• 12.08.2004 19:06

Coulthard: Warum sollte ich sonst morgens aufstehen?

David Coulthard über seine eigene Zukunft, die Entscheidung von Jenson Button, den MP4-19B und die Reifenwahl für Budapest

(Motorsport-Total.com) - Frage: "David, hast du eine ruhige Pause gehabt? Ich habe gehört, dass du mit Jenson unterwegs warst. Stimmt das?"
David Coulthard: "Das hängt davon ab, in welchem Sinne man meint, dass ich mit ihm unterwegs war. Aber ja, wir sind während eines Teils unserer Ferien gemeinsam gereist. Ich hatte eine großartige Pause. Ich habe die erste Woche damit verbracht, in den Bergen zu trainieren und die zweite Woche habe ich komplett auf einem Boot verweilt. Das war sehr gut, es war gut, diese Pause zu haben und wie du schon gesagt hast, habe ich einen Teil davon zusammen mit Jenson verbracht. Danach bin ich nach Monaco zurückgekehrt, wo ich mich auf meine Ankunft hier vorbereitet habe."

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard: Kein Top-Team hat mehr Platz für ihn

Frage: "Machst du dir im Moment Sorgen, dass so viele Fahrer von ihren Teams weggehen müssen?"
Coulthard: "Ja, jetzt wo du es erwähnst. Ich habe nie wirklich so darüber nachgedacht. Es sind noch einige Plätze verfügbar und wir werden rechtzeitig herausfinden, ob davon einer für mich verfügbar ist."#w1#

Besser ein zu später als gar kein Aufschwung

Frage: "Und jetzt feiert McLaren seine große Auferstehung, was denkst du darüber?"
Coulthard: "Meiner Meinung nach ist das gut, es kommt ein wenig zu spät in der Saison, aber besser spät als niemals und es zeigt, was wir während einem Jahr leisten können. Normalerweise sagt man, dass wenn man mit einem schlechten Paket in die Saison startet, die Saison damit gelaufen ist. Aber dies zeigt die Ressourcen, die sie haben, und mit denen sie das Ding umdrehen konnten."

Frage: "Wird denn noch mehr kommen?"
Coulthard: "Das weiß man nicht, bevor man nicht auf die Strecke gegangen ist, aber potenziell werden wir bei diesem Rennen mehr Leistung haben. Die Strecke erfordert natürlich eine andere aerodynamische Abstimmung als wir sie in den letzten paar Rennen hatten, wir müssen aus diesem Grund erst einmal sehen, wo wir in Relation zu den anderen stehen. Was die Reifenwahl angeht, so haben wir diese in Hockenheim ein wenig anders vorgenommen als die anderen Michelin-Teams und ich denke, dass dies eine gute Wahl war. Es gibt ein paar andere Teams, die hier den gleichen Reifen verwenden wie wir, dem müssen also erst einmal abwarten, wie dies als Paket funktioniert."

McLaren mit zu konservativer Reifenwahl?

Frage: "Hast du in die Leistung der Michelin-Reifen hier großes Vertrauen?"
Coulthard: "Ja. Meiner Meinung nach hatten wir in Hockenheim nicht die heißen Temperaturen, die wir vielleicht erwartet hatten und das bedeutete, dass die Reifen, die wir ausgewählt hatten, keine Blasen warfen. Hier scheinen die Temperaturen erneut nicht so heiß zu sein, wie in den Jahren zuvor und ich denke, dass es laut dem aktuellen Wetterbericht sogar noch weniger heiß werden könnte. Vielleicht sind wir aus diesem Grund mit unserer Reifenwahl ein wenig zu konservativ gewesen. Aber es ist besser, dass man vielleicht zu konservativ ist als dass man Reifen hat, die Blasen werfen und man an Leistung einbüßt."

Frage: "Und was die Zuverlässigkeit angeht?"
Coulthard: "Nun, abgesehen von Kimis Problem in Hockenheim scheint der Rest des Wagens ziemlich stark zu sein. Das Team versteht exakt, was passiert ist. Dies wird hoffentlich dieses Rennen hier nicht mehr beeinflussen, weil wir mit anderen Flügeleinstellungen fahren und ich bin mir sicher, dass es für die Zukunft ausgeräumt sein wird."

Frage: "Und auch der Motor scheint zuverlässiger zu sein..."
Coulthard: "Wir haben seit dem Beginn des Jahres einen massiven Schritt in Bezug auf die Leistung nach vorne gemacht und er scheint deutlich zuverlässiger zu sein. Es ist unglaublich, wie man mehr Leistung und mehr Zuverlässigkeit erzielen kann. Man würde doch denken, dass es andersherum ist - wenn man Leistung bekommen, dann verliert man Zuverlässigkeit, aber bisher scheint es ein großer Schritt zu sein."

