Claire Williams - der neue Frank?

Mit 70 Jahren ist Frank Williams der älteste Teamchef der Formel 1 und denkt noch nicht ans Aufhören, doch seine Tochter Claire steht bereits in den Startlöchern

(Motorsport-Total.com) - Eine Frau als Teamchefin war in einer von Männern dominierten Formel 1 lange Zeit undenkbar. Doch Monisha Kaltenborn hat bei Sauber bewiesen, dass gewisse Vorbehalte gegenüber weiblichen Vorsitzenden unbegründet sind. Die Österreicherin könnte jedoch bald eine Weggefährtin bekommen. Claire Williams steht als Nachfolgerin ihres Vaters Frank in naher Zukunft bereits in den Startlöchern. Dabei wollte der Teamchef seine Familie eigentlich aus dem Team raushalten, um Gerüchten der Vetternwirtschaft vorzubeugen.

Titel-Bild zur News: Frank Williams, Claire Williams

Frank Williams könnte das Zepter bald in die Hände seiner Tochter legen Zoom

Seinen Sitz im Vorstand hat der 70-Jährige mittlerweile bereits an seine Tochter abgetreten, doch ein wenig möchte der Brite noch an der Spitze seines Lebenswerkes stehen. Bei Claires letzter Beförderung zur Marketing- und Kommunikationsleiterin sprach er aber schon von einem "allmählichen, aber unausweichlichem Prozess, das Zepter abzugeben." "Das hat mich echt aus der Fassung gebracht, als er das gesagt hat", lächelt die 36-Jährige. "Als ich das erste Mal hierherkam, war er nicht gerade angetan von der Idee. Er wollte nicht so gesehen werden, dass er seine Kinder bei Williams arbeiten lässt", so die Britin gegenüber dem "Telegraph".

"Aber seine Meinung hat sich ein wenig erweicht", fährt sie fort. "Er mag Menschen, die hart arbeiten. Ich musste zu Beginn viel beweisen, aber ich habe mich reingekniet. Ich hoffe, er spürt, dass ich einen ordentlichen Job mache." Auch Claires älterer Bruder Jonathan ist mit dem Team verbunden, er arbeitet in der Fabrik in Grove; Claires Freund ist Renningenieur von Pastor Maldonado. "Wir versuchen bei den Rennen Distanz zu bewahren", versichert sie professionell.

Schneller Aufstieg

"Ich bin in den vergangenen 18 Monaten viermal befördert worden, es ging also alles ziemlich schnell. Leute haben spekuliert und sagten über den Teamchefposten: 'Das wird einmal deine Rolle sein', und jetzt wo ich langsam die Schritte nach oben gehe, nimmt die Angelegenheit mit der Zeit Gestalt an. Trotzdem ist Frank immer noch unser Teamchef. Obwohl er im letzten Jahr 70 geworden ist, kommt er weiterhin sieben Tage pro Woche ins Büro. Im Moment bin ich zufrieden, an seiner Seite zu arbeiten, und lerne so viel es geht. Ob ich eines Tages sein Amt übernehme, bleibt abzuwarten."


Fotos: Williams, Großer Preis von Malaysia, Freitag


An ihrem Vater, der seit einem schweren Unfall querschnittsgelähmt ist, bewundert Claire immer wieder den Lebensmut, seine Ruhe und sein akribisches Arbeiten. "Man muss so sein, wenn man bei dem Level an Behinderung überleben will. Sonst frisst dich alles auf. Frank hatte immer sein Team, das ihm einen Grund zu Kämpfen gegeben hat. Er liebt Racing. Er würde nicht zuhause sitzen wollen. Er würde hier sein wollen." Mittlerweile gehe es dem Team auch etwas besser als beispielsweise 2011, wo Rubens Barrichello und Pastor Maldonado zusammen nur fünf Punkte einfahren konnten.

"Das war herzzerreißend", beschreibt die Williams-Tochter. "Das Schlimmste war, die Jungs nach jedem Grand Prix in der Garage zu sehen, wenn die Fahrer auf Platz 15 und 16 ins Ziel gekommen waren. Diese Jungs arbeiten so hart, reisen so weit und verlassen ihre Familien. Die Enttäuschung in ihren Gesichtern zu sehen, ist das Härteste, denn man weiß, dass man sie im Stich gelassen hat." Umso größer war die Freude in Barcelona 2012, als Pastor Maldonado den ersten Williams-Sieg seit Juan-Pablo Montoya 2004 einfahren konnte. "Zu siegen gibt einem so außergewöhnliche Emotionen. Ich weiß noch genau, wie wir uns gefühlt haben, als wir in Spanien gewonnen haben - und ich möchte es wieder fühlen. Aber endlich graben wir uns aus unserem Loch heraus."

Wenn das Schicksal zuschlägt

Vor der Saison musste die Familie allerdings einen weiteren Schicksalsschlag hinnehmen, als Ginny Williams, die Frau von Frank und Mutter von Claire, aus dem Leben scheiden musste. Beide verpassten dadurch den enttäuschenden Saisonauftakt in Australien. Nie vergisst die Tochter die Momente, als Frank Williams nach seinem Autounfall um das Leben kämpfen musste: "Meine Eltern waren echt unglaublich zu dieser Zeit, denn es war eine schreckliche Erfahrung. Aber sie haben das von uns ferngehalten."

"Ich war erst neun. Meine Mutter war sehr stark, obwohl mein Vater so lange im Krankenhaus lag. Dad konnte sich Kindermädchen leisten, die nach uns sahen und uns vom Gröbsten ferngehalten haben. Wir haben Frank an den Wochenenden besucht. Er lag bewusstlos im Bett und meine Mutter hat sich darum gekümmert, dass ihm die bestmögliche Pflege zu Teil wurde. Sie hat ihn am Leben erhalten", sagt die Tochter. Und nun hält Frank Williams dafür sein Lebenswerk, und das seines größten Fans, Ginny Williams, am Leben.