• 23.08.2009 20:49

  • von Dieter Rencken

Button: "Rubens ist mein härtester Gegner"

Jenson Button analysiert, warum er Valencia am Samstag verloren hat, wie er seine WM-Chancen sieht und was ihn in Spa-Francorchamps erwartet

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen vier Rennen war Jenson Button einmal Sechster, einmal Fünfter und zweimal Siebenter - so auch heute in Valencia, wo sein Teamkollege Rubens Barrichello gewinnen konnte. Doch trotz dieser Negativserie ist sein Punktepolster nur um acht Zähler auf immer noch 18 geschrumpft. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Brawn-Pilot bei der Analyse des Grand Prix von Europa alles andere als zufrieden wirkte.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button weiß, dass ihm der WM-Titel nicht in den Schoß fallen wird

Frage: "Jenson, siebenter Platz, während dein Teamkollege gewonnen hat. Wie fällt dein Fazit aus?"
Jenson Button: "Rubens hat dieses Wochenende einen fantastischen Job gemacht, er war sehr schnell. Gratulation an ihn - er hat ein tolles Rennen hingelegt! Es ist fünf Jahre her, dass der alte Sack ein Rennen gewonnen hat, aber hier hat er das ganze Wochenende nichts falsch gemacht. Ich hatte Schwierigkeiten, seine Pace zu gehen. Er ist jetzt mein härtester Gegner."#w1#

Entscheidender Fehler im Qualifying

"Im Qualifying habe ich es verbockt, als ich mich beim Beschleunigen aus der fünften Kurve heraus verschaltet habe. Ich dachte, ich könnte auch vom fünften Platz ein gutes Rennen machen, aber Vettel schnitt mir am Start den Weg ab. Wenn ich draufgehalten hätte, hätte ich mir den Frontflügel abgefahren. Wenn man nicht ganz vorne steht, geht es am Start eben immer ein bisschen verrückt zu."

"Im Nachhinein muss ich mit den zwei Punkten zufrieden sein, denn ich war zwischendurch auch mal hinter Webber Neunter - und Sebastian war da noch Fünfter oder so. Die beiden sind leer ausgegangen, ich nehme zumindest zwei Punkte mit - so gesehen war es ein positiver Tag. Andererseits hatten wir ein schnelles Auto und es wären viel mehr Punkte zu holen gewesen, wie mein Teamkollege bewiesen hat. Das Rennen lief einfach nicht für mich, denn sobald du am Start eingeklemmt wirst, verlierst du das ganze Momentum. Das war einfach Pech."

"Rubens ist im Moment sehr schnell, aber wir sitzen im gleichen Auto." Jenson Button

Frage: "Du warst in den vergangenen vier Rennen nie besser als Fünfter, trotzdem hat dein Punktevorsprung kaum gelitten..."
Button: "Das ist das Erstaunliche! Ich habe heute Punkte auf Rubens verloren, jetzt sind es noch 18. Rubens ist im Moment sehr schnell, aber wir sitzen im gleichen Auto - und ich würde nicht sagen, dass der heutige Tag typisch ist. Ich habe mir das wegen des Fehlers im Qualifying selbst zuzuschreiben."

"Wir haben noch 20,5 Punkte Vorsprung auf Webber und Sebastian ist noch einmal fünf Punkte hinter ihm. Das ist immer noch ein guter Vorsprung, aber das Trio hinter mir kämpft um die Positionen - und wenn ich es nicht früher oder später wieder auf die Reihe bekomme, werden sie zu mir aufschließen. Andererseits muss man es auch mal so sehen: Immer noch 18 Punkte Vorsprung, aber ein Rennen weniger zu fahren!"

"Die Red Bulls werden in Spa schnell sein, schätze ich. Bei den McLarens bin ich mir da nicht so sicher. Wir müssen noch ein paar Kleinigkeiten aussortieren, dann sind Rubens und ich sicher wieder konkurrenzfähig. Ich hoffe auf ein gutes Qualifying, wie ich es diese Saison meistens geschafft habe. Zweieinhalb Zehntel können zwei oder drei Startplätze bedeuten. Man braucht eine gute Runde. Ich mag Spa. Ich glaube, wir können dort ein gutes Wochenende zeigen."

Im Rennen die Hände gebunden

Frage: "Ist das Gefühl jetzt ein anderes als vor zwei oder drei Rennen?"
Button: "Ich ärgere mich. Im Rennen habe ich nicht alles rausgeholt. Das ist heutzutage das Problem: Wenn du hinter jemandem feststeckst, kannst du nichts machen. Da bleibt dir nur noch die Hoffnung, dass du nicht vor dem Vordermann an die Box musst, aber das war bei mir der Fall. Zwei Drittel des Rennens hatte ich Webber vor mir. Als ich dann freie Fahrt hatte, ging die Post ab - genau wie in Silverstone mit Trulli. Im letzten Stint bin ich 1:38 gefahren! Das ist das Frustrierende."

