• 16.09.2010 17:16

Button: "Wir alle stehen unter Druck"

McLaren-Pilot Jenson Button über den verpassten Sieg in Monza, seine neu entfachten Titelchancen und den Endspurt der Formel-1-Saison 2010

(Motorsport-Total.com) - Der unverschuldete Ausfall in Spa bedeutete einen herben Rückschlag für Jenson Button, doch mit seinem zweiten Platz beim Großen Preis von Italien konnte der britische Rennfahrer seine Chancen in der Fahrerwertung auf einen Schlag deutlich verbessern. Fünf Rennen vor Schluss belegt Button mit 165 Punkten den vierten Rang und weist 22 Zähler Rückstand auf Tabellenführer Mark Webber (Red Bull) auf. Im Interview erklärt der 30-Jährige, wie sich diese schwierige Situation für ihn darstellt.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button blickt zuversichtlich nach vorne: Noch hat der Brite gute Chancen

Frage: "Jenson, am Sonntag hast du die Ansicht vertreten, dass deine Rennstrategie nicht ganz optimal war. Vertrittst du rückblickend noch immer diesen Standpunkt?"
Jenson Button: "Am Sonntag hatte ich gemischte Gefühle. Natürlich wollte ich das Rennen gewinnen."#w1#

"Das lag durchaus in Reichweite, zumal ich über weite Strecken geführt hatte. Ich konnte allerdings wichtige Punkte auf meine Vorderleute in der Gesamtwertung gutmachen. Das verschaffte mir ein gutes Gefühl. Interessant war auch der Schaden am Heck meines Fahrzeugs. Fernando hatte mich in Runde eins getroffen und das hat den Unterboden beschädigt."

"Ich wusste nicht, wie groß der Schaden war, bis ich das Auto nach dem Rennen in Augenschein nahm. Ich war regelrecht überrascht davon, dass wir mit dem kaputten Unterboden noch eine so gute Geschwindigkeit an den Tag legen konnten. Hätte ich mich besser gefühlt, wenn ich das Rennen gewonnen hätte, wobei Lewis und Mark neben mir auf dem Podium gestanden hätten?"

"Die Leute sagen, es ist ein klassischer Fall von 'wer zuerst zuckt, hat verloren'." Jenson Button

"Das kann ich nur schwer beantworten. Unmittelbar nach dem Rennen denkst du halt darüber nach, was alles hätte passieren können. Wäre ich nach dem Boxenstopp vor Fernando geblieben, so nehme ich an, dass ich alle Siegchancen gehabt hätte. Haben wir also eine falsche Strategie angewandt? Die Leute sagen, es ist ein klassischer Fall von 'wer zuerst zuckt, hat verloren'."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Italien


"Tatsache ist jedenfalls: Wir hatten im Rennen nicht das schnellste Auto. Wir hätten die Führung vielleicht dennoch behalten können, doch die Geschwindigkeit von Fernando hätte bedeutet, dass es ziemlich schwierig geworden wäre. Das Team hat seine Karten richtig ausgespielt. Es ist nur so, dass zu jeder Zeit einige Faktoren gegen uns standen, um uns das Siegen schwer zu machen."

Frage: "Du bist also zufrieden damit, dass das Rennen in Monza deinen Titelhoffnungen Auftrieb verliehen hat?"
Button: "Voll und ganz, denn ich ergriff diese Möglichkeit mit beiden Händen und holte 18 Punkte, wohingegen Lewis keine Zähler einfahren konnte. Mark sammelte acht Punkte und Sebastian brachte zwölf Punkte mit nach Hause. Man kommt jetzt bei einem Blick auf den Tabellenstand einfach nicht umhin zu sagen: 'Wow, wie kann es nur derart eng zugehen?'"

"Niemand sichert sich so mir nichts, dir nichts den Titel." Jenson Button

"Es ist schon witzig: Nach Spa meinte jeder, der Titelkampf würde sich zwischen Lewis und Mark entscheiden. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass sich das WM-Duell bis zum letzten Rennen hinzieht. Niemand sichert sich so mir nichts, dir nichts den Titel. Ich denke, das ist klar geworden. Bis zum Schluss wird man darum kämpfen müssen."

Frage: "Diese letzten fünf Saisonrennen scheinen wichtiger zu sein als beispielsweise die fünf Auftaktrennen. Verändert das deine Herangehensweise? Ist Konstanz nun zum Beispiel wichtiger als ein Sieg?"
Button: "Ich denke, man muss jedes Rennen so nehmen, wie es kommt. Eine gewisse Punktzahl zu erreichen ist in meinen Augen nicht die Philosophie eines Rennfahrers. Das habe ich im vergangenen Jahr zum Teil gespürt."

"Mir war klar: Ich würde einfach nur kontinuierlich punkten müssen, um den Titel zu holen. Das war mental vielleicht aber einen Tick anstrengender als sich einfach nur ein Herz zu fassen und Gas zu geben. In Interlagos 2009 hatte ich beispielsweise nicht wirklich etwas zu verlieren. Ich ging nur vom 14. Startplatz aus ins Rennen, während mein Stallgefährte auf der Pole-Position stand."

"Das war eine Erfahrung, die mir in diesem Jahr zugute kommen wird." Jenson Button

"Was hätte ich schon gewonnen, wenn ich auf Sicherheit gefahren wäre und ein handvoll Punkte geholt hätte? Ich wollte es wissen und dieses Rennen war ein regelrechter Befreiungsschlag für mich. Das war eine Erfahrung, die mir in diesem Jahr zugute kommen wird. Trotzdem glaube ich, dass Konstanz in gewisser Hinsicht ebenfalls wichtig ist. Du brauchst natürlich ein Auto, das dich bei jedem Rennen ins Ziel trägt."

"Du willst keine Harakiri-Aktionen haben oder radikale Entscheidungen beim Setup oder bei der Strategie treffen müssen, nur weil du vermutest, dadurch einen Vorteil zu haben. Wir sind Rennfahrer und werden daher immer Rennen fahren. Jetzt stehen wir aber alle unter Druck, weil sich keiner einen Ausfall oder einen Fehler leisten kann. Wer sich am wenigsten die Blöße gibt, wird letztendlich Weltmeister sein."