Chandhok: "Der Grand Prix öffnet Menschen die Augen"
Karun Chandhok empfindet vor der Formel-1-Premiere in Indien eine Menge Stolz, hätte aber auch gern selbst in der Startaufstellung gestanden
(Motorsport-Total.com) - Lotus-Testfahrer Karun Chandhok hatte an der Fertigstellung des Buddh International Circuit in Noida nie Zweifel, wie er betont. Dem Grand Prix am Sonntag blickt der indische Nationalheld mit gemischten Gefühlen entgegen, da er gern selbst am Rennen teilgenommen hätte. So bleibt es für ihn bei einer einzigen Trainingssitzung am Freitagmorgen.

© xpb.cc
Karun Chanhok empfindet für seine Landsleute eine Menge Stolz
In seiner Medienrunde spricht Chandhok über den aktuellen Zustand der Strecke, seine zu erwartenden Gefühle am Freitag und am Sonntag, seine Zukunft im Lotus-Team sowie seine Rolle als Botschafter des Motorsports in Indien.
Frage: "Karun, du hast im Vorfeld mehrfach erwähnt, dass du es beinahe nicht glauben kannst, dass Indien nun einen Grand Prix hat. Mit welchen Gefühlen bist du an die Strecke gekommen?"
Karun Chandhok: "Inzwischen ist das Ganze etwas glaubwürdiger. Als ich die Strecke gestern mit dem Fahrrad abgefahren habe, hatte ich endlich Zeit, um alles auf mich einwirken zu lassen. Ich war eine Stunde lang ohne Telefon, E-Mails, Fernsehkameras und Zeitungen. Nur Bruno Senna hat mich begleitet. Wir haben die Strecke gemeinsam mit dem Rad abgefahren und uns darüber unterhalten, welche Linie wir in welcher Kurve wählen würden und solche Dinge. Alles in allem fühlt sich das Ganze mittlerweile real an."
Frage: "Die Strecke an sich ist fertig, aber es gibt hier und da noch ein paar Stellen, an denen gearbeitet werden muss. Gab es für dich jemals Zweifel, dass die Strecke rechtzeitig fertig werden würde?"
Chandhok: "Nein, darum habe mich nie gesorgt. Es gab ein paar Verzögerungen in Bezug auf die Fertigstellung des Paddock-Bereichs, aber nicht was die Strecke betrifft. Ich muss der Jaypee-Gruppe ein großes Lob aussprechen. Alles, worauf es ankommt, ist fertig. Die Boxen stehen, die Strecke ist befahrbar, die Rennleitung kann ihren Dienst antreten. Was immer jetzt noch getan werden muss, hat keinen Einfluss auf das Geschehen auf der Piste. Die Jaypee-Gruppe hat daher alles richtig gemacht und ihre Prioritäten richtig gesetzt."
Frage: "Du gehst also davon aus, dass die notwendigen Verbesserungen am Streckenrand bis zum kommenden Jahr behoben sein werden?"
Chandhok: "Der Kurs ist befahrbar. Im nächsten Jahr wird es hier Rennfahrerlehrgänge geben. Bis jetzt wurden schon 16 Streckentage durch Autohersteller gebucht. Zudem werden nationale Rennserien an den Start gehen. Der Kurs wir als Ganzes voll funktionsfähig sein."
Frage: "Du wirst lediglich im ersten Freitagstraining zum Fahren kommen. Was willst du in dieser Session erreichen? Willst du der Erste sein, der die Boxengasse verlässt?"
Chandhok: "Ich kümmere mich nicht so sehr darum, der Erste zu sein, der aus der Boxengasse fährt, obwohl es eine schöne Gesichte wäre. Sobald die Session angefangen hat, wird es dasselbe sein wie in Suzuka oder Korea oder Silverstone. Du musst einfach dein Programm abspulen und den bestmöglichen Job erledigen. Wenn die Session beginnt, hört all der andere Blödsinn auf."
Frage: "Wird es dir hier schwerer fallen, aus dem Auto auszusteigen, wenn du daran denkst, dass du beim ersten Grand Prix von Indien nicht in der Startaufstellung stehen wirst?"
