Coulthard: "Glaube nicht, dass ich wild bin"
Der neue David Coulthard schwärmt weiterhin von seinem Leben bei Red Bull und setzt sich selbst unverändert ehrgeizige Ziele
(Motorsport-Total.com) - Seit David Coulthard keine silbernen McLaren-Mercedes-Overalls mehr trägt, sondern nur noch die lässigen Red-Bull-Outfits, wirkt der 34-Jährige wie ausgewechselt: Sein gepflegter schottischer Akzent ist gnadenlosem Slang gewichen, in dem auch das Wort "Bugger" (frei übersetzt: "Scheißkerl" oder "Schwuchtel") schon mal vorkommen darf, die grauen Haare werden nicht mehr verkrampft mit Farbe kaschiert und der Bart darf durchaus auch länger sprießen als nur drei Tage lang.

© Red Bull
Red Bull verleiht Flügel - seit dieser Saison auch Routinier David Coulthard
Woher dieser Sinneswandel kommt, erklärte Coulthard in einem Interview mit dem 'Spiegel': "Red Bull will andere Werte als McLaren-Mercedes vermitteln: frei sein, seinen eigenen Kopf haben, nicht angepasst sein, eine eigene Meinung vertreten", so der Schotte. "Dietrich Mateschitz, der Chef von Red Bull, hat mir das alles erklärt und mich ermutigt, mich so zu geben, wie ich nun einmal bin. Er hat mir versichert, ich könne alles sagen, was ich will, solange ich nicht behaupte, dass Red Bull ein entsetzliches Getränk sei."#w1#
"Respekt vor der Marke" bei McLaren-Mercedes
Doch auch wenn in den Medien immer wieder vom engen PR-Korsett gesprochen wird, in welches sich jeder McLaren-Mercedes-Fahrer zwängen muss, findet Coulthard, dass er "nie" eingeschränkt wurde, als er zwischen 1996 und 2004 für das britisch-deutsche Team an den Start ging: "Es gab vielmehr einen Respekt vor der Marke, einer Luxusmarke", erklärte er. "Deshalb war es selbstverständlich, sich in einer angemessenen Art und Weise zu benehmen und zu handeln."
Der Wechsel von den "Silberpfeilen" zu Red Bull sei ihm zwar keineswegs wie ein Kulturschock vorgekommen, gewisse Veränderungen will er aber nicht leugnen: "Bei Red Bull ist die Kultur etwas anders. Das fängt schon bei unserer Kleidung an", sagte er. Und weiter: "Sehen Sie, es gibt nach wie vor zwei Elemente in meinem Leben: Das Privatleben, das sich im Prinzip nicht verändert hat, und das Berufsleben, in dem die Dinge jetzt etwas entspannter ablaufen."
"Ich glaube nicht, dass ich wild bin", fuhr der 13-fache Grand-Prix-Sieger fort. "Ich lebe mein Leben und genieße es. Ich fahre Rennen und genieße es. Ich muss es nicht tun, sondern ich will es tun - und ich bin dankbar, dass ich bei Red Bull die Chance bekommen habe, mich zu beweisen. Und nach den zuletzt enttäuschenden Resultaten bei McLaren-Mercedes bin ich froh, dass ich mit meiner Erfahrung umgekehrt auch etwas für Red Bull tun kann."
Coulthard hatte in seinen Anfangsjahren mehr Spaß als heute
Doch obwohl sein neuer Arbeitgeber frischen Wind, mehr Spaß und vor allem mehr Models ins Fahrerlager gebracht hat, trauert "DC" ein wenig den guten alten Zeiten nach, als er Mitte der 90er als Jungspund in die Formel 1 kam. Damals war der Medienwirbel noch weniger extrem als heute, die Fahrer konnten sich noch frei bewegen und im Paddock war die Atmosphäre wesentlich familiärer als anno 2005. Mittlerweile braucht man selbst für die einzelnen Hospitalitys schon gelegentlich eigene Zutrittspässe...
Coulthard betonte im Interview mit dem 'Spiegel' zwar, dass er noch Spaß hat, aber: "Es ist zweifelsohne ruhiger geworden im Fahrerlager", so der Routinier, der im Laufe seiner Karriere nicht weniger als 185 Grands Prix bestritten hat. Vieles habe sich seit seinen Anfangsjahren verändert: "Früher hat man mit derselben Einlasskarte 15 Freunde ins Paddock reingeschmuggelt. Das ist nicht mehr möglich", unterstrich er.
Titelansagen kamen so zuverlässig wie der nächste Winter
Ungeachtet dessen hat sich an seinen sportlichen Zielen in all den Jahren nichts verändert. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich Coulthard für seine alljährlichen Titelansagen, die so zuverlässig kamen wie der nächste Winter, viel Spott und Häme eingehandelt hat. Inzwischen vermeidet er es zwar, allzu offen mit den Medien über seine Träume und Ambitionen zu sprechen, doch das heißt nicht, dass er etwas von seinem Ehrgeiz verloren hat.
"Man muss sich immer hohe Ziele setzen", verteidigte der 34-Jährige gegenüber der Zeitschrift 'Today' seine großen Sprüche von früher. "Wenn man sich mit weniger zufrieden geben würde, wäre man kein richtiger Rennfahrer. Ich weiß, dass ich ein guter Fahrer bin - und Red Bull sieht das offensichtlich genauso." Und deine Ziele mit Red Bull, David? Ein Sieg? "Man muss erst gehen lernen, bevor man zu laufen beginnen kann", antwortete er...