Der neue MP4-19B ist noch nicht perfekt

Frage: "Was ist mit dem Chassis, kannst du nun, wo du es ein paar Mal gefahren bist, mehr darüber sagen? Warum ist es um so viel besser als das Alte?"
Coulthard: "Ich denke, dass es manchmal schwieriger ist zu beschreiben, wo die Leistung von einem Auto herkommt als jene, die von einem Motor herkommt. Motorleistung kann man spüren. Ihr alle könnte in ein Straßenauto klettern und sagen, dass es sich nach viel Leistung anfühlt. In einem Rennfahrzeug ist es eine massive Steigerung in Bezug auf jede Runde, wenn man eine halbe Sekunde aus dem Auto herausholt, auch in Bezug auf Startaufstellung. Aber eigentlich ist eine halbe Sekunde um 14 Kurven herum nicht so viel. Es ist aus diesem Grund eine ziemlich schwere Angelegenheit, eine halbe Zehntelsekunde in einer Kurve tatsächlich zu spüren."

"Die typische menschliche Reaktionszeit beträgt 200 Millisekunden, um es knapp zu sagen, man kann den Unterschied in einem Auto kaum spüren. Es verfügt über eine bessere Stabilität im Heck, das gibt einem beim Anbremsen Vertrauen. Es hat noch ein paar Eigenschaften des 19er-Modells von denen ich nicht glaube, dass sie gute Eigenschaften sind, aber ich möchte mich nicht über die Verbesserungen beschweren, die vorgenommen worden sind. Die gesamte Rundenzeit ist einfach schneller und ich denke, dass dies einem ein Lächeln auf das Gesicht treibt."

Coulthard gibt sich über seine Zukunft bedeckt

Frage: "Kannst du uns etwas über deine Zukunft verraten? Wie groß sind deine Hoffnungen, dass du kommendes Jahr einen Platz ergattern kannst? Es geht das Gerücht um, dass Jarno Trulli diese Woche für Toyota unterschrieben hat. Das bedeutet, dass nur Jaguar noch als Option zur Verfügung steht. Kannst du uns darüber etwas sagen?"
Coulthard: "Ich kann nicht spezifisch über Gespräche sprechen, bis ich eine Bekanntgabe zu machen habe und so bin ich schon immer umgegangen, wenn es um Verträge geht. Aber ich bin hoch motiviert, weiterhin Rennen zu fahren. Ich war überrascht zu hören, dass einige der Internetseiten und Magazine in Frage gestellt haben, wie hungrig ich noch bin. Wie sehr ich noch Rennen fahren möchte? Nun, sehr. Ich habe keine Frau, ich habe keine Kinder, ich habe abgesehen vom Rennsport keinerlei Verpflichtungen in meinem Terminkalender."

"Ich sollte mich vielleicht an den Geburtstag meiner Freundin später im Jahr erinnern, aber abgesehen davon gibt es nichts anderes in meinem Leben, warum ich morgens aus dem Bett steigen sollte. Aus diesem Grund ist meine Motivation und meine Widmung absolut vorhanden. In meinem Lebenslauf steht, dass ich heute der zweiterfolgreichste Fahrer in der Startaufstellung bin und das ist nicht durch einen Unfall zustande gekommen, es kam durch Talent und harte Arbeit zustande und hoffentlich wird das erkannt und ich möchte darauf weiterhin aufbauen."

Auch bei BAR hat sich Coulthard beworben

Frage: "Es muss wohl vergangene Woche einen Moment gegeben haben, als du dich in der Sonne entspannt hast und die Sache mit Jenson heraus kam. Du musst wohl gedacht haben, dass dies für deine eigene Cockpit-Suche nicht schlecht ist. Hast du BAR im Visier?"
Coulthard: "Absolut. Alle verfügbaren Plätze sind im Visier und ich denke, dass die Leistung von BAR in diesem Jahr ziemlich offensichtlich fantastisch war und es gibt keinen Grund zu erwarten, dass sie kommende Saison weiter zurückliegen werden. Ich kann natürlich Jensons Wunsch verstehen, zu Williams zu gehen, aber im Moment macht BAR die bessere Arbeit, einen konstanteren Job."

