• 21.10.2010 10:55

  • von Britta Weddige

Chung: "Haben nie an Absage gedacht"

Südkorea-Veranstalter Yung Cho Chung hatte nie Zweifel, ist aber mit dem Baufortschritt neben der Strecke noch nicht zufrieden - Kulturunterschiede ein großes Problem

(Motorsport-Total.com) - Der Countdown läuft: Morgen fahren erstmals Formel-1-Autos über die neue Strecke im Yeongam. Während allerorten die Skepsis groß war, hatte Veranstalter Yung Cho Chung nie Zweifel daran, dass die Südkorea-Premiere plangemäß über die Bühne gehen kann. Allerdings musste er den Zeitplan ändern, nachdem 38 Tage Dauerregen im Juli und August bei den Bauarbeiten für eine Zwangspause gesorgt hatten.

Titel-Bild zur News: Yung Cho Chung

Yung Cho Chung hatte nie Zweifel daran, dass der Kurs rechtzeitig fertig wird

"Da der Termin immer näher rückte, haben wir wirklich hart gearbeitet. Aber wir haben nie daran gedacht, das Rennen abzusagen oder die Eröffnung der Strecke zu verschieben", betont Chung gegenüber 'Autosport'. Er habe immer daran geglaubt, dass der Grand Prix stattfinden wird, selbst als Formel-1-Boss Bernie Ecclestone leise Zweifel äußerte.

"Bernie hat nie gesagt, dass er verschoben wird, er war nur wegen des Zeitplans besorgt", erklärt Chung. "Die Hauptsorge der FIA gilt der Sicherheit, sie kümmert sich nicht um die Tribünen und die anderen Einrichtungen. Bernie sorgt sich um diese anderen Dinge." Doch nach der Schlechtwetterperiode habe er Ecclestone den neuen, minutengenauen Zeitplan geschickt: "Er hat ihn gesehen und hat mir vertraut, dass wir es schaffen - deshalb hat es geklappt."

Korean International Circuit aus der Vogelperspektive

Mit der unfertigen Umgebung der Strecke ist Chung nicht so zufrieden Zoom

Ecclestone sei nur einmal besorgt gewesen und habe ihn gebeten: "Lass mich nicht hängen, bitte!". Der fast 80-Jährige sei wie ein Vater für ihn, so Chung: "Er hat mir sehr viel beigebracht und ich habe sehr viel von ihm gelernt. Als ich ihm also versprochen habe, dass die Strecke fertig wird, konnte ich ihn nicht hängen lassen. Obwohl ich noch nicht zufrieden bin, ist die Strecke fertig."

Der Kurs selbst sei "in bester Ordnung", sagt Chung, "aber mit dem Rest bin ich nicht sehr zufrieden, denn wir hinken zwei Monate hinterher. Von daher war nicht genug Zeit, um alles fertigzustellen. Es tut uns für die Zuschauer leid, denn wenn das Rennwochenende beginnt, gibt es dort nur schwarzen Asphalt und Autos." Chung wollte den Fans auch eine ansprechende Umgebung bieten, keine Baustelle.

Dies soll nun im nächsten Jahr der Fall sein: "Ich möchte, dass es dann rundherum viel grüner ist. Man möchte ja, dass die Leute nicht nur kommen, um das Rennen anzuschauen, sondern auch Gefallen an den restlichen Einrichtungen finden. Die Leute sagen, dass es eine schöne Strecke ist, und dass sie besser ist, als sie erwartet haben. Aber ich fühle mich schrecklich und bin selbst nicht zu 100 Prozent zufrieden."

¿pbvin|512|3190||0|1pb¿So richtig zufrieden sind auch die Teams und Journalisten nicht. Sie fühlen sich ein bisschen wie im Niemandsland ausgesetzt, und auch die Hotelsituation ist nicht gerade die beste. Chung kennt die zahlreichen Beschwerden und verspricht, dass sich alles in den nächsten Jahren bessert. "Der Kulturunterschied ist eines der großen Probleme. Wir haben nicht genügend gute Fünf-Sterne-Hotels, und das bedaure ich", sagt er.

Bauarbeiten in Südkorea

An den Tribünen wird noch gearbeitet, ob sie voll werden, wird sich zeigen Zoom

Eine häufig geäußerte Beschwerde sei, dass die Handtücher in den Hotelzimmern zu klein sind: "Das liegt daran, dass die Koreaner sehr kleine Handtücher benutzen. Wenn man duscht, nimmt man nur ein kleines Handtuch. Wir müssen den Hotels beibringen, dass sie künftig größere bereitstellen müssen. Auch was die Betten angeht: Die Koreaner schlafen wegen der Fußbodenheizung oft auf dem Boden. Deshalb sehen manche Hotelzimmer vielleicht nicht so gut aus." Man sei dabei, den Einheimischen zu vermitteln, dass Europäer andere Ansprüche haben, "aber das kann noch ein paar Jahre dauern." Er habe alle diese Punkte notiert und werde mit den Hotels daran arbeiten, den Service künftig zu verbessern.

Eine Frage, die sich nicht nur die Formel-1-Szene, sondern auch Veranstalter Chung selbst stellt, ist die nach dem Interesse der Südkoreaner am Grand Prix. Böse Zungen lästern, es sei ja nicht so schlimm, wenn die Tribünen und Zufahrtsstraßen nicht fertig werden, es komme ohnehin niemand. Ganz so dramatisch sieht es Chung jedoch nicht.


Fotos: Großer Preis von Südkorea


"Ich, meine Familie und viele meiner Freunde lieben den Motorsport. Aber als wir 110.000 Sitzplätze gebaut haben - als größte Einrichtung in Südkorea, habe ich mich gefragt, ob ich alle Tickets verkaufen kann oder nicht", räumt er ein. Jetzt aber gingen die Karten schnell weg: "Für Sonntag habe ich kein Problem, eher für Samstag - da werden wir wohl keine 100.000 Zuschauer haben. Doch das ist auch bei anderen Rennen normal. Aber der Paddock Club ist ausverkauft, und viele große Unternehmen sind interessiert. Also ist Mr. Ecclestone zufrieden."

"Ich bin zufrieden, wenn 24 Autos in das Rennen starten können und am Sonntag viele Zuschauer kommen." Yung Cho Chung

Die Rennstrecke selbst war nur der Anfang für die Baupläne in Yeongam. Auf dem 4,5 Millionen Quadratmeter großen Areal rund um den Korea International Circuit soll eine ganze Stadt entstehen. Dafür hat die Regierung nun grünes Licht gegeben. In sieben Jahren soll dann alles fertig sein. Nach der Strecke sollen nun als erstes Geschäftsviertel entstehen: "Das Problem ist, dass die Leute nur Hotels und Marinas bauen wollen - sie haben kein Interesse an Krankenhäusern und Schulen." Diese würden dann in einem nächsten Schritt geplant.

Doch nun muss erst einmal die Formel-1-Premiere in Yeongam erfolgreich über die Bühne gehen. Chung selbst hat ich vor lauter Arbeit allerdings noch keine Gedanken darüber gemacht, was er als "Erfolg" werten würde. "Es liegt auch an den Zeitungen und Medien, es zu beurteilen. Und ich werde zuhören. Ich bin zufrieden, wenn 24 Autos in das Rennen starten können und am Sonntag viele Zuschauer kommen", so Chung.