• 20.05.2009 21:14

Button: Mit Siegen zum langweiligen Typen

Warum Jenson Button langsam mit Monaco Freundschaft schließt und wieso Formel-1-Siege einen Wandel der Persönlichkeit hervorrufen können

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jenson, bisher war Monaco nicht unbedingt deine Lieblingsstrecke, oder?"
Jenson Button: "Wieso? Ich bin 2004 hier immerhin Zweiter geworden."

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button macht sich um die Fahrt in Monaco viele Gedanken

Frage: "Und 2003?"
Button: "Ich erinnere mich nicht an 2003, aber 2004 war ein gutes Jahr. Im vergangenen Jahr lief es auch. Ich war im Qualifying gut, überholte drei Leute auf den ersten Metern im Rennen. Leider bin ich dann nur Ende der ersten Runden einem ins Auto gefahren. Die Strecke macht Spaß. Aber es ist tatsächlich so, dass meine Statistik hier nicht gerade fantastisch ist. Das galt aber bis vor wenigen Tagen auch für Barcelona."#w1#

Unfall von 2003 ist abgehakt

Frage: "Ist der Crash von 2003 dein schwerster Unfall in der Formel 1 gewesen?"
Button: "Ja. Die Leitplanken haben sie jetzt ein bisschen zurückverlegt. Das ist gut so. Einige behaupten, diese Strecke hätte sich seit 20 oder 30 Jahren nicht verändert. Bezüglich des grundsätzlichen Layouts stimmt das auch, aber im Bereich Sicherheit ist es viel besser geworden. Der Kurs ist eben so sicher, wie es ein Straßenkurs sein kann, in einer Stadt mit einem Hafen."

Frage: "Hast du manchmal böse Erinnerungen an diesen Unfall?"
Button: "Nein, nicht wirklich. Wenn ich danach gefragt werde, dann denke ich daran, aber sonst kümmert mich das wenig. Wenn ich mir wehgetan hätte, wäre es vielleicht etwas anderes. Aber das war nicht der Fall."

"Wenn du ein gutes Auto hast, macht es auf jeder Strecke Freude." Jenson Button

Frage: "Was würde ein solcher Crash heutzutage bewirken?"
Button: "Zunächst einmal den Verlust von zehn Punkten. Die müsste ich dann wohl in einem anderen Rennen wieder zurückholen. Das ist eine positive Art, wie man mit so etwas umgehen könnte. Wenn du ein Problem mit der Zuverlässigkeit hast oder einen Unfall, dann kann dich das natürlich zurückwerfen, aber das gilt doch für uns alle. Das trifft ja nicht nur auf mich zu."

Frage: "Mit einem guten Auto solltest du also in diesem Jahr hier viel Spaß haben können?"
Button: "Ich hatte auch früher hier schon Spaß. 2004 hat es mir viel Freude gemacht, gegen Jarno zu kämpfen. Auch im vergangenen Jahr war es lustig, aber eben nur eine Runde lang. Ich freue mich auf das Rennen. Wenn du ein gutes Auto hast, macht es auf jeder Strecke Freude. So ist es nun einmal. Wenn du aber hier einen guten Wagen hast, ist das wichtig, weil du ihn kontrollieren kannst und dann fühlst du dich wohl. Dann kannst du selbstbewusst ans Werk gehen, den Wagen in die Kurven werfen, das Limit ertasten und auch an die Leitplanken driften."

Aggressivität ist gefragt

Frage: "Man sollte nicht meinen, dass dies eine Strecke ist, wo man das Auto in die Kurven werfen sollte..."
Button: "Stimmt, aber genau das ist das Problem. Alle Leute kommen hierher und meinen, dass so etwas nicht geht. Ich habe anfangs auch immer so gedacht. Doch mal lernt hinzu und weiß dann irgendwann, dass man hier richtig aggressiv sein muss. Man muss Respekt vor den Leitplanken haben, das ist klar. Die sind verdammt hart und es gibt keine weichen Auslaufzonen. Aber trotzdem musst du aggressiv sein. Man darf hier nicht vorsichtig herumeiern. Das funktioniert in Monaco einfach nicht."

Frage: "Gibt es eine psychologische Blockade dabei?"
Button: "Man kann hier nicht aus der Boxengasse fahren und sofort sagen: 'So, dann schauen wir mal ein paar Runden lang, wie die Balance ist'. Man muss loslegen und sich sagen: 'Okay, ich muss hier richtig aggressiv zu Werke gehen'. Du holst dann entweder das Beste aus dem Auto, oder du bist gleich meilenweit entfernt davon."

¿pbvin|512|1544||0pb¿"Das kann in der Rundenzeit einen riesigen Unterschied ausmachen. Natürlich will man nicht sofort zum Start ins Wochenende einen doofen Fehler machen und den Wagen im ersten Run in die Mauer werfen. Aber dann muss mann konstant aggressiv fahren. Wenn du das Auto nicht bis zum Limit rannimmst, dann holst du auch nicht das Beste heraus. Und gerade hier macht sich das auf der Uhr ganz besonders deutlich bemerkbar."

