• 10.03.2010 15:08

Cosworth: Das erste Rennen seit drei Jahren

Cosworth-Chef Mark Gallagher über die Grand-Prix-Rückkehr des britischen Motorenbauers: "Unser Unternehmen hat sich enorm gewandelt"

(Motorsport-Total.com) - Nicht nur Michael Schumacher und Pedro de la Rosa werden am kommenden Sonntag ihr Renncomeback feiern, sondern auch Cosworth. Nach dem Abschied 2006 kehrt Cosworth nun als Motorenpartner von gleich vier Teams auf die große Bühne zurück: Williams, Virgin, Lotus und HRT. Der CA2010 basiert auf dem Triebwerk von 2006, wurde allerdings in den vergangenen Monaten auf neuesten Stand gebracht. Das Triebwerk besteht aus insgesamt 4.200 Einzelteilen, die Mark Gallagher und seiner Forma Erfolg bringen sollen.

Titel-Bild zur News: Mark Gallagher

Mark Gallagher kehrt mit Cosworth auf die große Formel-1-Bühne zurück

Frage: "Mark, wie hat sich Cosworth verändert, seit sie 2006 letztmals in der Formel 1 vertreten waren?"
Mark Gallagher: "Die Firma hat sich deutlich gewandelt. In den Jahren 2005 und 2006 war Cosworth nach dem Verkauf von Ford in private Hände übergegangen. Ein Großteil des Unternehmens konzentrierte sich auf Motorsport, speziell auf die Formel 1. In den vergangenen drei Jahren hat sich das Unternehmen dramatisch verändert, hin zu einem spezialisierten Technikdienstleister in den Bereichen Luftfahrt und Verteidigung, Schiffbau, Elektronik, Automobilbau und Leistungssteigerung."#w1#

Frage: "Gibt es in diesem Industriezweigen bezüglich der Technologie Parallelen?"
Gallagher: "Diese Industriezweige haben eines gemeinsam: den Bedarf an Hightech-Technologien. Egal, ob es um den Bau einer kleinen Dieselmaschine für einen unbemannten Flugkörper geht, oder um die Motoren einer großen Fregatte. Cosworth ist heutzutage ganz anders aufgestellt, als man es aufgrund der Formel-1-Vergangenheit meinen könnte."

Frage: "Welche Ziele verfolgt Cosworth mit der Rückkehr als Motorenlieferant in die Formel 1?"
Gallagher: "Cosworth ist ein erfolgreiches Unternehmen. Wir haben diesen Schritt nur deshalb vollzogen, weil wir uns Erfolg davon versprechen. Erfolg heißt für uns, dass es profitabel wird und wir damit Geld verdienen. Wir wollen zuverlässige und leistungsstarke Motoren liefern und einen guten Service anbieten, sodass sich in Zukunft viele Teams für uns entscheiden."

Frage: "Welche Rolle hat die Formel-1-Vergangenheit bei dieser Entscheidung gespielt?"
Gallagher: "Natürlich passt die Formel 1 zu uns, denn sie ist Bestandteil unserer DNA. Aber davon lassen wir uns nicht blenden. Wir wollen in Zusammenarbeit mit unseren Partnern und der FIA entscheidend daran mitwirken, dass die Kosten weiter gesenkt werden und die Teams somit profitabel arbeiten können."

Nico Hülkenberg

Williams ist derToppartner des britischen Motorenbauers Zoom

Frage: "Wie passt die Formel 1 in die neue Struktur von Cosworth?"
Gallagher: "Nachdem Cosworth 2004 von Ford verkauft wurde, gab es eine Reihe von wichtigen Umstrukturierungen. Jeder Bereich bildet eine eigene Abteilung. Wir haben nun also eine eigenständige Formel-1-Abteilung gebildet, die für den Erfolg dieses Geschäftsbereichs verantwortlich zeichnet."

Frage: "War es schwierig, das passende Personal für die Formel-1-Aktivitäten zu finden?"
Gallagher: "Wir haben das Glück, dass wir ohnehin sehr gut ausgebildete Techniker und Ingenieure bei uns haben. Aber natürlich haben wir Leute von anderen Herstellern unter Vertrag genommen. Einige kehrten nach einigen Jahren der Abwesenheit nun auch zu Cosworth zurück. Bruce Wood und seine Leute in der Design- und Entwicklungsabteilung mussten beim Bau des CA2010 die Vorgaben für Leistung und Standfestigkeit erfüllen, ich habe in meiner Businessabteilung etwa 60 Leute, die sich um Tests, Bau und Support an der Strecke kümmern."

Frage: "Welche Hürden tauchten auf dem Weg ins Jahr 2010 auf?"
Gallagher: "Natürlich gab es hohe Hürden, allein schon wegen Zeitmangel. Auch die Tatsache, dass wir seit 2006 kein Motorenlieferant in der Formel 1 mehr waren, hat es nicht einfacher gemacht. Wir haben aber sofort einen konkreten Entwicklungsplan unter Beteiligung sehr erfahrener Leute aufgestellt. Die Motoren für fünf Teams einfach nur herzustellen, ist eigentlich kein Problem. Das ist durch die Regel, dass man pro Fahrer nur acht Triebwerke verwenden darf, kein großes Thema. Aber wir wollen alle Partner individuell zufriedenstellen. Das erfordert natürlich eine intensive Betreuung."