Chandhok: "Es ist ungefähr so, als würde mir der Weihnachtsmann am Morgen ein Geschenk überreichen, das ich noch am Morgen wieder zurückgegen muss. Jeder kann sich vorstellen, wie ich mich fühle, aber unterm Strich geht es für mich als Profi darum, ein Teamplayer zu sein, weiterhin ein Lächeln auf den Lippen zu tragen und unter den gegebenen Voraussetzungen den bestmöglichen Job abzuliefern."
Frage: "Du hast bereits erwähnt, dass du gern langfristig für Lotus arbeiten würdest. Wie sieht deine Zukunft im Team aus?"
Chandhok: "Das müssen wir abwarten. Ich muss mich dazu mit Tony Fernandes zusammensetzen und die Dinge diskutieren. Das geht aber nicht an der Strecke. Wir werden uns zu gegebener Zeit an einem gegebenen Ort darüber unterhalten. Ich würde gern weiterhin mit ihm zusammenarbeiten, denn ich glaube, dass es ihm nach wie vor ein Anliegen ist, asiatische Fahrertalente nach oben zu bringen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt."
¿pbvin|512|4207|chandhok|0|1pb¿Frage: "Bist du überrascht angesichts der Fülle an Berichterstattung, die es gegeben hat, nachdem klar war, dass du im Rennen nicht am Start sein wirst?"
Chandhok: "Ich glaube, viele Leute haben unterschätzt, wie leidenschaftlich die indischen Medien ihre Sportler verfolgen. Die Medien lieben es, wenn ihre Landsleute im Sport gut abschneiden. Es stimmt, es kamen sehr viele Leute zu mir und haben mich darauf angesprochen, dass sie es nicht glauben konnten, welche Welle der Berichterstattung ich ausgelöst habe. Das zeigt nur, welchen Einfluss indische Sportler haben und welches Ansehen wir bei den Medien und den Fans genießen. Die Menschen haben unterschätzt, wie viel es diesem Land bedeutet, dass indische Sportler gute Ergebnisse nach Hause bringen. Insofern bin ich nicht überrascht, sehr wohl aber dankbar. Ich hatte innerhalb von fünf Stunden nach der Bekanntgabe 2.200 Tweets auf meinem Twitter-Account. Das ist fantastisch und ich weiß es wirklich zu schätzen."
Frage: "Siehst du das als positives Zeichen für die Formel 1 in Indien?"
Chandhok: "Wenn man sich mit den indischen Medien unterhält, stellt man fest, dass sie gut informiert sind. Dasselbe gilt für die Fans. Sie lesen, was geschrieben wird und verfügen über ein ordentliches Wissen sowie über jede Menge Leidenschaft. Der Grand Prix von Indien hat vielen Menschen die Augen geöffnet. Ich habe zwischen Sonntag und Dienstag insgesamt 37 Einzelinterviews gegeben. Heute kam noch einmal eine ganze Reihe davon hinzu, bei 19 habe ich aufgehört zu zählen."
"Ich bin mir bewusst, dass ich in Indien ein Botschafter der Formel 1 und des Motorsports als Ganzes bin. Meine Aufgabe ist es, den Sport den Menschen näher zu bringen. Für mich ist es wichtig, mein Wissen weiterzugeben und mich mit den Medienvertretern zu unterhalten. Ich habe viele Fragen bekommen, nach dem Motto: 'Michael Schumacher hat dies und jenes gesagt, was meint er damit?' oder 'Jenson Button hat Folgendes gesagt, was heißt das?'. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Menschen hier nicht wissen, was es bedeutet, wenn die Fahrer von einer 'grünen Strecke' sprechen, die keinen Grip hat. Ich sehe es daher als meine Aufgabe an, die Öffentlichkeit über die Formel 1 zu informieren."
Frage: "Mit welchem Gefühl wirst du am Sonntag den Start zum ersten Grand Prix von Indien verfolgen, wirst du traurig sein, dass du nicht selbst in der Startaufstellung stehst oder wirst du Stolz verspüren?"
Chandhok: "Ein bisschen von beidem. Stolz empfinde ich nicht nur für Indien, sondern auch für die Jaypee-Gruppe. Sie ist inzwischen zu meiner Familie geworden. Ich habe regelmäßig Kontakt und statte den Mitgliedern alle drei Wochen einen Besuch ab. Ich weiß, wie viel Arbeit sie investiert haben und bin daher sehr stolz auf sie. Dass ein privates Unternehmen ein solches Projekt auf die Beine gestellt hat, ist großartig. Das sollte allen Beteiligten immer bewusst sein."

