes-Superstars das dominierende Thema in den Medien. Nicht aber für RTL-Co-Kommentator und Formel-1-Experte Christian Danner: "In der Formel 1 ist das gar nicht das vorrangige Thema, sportlich steht doch das spannende Duell zwischen McLaren und Red Bull eindeutig im Vordergrund."#w1#

Dennoch sorgen Schumachers nicht von Erfolg gekrönte Versuche, seinen Teamkollegen endlich in den Griff zu bekommen, auch bei Danner für Rätselraten: "Angesichts der aktuellen Dominanz von Nico Rosberg muss man sich tatsächlich fragen, was da los ist. Meine Meinung dazu: Michael hat nach wie vor das Problem, dass er mit diesem Auto nicht klar kommt. Er kann damit nicht so fahren, wie er das will und kann sich auch nicht auf das Auto einstellen."

Danner kann Kritik an Schumacher nachvollziehen

Dass Schumi angesichts seiner mangelnden Erfolge von den Medien hart angefasst wird, kann Danner durchaus nachvollziehen: "Er hat den Deutschen stets erklärt und gezeigt, dass er über das Wasser über das Wasser laufen kann. Er fuhr einfach schneller als die anderen, aber jetzt fährt er langsamer als sein Teamkollege und viele andere. Diese Diskrepanz zwischen dem Superstar-Mythos und der jetzigen Performance ist derzeit so groß, dass die Öffentlichkeit nicht weiß, wie sie damit umgehen soll."

Dennoch findet der deutsche Ex-Formel-1-Pilot, dass man Schumacher für seinen Mut zum Comeback respektieren sollte: "Ich bewundere ihn auf das Höchste, sein Comeback so hingelegt zu haben. Aber er ist aufgewacht in der Realität, und das ist der Unterschied zu früher." Während Nico Rosberg weiterhin an seine Titelchancen glaubt, hat sein Teamkollege die Saison laut eigenen Angaben bereits abgehakt und konzentriert sich auf 2011.

Doch ist der Anspruch, in der kommenden Saison Weltmeister zu werden, angesichts der Chancenlosigkeit gegen Rosberg nicht ein krasser Realitätsverlust des siebenfachen Weltmeisters? "Nicht unbedingt, denn er ist hundertprozentig sicher, dass er so schnell sein kann wie früher und dass ihm Ross Brawn nächstes Jahr ein Auto baut, was ihm passt", meint Danner, gibt aber zu bedenken: "Ich bin etwas skeptisch, denn mit dem neuen Auto fährt auch Nico Rosberg schneller. Bis jetzt hat es Schumacher jedenfalls nicht geschafft, auf Rosbergs Niveau zu fahren."

Warum es McLaren leichter hat als Red Bull

So klar das Stallduell bei Mercedes zugunsten von Youngster Rosberg ausfällt, so ausgeglichen ist die Situation bei Red Bull. Die Teamführung der "Bullen" musste zuletzt viel Kritik einstecken - viele haben den Eindruck, dass Sebastian Vettel gegenüber seinem Stallrivalen Mark Webber bevorteilt wird. Doch Christian Danner bricht eine Lanze für Red Bull: "Ich finde es super, dass ein Team, welches um die WM fährt, seine zwei gleich schnellen Fahrer einfach fahren lässt. Der Stärkere setzt sich durch."

Auch das Argument, dass es unsensibel sei, zwei Alphatiere als Fahrer zu verpflichten, weil dadurch Machtkämpfe vorprogrammiert sind, hält er für nicht angebracht: "In der Formel 1 gibt es doch nur Alphatiere. Selbstverständlich hat jeder den Anspruch, das beste Material zu bekommen und zu gewinnen. Sebastian Vettel hat mehr Talent als Webber, der wiederum hat mehr Erfahrung und ist mehr der Typ Arbeiter mit Biss und mentaler Stärke."

Warum die Stallrivalität zwischen Lewis Hamilton und Jenson Button bei McLaren zuletzt deutlich weniger angespannt war als bei Red Bull, hat für Danner klare Gründe. Ausschlaggebend sei nicht der sensible Umgang von Teamchef Martin Whitmarsh mit seinen Fahrern, sondern schlicht und einfach die einfachere Ausgangssituation: "Der Unterschied besteht natürlich darin, dass McLaren schon zigmal die WM gewonnen hat und beide Fahrer schon einmal Weltmeister waren. Das nimmt den großen Druck heraus, die Stimmung im Team ist dadurch viel entspannter."