Frage: "Können die neuen Teams in der Formel 1 erfolgreich sein?"
Gallagher: "Erst einmal sind wir sehr froh, dass wir die neuen Teams beliefern dürfen. Wir haben seit Monaten mit ihnen zusammengearbeitet und dabei erkannt, dass alle die Herausforderungen der Formel 1 ernst nehmen und extrem hart daran arbeiten, dass das jeweilige Projekt ein Erfolg wird. Bezüglich unserer Erwartungen kann ich eigentlich nur sagen, dass ich hoffe, dass unser Motor bei deren Formel-1-Programm ein erheblicher Faktor sein wird."

"Wir unterstützen bei Tests des Getriebes, helfen bei der Anpassung der Elektronik und greifen in anderen Bereichen unter die Arme." Mark Gallagher

Frage: "Ist die Rolle von Cosworth allein auf die Lieferung der Triebwerke begrenzt?"
Gallagher: "Wir wollen zuverlässige, möglichst leistungsstarke Motoren bereithalten, die sich in einem gewissen Preisrahmen bewegen und dem Sinne der Kostensenkung entsprechen. Wir haben viel Erfahrung in der Formel 1. Wir wollen die neuen Teams unterstützen, damit deren Lernkurve gut verläuft. Wir wollen sie beim Erreichen ihrer Ziele helfen. Das geht über die Motorenlieferung hinaus. Wir unterstützen bei Tests des Getriebes, helfen bei der Anpassung der Elektronik und greifen in anderen Bereichen unter die Arme."

Frage: "Wie hat es Cosworth geschafft, einen Vertrag mit Williams abzuschließen?"
Gallagher: "Wir haben Ende vergangenen Jahres Gespräche aufgenommen, die recht schnell in einer Einigung endeten. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist die Erkenntnis, dass es in diesem Zeiten sehr sinnvoll ist, dass zwei unabhängige Unternehmen wie Williams und Cosworth zusammenarbeiten."

Frage: "Welchen Stellenwert hat die Kooperation mit Williams?"
Gallagher: "Williams ist ein sehr erfolgreiches Formel-1-Team, das den Konstrukteurstitel neun Mal gewinnen konnte. Die ersten beiden Titel gab es sogar mit Cosworth-Motoren. Sie stellen eine Benchmark dar. Williams gehörte zu den ursprünglichen großen Vier, die zwischen 1979 und 2008 alle Titel abräumten. Sie sind nicht nur gut, sondern auch stolz auf ihre Unabhängigkeit und Ingenieurskunst. Bei Cosworth geht es uns ähnlich, daher ist die Kooperation sehr gut."

Frage: "Wie wird sich die Zusammenarbeit mit Williams auf die Partnerschaften mit den anderen Teams auswirken?"
Gallagher: "Unsere technische Zusammenarbeit mit Williams wird den anderen Teams helfen. Die neuen Teams werden merken, dass uns Williams enorm fordern wird. Außerdem können sie das Potenzial der Cosworth-Maschine im Einsatz bei einem großen Team umso besser einschätzen können."

"Cosworth steht in der Statistik der Siege auf Platz zwei hinter Ferrari." Mark Gallagher

Frage: "Wie wird sich Cosworth gegen die anderen Motorenhersteller wie Renault, Ferrari und Mercedes behaupten können?"
Gallagher: "Wir haben höchsten Respekt vor diesen Herstellern und werden die Herausforderung ganz sicher nicht unterschätzen. Die Rückkehr nach drei Jahren Pause und der Wettbewerb gegen solch große Hersteller ist bestimmt nicht einfach. Vor allem muss man bedenken, dass sie durch ihre konsequente Weiterentwicklung in Bezug auf Leistung und Standfestigkeit im Vorteil sein sollten. Aber Cosworth steht in der Statistik der Siege auf Platz zwei hinter Ferrari. Wir haben eine große Aufgabe, aber auch volles Vertrauen in unsere Fähigkeiten."

Frage: "Wovon hängen zukünftige Cosworth-Erfolge ab?"
Gallagher: "In erster Linie davon, wie sehr sich die anderen während unserer Abwesenheit entwickelt haben. Natürlich hängt es auch von unserer Fähigkeit ab, den Rückstand innerhalb der beschränkten Entwicklungsmöglichkeiten aufholen zu können. Eine Meinung wird man sich nur vom Gesamtpaket bilden können, also der Kombination unseres Motors mit dem Chassis eines Partners. Erfolg in der Formel 1 wird nie einzig durch ein Element bestimmt, sondern die Zutaten müssen immer zusammen passen."