Frage: "Ich möchte dir eine Frage zur Dominanz von Michael Schumacher und Ferrari stellen. Ich habe realisiert, dass wir damit leben müssen, aber ich habe auch bemerkt, dass es an euch und den Teams ist, sie zu schlagen. Aber aus der Sicht des Zuschauers, aus der Sicht der Unterhaltung, aus dem Standpunkt der Fans, ist die konstante Dominanz eines Fahrers und eines Teams für die Formel 1 gut?"
Coulthard: "Ich kenne die definitive Antwort nicht. Von dem, was mir gesagt wurde, sind die Einschaltquoten immer noch gut. Ich denke nicht, dass die Leute die Formel-1-Rennen einschalten, weil sie ein absolutes Formel-1-Spektakel sehen möchten. Ich denke, dass es viele andere Formen des Motorsports gibt, die einem dies geben, aber gleichzeitig schauen die Leute, wenn sie wissen, dass ein Space Shuttle gestartet wird, auch wenn dies schon oft passiert ist. Dies ist einfach ein etwas unantastbarer Aspekt der Formel 1: die Technologie, die schnellsten Autos, alles, die glamourösen Locations."

"Das sind alles Dinge, die die Zuschauer anziehen, ob ein Team nun dominant ist oder nicht. Fakt ist, dass sie innerhalb der Regularien bessere Arbeit verrichteten als der gesamte Rest. Alle Elemente ihres Paketes erlauben es ihnen, so konstant und so stark zu sein. Ich bewundere ihren Erfolg und strebe es an, Teil einer Organisation zu sein, die dies ebenfalls erreichen kann. Damit möchte ich sagen, dass ich nicht sehen kann, warum dies schlecht für den Sport sein soll. Wie im Fußball, Boxen oder was auch immer, gibt es immer einen Kerl oder ein Team, das eine Periode der Dominanz hat. Es ist die fünfte Meisterschaft, es ist also kein Jahrzehnt der Dominanz."

Coulthard will vor allem eine Perspektive sehen

Frage: "Ist es möglich, dass wir dich kommendes Jahr in einem schlechteren Team sehen, in einem Team, das nicht gewinnen kann? Könntest du dir vorstellen, einen Schritt zurückzumachen und dann in der Zukunft eine weitere gute Möglichkeit in einem guten Team zu erhalten oder siehst du dich nach einem Sieger-Team um?"
Coulthard: "Nun, wenn ich mich nur nach den Top 4 in der Meisterschaft umschaue, dann sind sie bisher alle weg. Ich möchte natürlich ein konkurrenzfähiges Auto haben und die Möglichkeit haben zu genießen, was ich so gerne tue, also auf die Strecke zu gehen und Rennen zu fahren. Egal, ob man im Voraus weiß, dass man in den ersten beiden Reihen stehen wird oder nicht, wenn man das Gefühl hat, dass man sich selbst antreiben kann und ein Teil eines sich entwickelnden Paketes ist, dann kommt dies auf das gleiche raus. Schaut euch doch einmal an, wo wir zu Beginn dieses Jahres bei McLaren standen: nirgendwo. Bis Magny-Cours wurden wir bei fast allen Rennen überrundet. Das hätte man wohl nicht erwartet, aber es ist passiert, das wirft mich aber nicht aus der Formel 1."

Coulthard glaubt, dass Button weiß, was er tut

Frage: "Denkst du, dass Jenson einen Fehler gemacht hat, dass er von Williams zu BAR geht?"
Coulthard: "Ich denke, dass sie fantastische Arbeit geleistet haben und unter David Richards Führung gibt es absolut keinen Grund, warum sie nicht darauf aufbauen sollten. Zunächst einmal muss festgestellt werden, ob er wirklich dorthin geht. Und wenn er es tut und es nicht funktioniert, dann wird es viele Leute geben, die sagen, ich habe es doch gesagt, dass es eine schlechte Entscheidung ist."

"Die Wahrheit ist, dass er alle Fakten hat, um seine Entscheidung zu treffen und ich nehme an, dass wir irgendwann genau herausfinden werden, was ihn dazu verleitet hat, diese Entscheidung zu treffen. Wie auch immer, er ist ein Freund, er ist ein Konkurrent und ich wünsche ihm, dass er mit dem, was er tut, glücklich ist, damit zurechtkommt und nicht zu sehr von den Entscheidungen anderer Leute abgelenkt wird."

Frage: "Kannst zu dir vorstellen, dass er zu BAR zurückkehrt?"
Coulthard: "Ja, das könnte passieren. Aber logischerweise würde man natürlich sagen, dass in der Beziehung ein Schaden vorhanden ist, schlussendlich sind dies keine Heiraten, die man eingehen wird. Bis uns der Tod scheidet, sind dies alles Heiraten des Vertrauens. Man ist verliebt bis an den Tag, an dem man sich entscheidet zu gehen. C'est la vie."

Frage: "Bald beginnen die olympischen Spiele, gibt es einen bestimmten Athleten, dessen Leistungen zu genau verfolgen wirst?"
Coulthard: "Ich habe das Ganze im Vorfeld nicht richtig verfolgt. Da kommt mir keiner plötzlich in den Sinn."