"Schade, dass ich nicht das Beste aus dem Auto rausgeholt habe, aber zumindest hat das Team bewiesen, dass es sehr schnell sein kann, wenn es heiß ist. In Spa wird es wohl kühler sein - überhaupt stehen uns noch ein paar kühle Rennen bevor. Ich habe 18 Punkte Vorsprung, was gut ist, aber der Freitag in Spa wird für uns besonders wichtig, um einzuschätzen, ob wir bei kühlen Bedingungen Fortschritte gemacht haben."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Europa, Sonntag


Frage: "Hat sich Sebastian Vettel in der ersten Kurve unfair verhalten oder war das einfach ein Rennzwischenfall?"
Button: "Er schnitt mir den Weg ab und ich musste vom Gas gehen. Solche Situationen sind immer schwierig, denn wäre ich auf dem Gas geblieben, hätte ich meinen Frontflügel verloren und seinen Reifen aufgeschlitzt. Ich musste vom Gas gehen - und wenn du einmal vom Gas gehst, bauen alle anderen Schwung auf und ziehen an dir vorbei. Der Geschwindigkeitsunterschied ist da eklatant. Darum bin ich so weit zurückgefallen."

"Ich dachte, ich würde vor Kurve zwei wieder ein paar Positionen gutmachen, aber dann kam Alonso auf einmal quer daher und ich musste wieder vom Gas. In Kurve vier war dann die Sache mit Webber. Ich fand es etwas hart, mich anzuweisen, dass ich ihn durchlassen muss, denn ich habe die Schikane zwar abgekürzt, aber ich kam dort quer an und schaffte die Kurve einfach nicht mehr anders. All das hat mich heute einige Punkte gekostet."

Ärger über die Rennleitung

Frage: "Mark Webber hat sich am Funk darüber beschwert, das dürfte das Einschreiten der Rennleitung über Funk ausgelöst haben..."
Button: "Ja, aber mich stört daran, dass sie mich nicht gefragt haben. Ich wurde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt."

Frage: "Wäre es im Nachhinein betrachtet klüger gewesen, in der ersten Runde mehr zu riskieren?"
Button: "Dann kracht es aber! Da bin ich lieber konstant und nehme die Punkte mit. In Spa werde ich mich aber sicher aggressiver präsentieren - nicht nur fahrerisch, sondern auch von der Strategie her, in puncto Reifen. Diese Saison ist sehr schwierig, denn wir hatten einige schlechte Wochenenden, aber auch einige starke. Hier hatten wir zum ersten Mal ein starkes Auto, das ich nicht ausnutzen konnte. Das ärgert mich am meisten. Wenn das Auto nicht schnell genug ist, dann ist es eben nicht schnell genug, aber ich muss das Beste herausholen. Das ist mir hier nicht gelungen."

"Hoffentlich lässt er es krachen, damit er in Spa noch verkatert ist!" Jenson Button

Frage: "Dein Teamkollege hat heute zum ersten Mal seit fünf Jahren gewonnen. Was sagst du dazu?"
Button: "Er verdient es! Rubens weiß, dass ich es ernst meine, wenn ich sage, dass ich es ihm gönne. Wir sind seit vier Jahren Teamkollegen. Er hatte einen schwierigen Saisonstart, aber jetzt hat er seinen ersten Sieg mit dem Team in der Tasche. Das ist ein großer Schritt für ihn. Hoffentlich lässt er es die nächsten paar Tage ordentlich krachen, damit er in Spa noch ein bisschen verkatert ist (grinst; Anm. d. Red.)!"

"Im Ernst: Er ist ein harter Widersacher - und genau das brauchst du im eigenen Team. Ich bin nie davon ausgegangen, dass es gegen ihn leicht wird, denn er ist sehr ehrgeizig, aber noch einmal: Mir geht es vor allem darum, dass ich an diesem Wochenende nicht das Beste aus dem Auto herausgeholt habe."

Frage: "Ferrari macht es dir einfacher, nicht wahr, denn jetzt gibt es an der Spitze einen Topfahrer weniger..."
Button: "Kimi wird nächstes Wochenende sicher schnell sein. Spa müsste Ferrari besser liegen als McLaren. McLaren ist auch bei hohen Geschwindigkeiten besser geworden, ab er ich glaube nicht, dass sie in schnellen Kurven schon so gut sein werden wie wir. Da traue ich Ferrari mehr zu."