Coughlan verteidigt emotionalen Dennis

Ex-McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan behauptet, nur er habe die Ferrari-Informationen studiert - Teamchef Ron Dennis schweigt

(Motorsport-Total.com) - Ron Dennis ist dafür bekannt, in seinen Medienmeetings wohlüberlegt und ausführlich zu allen aktuellen Themen Stellung zu beziehen - mit einer Wortwahl, die die eines Universitätsprofessors sein könnte. Doch gestern in Monza hielt sich der McLaren-Mercedes-Teamchef strikt an die Anweisung seiner Anwälte, die da lautet: Kein Kommentar!

Titel-Bild zur News: Ron Dennis

Die Integrität seines Formel-1-Teams liegt Ron Dennis sehr am Herzen

Aufgrund der auch rechtlich heiklen Situation im Spionagefall, in den nun ja auch Fernando Alonso und Pedro de la Rosa verwickelt sein sollen, wollen die Silberpfeile bis zum World-Council-Hearing am kommenden Donnerstag in Paris erst einmal gar nichts mehr sagen. Zwar spürte man gestern, dass der sichtlich bewegte Dennis - nicht zum ersten Mal in diesem Jahr zeigte er Emotionen - nur allzu gerne zu einer Rechtfertigung angesetzt hätte, doch er hielt sich an die vorgegebene Linie.#w1#

Dennis wieder den Tränen nahe

Den einzigen Kommentar steckte er dem 'Telegraph': "Ich weiß, was hier drin ist", sagte der 60-Jährige - und zeigte dabei mit dem Zeigefinger erst auf seinen Kopf, dann auf sein Herz. Für ihn steht die Unschuld von McLaren-Mercedes im Spionageskandal um Ex-Ferrari-Chefdesigner Nigel Stepney und den suspendierten McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan nämlich außer Frage - ungeachtet aller Anschuldigungen, die großteils aus Italien kommen.

Es erinnere schon ein bisschen an eine Hetzkampagne, so ein paar Formel-1-Insider gestern, was derzeit mit McLaren-Mercedes passiert. Vor allem stößt Dennis sauer auf, dass die FIA den Brief an seine drei Fahrer veröffentlicht hat, in dem diese dazu aufgefordert werden, ihren Arbeitgeber zu verpetzen, falls sie im Besitz von heiklem Material sein sollten. Lewis Hamilton, Alonso und de la Rosa bekamen für diesen Fall sogar Straffreiheit zugesichert.

Und dann ist da auch noch jene E-Mail, die angeblich der 'Gazzetta dello Sport' vorliegt, in der de la Rosa an Alonso geschrieben haben soll: "Weißt du eigentlich, dass ich herausgefunden habe, wie Ferrari seine Reifen zum Arbeiten bringt? Nigel Stepney hat es Mike Coughlan gesagt." Und Alonso soll darauf geantwortet haben: "Das glaube ich dir nicht!" Ob es die E-Mail wirklich gibt, ist fraglich; woher die 'Gazzetta dello Sport' die Information bekommen hat, liegt hingegen auf der Hand...

Hetzkampagne gegen die Silberpfeile?

Die FIA freilich dementierte alle Vorwürfe, wonach es sich bei den derzeitigen Untersuchungen um eine von Ferrari angezettelte Hetzkampagne gegen McLaren-Mercedes handeln könnte - und das auch mit Recht: Der Automobilweltverband hat Hinweise erhalten, wonach ein Team geschummelt haben könnte, und muss diesen im Interesse des Grand-Prix-Sports natürlich nachgehen. Am Ende, so muss man hoffen, wird sowieso die Wahrheit ans Licht kommen...

Mike Coughlan

Mike Coughlan bleibt bei seiner Version, ganz alleine gehandelt zu haben Zoom

Dennis, der nach der von der FIA angedeuteten neuen Beweislage Mitte dieser Woche schon gewaltig mit dem Rücken zur Wand stand, hat indes dank Coughlans am Obersten Gerichtshof in London hinterlegter Zeugenaussage wieder ein wenig Oberwasser. Coughlans Sicht der Dinge ist nämlich irgendwie dem 'Guardian' in die Hände gefallen, der heute Auszüge daraus zwar nicht wörtlich, aber indirekt veröffentlicht hat.

Coughlan soll alleine gehandelt haben

Demnach habe Coughlan tatsächlich 780 Seiten Ferrari-Informationen besessen, die ihm Mitte März von Stepney zugespielt wurden, doch er habe diese nie komplett studiert, für seine Arbeit am MP4-22 verwendet oder einem McLaren-Mercedes-Mitarbeiter gezeigt. Zwar ist bestätigt, dass mindestens zwei weitere Ingenieure Skizzen aus dem Dossier gesehen haben, doch denen dürfte nicht bewusst gewesen sein, was sie da vor sich liegen hatten.

Bis zum World-Council-Hearing am kommenden Donnerstag, zu dem McLaren-Mercedes vorgeladen wurde und bei dem auch Ferrari anwesend sein wird, wird sich von den betroffenen beiden Teams wohl kaum noch jemand zum Spionagefall äußern. In Paris wird nächste Woche aber vermutlich eine Entscheidung fallen - und sollte die McLaren-Mercedes oder Ferrari nicht passen, könnte es wieder vor das Internationale Berufungsgericht der FIA gehen.

Fortsetzung folgt.