Frage: "Wie groß ist der Traum von einem Sieg hier?"
Button: "Es war einfach ein Traum, nach Ungarn 2006 überhaupt nochmal ein Rennen zu gewinnen. Es wäre toll, hier zu siegen, aber für mich wäre es am größten, wenn ich mein Heimrennen gewinnen könnte. Das wäre bei der Atmosphäre und den britischen Fans am besten. Man sollte meinen, dass man bei seinem Heim-Grand-Prix die meisten Fans hat, daher sollte es genau dort wirklich besonders schön sein, zu gewinnen."

Silverstone wichtiger als Monaco

"Monaco ist klasse und es ist eine einzigartige Strecke, ganz anders als alle anderen Kurse. Wenn du hier gewinnst, bedeutet das noch lange nicht, dass du auch Weltmeister wirst, aber trotzdem ist das hier schon ganz speziell. Die Strecke macht Spaß und wenn du am Ende die Ziellinie überquerst ist das gewissermaßen ein Bonus."

"Du musst hier in jeder einzelnen Runde 100 Prozent geben, musst fokussiert und präzise sein, dabei aber gleichzeitig aggressiv fahren. Ein Sieg hier wird schon sehr besonders sein, weil du allein das Überqueren der Ziellinie als Erlösung empfindest. Anschließend bist du dermaßen müde, physisch und psychisch völlig ausgelaugt, daher ist es ganz sicher etwas Besonderes."

"Ich komme voller Zuversicht hierher, bin bin überzeugt von Team, Auto und mir selbst." Jenson Button

Frage: "Aber ein Monaco-Sieg ist auch mit höchsten Ehren verbunden..."
Button: "Ja, stimmt. Aber jeder Sieg ist fantastisch, wenn du vor allen anderen landest, als Erster die karierte Flagge siehst. Es ist ein besonderes Rennen. Aber wenn ich mir alle Rennen einer Saison so anschaue, ist dieses nicht das Rennen, welches für mich ganz besonders heraussticht. Denn das ist mein Heimrennen in Silverstone."

Frage: "Vor einiger Zeit hat dich Flavio Briatore gefragt, ob du nur nach Monaco kommen würdest, um dir ein Boot zu kaufen..."
Button: "Die Geschichte mit dem Boot war ja sogar in gewisser Weise korrekt, aber trotzdem lag er natürlich eigentlich falsch. So ist Flavio nun einmal, total unverblümt. Die Dinge sind nun ganz anders. Das Blatt hat sich gewendet. Ich komme voller Zuversicht hierher, bin bin überzeugt von Team, Auto und mir selbst. Ich freue mich schon, endlich auf die Strecke zu gehen."

"In dieser Saison ist es bisher alles etwas verrückt. Nachdem ich die letzten Rennen gewonnen hatte, habe ich das zwar an der Strecke genossen, aber sobald ich am Monatg im Hotel wach wurde, dachte ich sofort an das nächste Rennen. Das ist ein komisches Gefühl, ganz anders, als in meiner bisherigen Formel-1-Karriere. Wenn man vier von fünf Rennen gewinnt, gewöhnt man sich recht schnell daran."

Mit den Gedanken schon beim Titel?

"Ich vergesse keinesfalls, wie schwierig es sein kann und wie hart manchmal die Zeiten sein können. Aber sobald du siegst, ist ein zweiter Platz eine Enttäuschung. Ich muss also erstmal lernen, es nicht als eine Enttäuschung zu sehen, denn es ist ja kein schlechtes Resultat. Sonst wird man ja irgendwann verrückt. Ich habe in den vergangenen Wochen ständig an das nächste Rennen gedacht, hab alles im Kopf durchgespielt. Das waren anstrengende Wochen. Das sollte man vielleicht nicht meinen, aber es ist so."


Fotos: Großer Preis von Monaco, Pre-Events


Frage: "Du sprichst von diesem Stress. Ist das vielleicht ein Teil des Drucks, den man als WM-Führender hat?"
Button: "Stress ist vielleicht gar nicht das richtige Wort. Ich denke eben unentwegt an Rennen. Wenn es bei mir früher nicht lief, habe ich immer versucht, mich abzulenken, um auf andere Gedanken zu kommen. Jetzt denke ich ständig an Racing, das schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf herum."

Frage: "Also erleben wir in dieser Saison die andere Seite von dir?"
Button: "Vielleicht bin ich zurzeit dadurch ein echt langweiliger Typ, das kann wohl sein. Meine Freundin wird es mir wohl verraten, wenn sie morgen herkommt. Es ist einfach alles anders. Wenn die Dinge gut laufen, überlegst du die ganze Zeit, wie es vielleicht noch besser laufen könnte. Wenn es nicht läuft, müsstest du eigentlich ebenfalls intensiv an Verbesserungen arbeiten, aber dann brauchst du eben auch Ablenkung. Du musst dann einfach mal Abstand vom Rennsport bekommen. Im Moment ist mir das gar nicht möglich."

Frage: "In Monaco ist das vielleicht aber etwas einfacher mit all der Ablenkung..."
Button: "Ja, das stimmt allerdings. Ich bin bereits seit kurz nach dem Barcelona-Rennen hier. Es ist wirklich verdammt viel los."

Frage: "Bist du zu einem langweiligen Typen geworden, weil du schon an das große Ganze denkst?"
Button: "Vielleicht ja, ich weiß es aber nicht genau. Ich habe bisher nicht so richtig darüber nachgedacht. Ich habe viel eher an das kommende Wochenende gedacht, sehr viel sogar."