Caterham: Ausrede "neues Team" zählt nicht mehr

Neo-Teamchef Cyril Abiteboul hat mit Caterham große Ziele und gibt zu, dass Marussia 2012 bessere Arbeit abgeliefert hat - Kontinuität bei den Fahrern geplant

(Motorsport-Total.com) - Er kam, sah und steht nun vor einer großen Aufgabe: Caterham endlich weg von den hinteren Plätzen zu führen. Cyril Abiteboul übernahm erst im vergangenen Monat das Zepter von Tony Fernandes als Teamchef beim ehemaligen Lotus-Team, möchte aber so bald wie möglich Nägel mit Köpfen machen und keine Ausreden mehr gelten lassen. "Wir werden den Status 'neues Team' nicht mehr ewig als Entschuldigung nutzen können", erklärt der 35-Jährige gegenüber 'Autosport', "Denn dafür gibt es auch ein Ablaufdatum."

Titel-Bild zur News: Cyril Abiteboul

Cyril Abiteboul ist der neue starke Mann an der Spitze des Caterham-Teams Zoom

"Im nächsten Jahr müssen wir einen Schritt nach vorne machen. Wir müssen ein ernsthafter Konkurrent sein und nicht einfach nur ein neues Team", fordert der Franzose. "Auch wenn wir jetzt den Titel 'Bestes neues Team' drei Mal hintereinander gewinnen konnten, müssen wir das vergessen!"

Einen Plan, wie er Caterham von den hinteren Rängen wegbringen möchte, hat Abiteboul bereits: "Wir müssen Stabilität in das Team bringen, auch wenn erneut viele Änderungen getätigt wurden. Dass wir in weniger als drei Jahren von null auf 300 Mitarbeiter aufgestockt haben, zeigt, dass es da ein paar Veränderungen gegeben haben muss - jetzt geht es aber um die Gruppe an sich."

"Wir müssen sicherstellen, dass die Gruppe gut zusammenarbeitet und dass Prozesse ordentlich ausgeführt werden", so Abiteboul. "Wir benötigen eine gute Führung, um zu gewährleisten, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen - sowohl in finanzieller als auch in technischer Hinsicht."

Kein radikaler Umbruch

Charles Pic, Witali Petrow

Witali Petrow konnte Marussia beim Saisonfinale in Brasilien noch abfangen Zoom

Jetzt gelte es aber erst einmal, alles Bisherige zu festigen und mit den notwendigen Änderungen umzugehen. "Das mache ich lieber auf ruhige Art und Weise, als emotionsgeladen in eine andere Richtung zu gehen", erklärt der Teamchef. "Ich glaube nicht, dass unsere bisherigen Ergebnisse uns zu einem radikalen Umbruch zwingen." Zwar konnte Caterham in seinen drei Jahren unter Tony Fernandes keinen einzigen WM-Punkt einfahren, dennoch befinde sich das Team laut Abiteboul auf dem richtigen Weg.

Zufrieden mit der abgelaufenen Saison ist der Franzose aber trotzdem nicht: "Wenn man sich die Teams im Mittelfeld anschaut, muss man gestehen, dass wir sie nicht eingeholt haben. Aber das ist auch niemals einfach, denn dazu müssten wir schneller entwickeln, als sie es tun. Das wirft die Frage nach unseren Anlagen auf - schließlich mussten wir auch unseren Umzug von Hingham nach Leafield stemmen."

Marussia hat besseren Job gemacht

Caterham wechselte im Sommer der aktuellen Saison in den neuen Standort nach Leafield, wo man sich bessere Bedingungen für die Zukunft erhofft. Für 2012 habe dies allerdings kleinere Verzögerungen in der Entwicklung mit sich gebracht. "Verglichen mit Marussia haben wir keinen guten Job gemacht", gibt Abiteboul zu. "Wenn man die Unterschiede von Motor, KERS und dem DRS von HRT anschaut, dann haben wir aerodynamisch gesehen wohl einen schlechteren Job als sie gemacht."


Fotos: Caterham-Weihnachtsfeier in Leafield


"Das liegt daran, dass wir uns in Bereichen verrannt haben, die für uns ein wenig zu komplex waren - auch wenn wir darauf nicht immer Einfluss hatten. Also müssen wir uns mehr auf traditionelle Dinge besinnen, die wir auch kontrollieren können", sagt der Franzose. "Wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren. Es gibt keine Zauberei in der Formel 1. Vielleicht haben wir etwas Großes erwartet, was letztlich nicht eingetreten ist."

Finanzielle Stabilität beim Team

"Verglichen mit Marussia haben wir keinen guten Job gemacht." Cyril Abiteboul

Das Beste, was dem Team 2012 allerdings passiert ist, war der elfte Platz von Witali Petrow beim Saisonfinale in Brasilien, der Caterham den zehnten Konstrukteursrang sicherte. Dieser wichtige Rang beschert der Mannschaft auch Einnahmen in Millionenhöhe. Abiteboul glaubt aber, dass die finanzielle Situation der Grün-Gelben auch ohne das letzte Ergebnis sicher wäre: "Die Stabilität von Tonys Geschäftszweig schützt das Team vor schnellen Sponsorenentscheidungen, wenn die Leistung mal nicht stimmen sollte."

Diese hätten seinem Renault-Team, für das er früher tätig war, geschadet: "Damit musste ich bei Renault leben. ING ließ uns im Zuge der Crashgate-Affäre fallen - und natürlich auch, weil die Ergebnisse gefehlt haben. Die Sponsoren bei Caterham stellen hingegen richtige Partner für uns dar." Aus dem Grund sei auch die Zukunft des Teams langfristig gesichert. Nur hinsichtlich der Fahrer hat sich das Team bisher noch nicht festgelegt.

Kontinuität in Phase großer Änderungen

Charles Pic

Der Franzose Charles Pic fügt sich schon gut bei seinem neuen Team ein Zoom

Mit Charles Pic ist erst ein Cockpit besetzt, die zweite Wahl will gut durchdacht sein: "Ich möchte, dass unsere Fahrersituation in den nächsten drei Jahren so stabil wie möglich ist", kündigt Abiteboul an. "Wir müssen schon mit genügend Veränderungen klarkommen. So wird die neue Motorenregelung bereits großen Einfluss darauf haben, wie wir ein Rennen, das Auto oder unsere Strategie verwalten."

Für 2013 bleibt das Reglement der Königsklasse allerdings relativ stabil. Ein Sprung in Richtung Mittelfeld sei daher für das Team möglich, aber nicht sichergestellt. "Wir haben uns ein paar Ziele in Sachen Entwicklungsgeschwindigkeit für die kommende Saison gesetzt, aber wir wissen natürlich nicht, was die anderen machen. Das werden wir erst im Februar herausfinden. Wir sollten die Lücke zum Mittelfeld schließen können, aber es wäre vermessen zu sagen, dass es die komplette Lücke sein wird."