Button bei McLaren auf der Überholspur?

Jenson Button hat bei McLaren gegenüber Lewis Hamilton die Oberhand gewonnen: Wie er das Team auf seine Seite zieht und warum er sich ernst genommen fühlt

(Motorsport-Total.com) - Es war ein bezeichnender Moment: Jenson Button benötigte nur fünf Kurven, um Michael Schumacher in Runde 16 außen eingangs der Ascari-Schikane in einem beeindruckenden Manöver zu überholen - Teamkollege Lewis Hamilton biss sich am Mercedes-Fahrer fast das gesamte Rennen lang die Zähne aus.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Lewis Hamilton

Jenson Button stellte Lewis Hamilton nach der Sommerpause in den Schatten

"Ich war nicht darauf aus, einen dummen Fehler zu machen", gibt Hamilton gegenüber dem 'Guardian' zu, dass die Kritik der vergangenen Rennen nicht spurlos an ihm vorüber gegangen ist. "Vielleicht habe ich den Leuten gezeigt, dass ich sauber fahren und Problemen aus dem Weg gehen kann. Der Kerl vor mir hat es mir sehr schwer gemacht."

Button hatte hingegen großen Spaß daran, den siebenfachen Weltmeister niederzukämpfen, wie er dem 'Guardian' bestätigt: "Es ist einfach sehr befriedigend, denn mir gelang ein feines Manöver und ich genieße es immer, Michael zu überholen, denn er hat in diesem Sport viel erreicht. Jedes Überholmanöver ist aufregend, aber an einem siebenfachen Weltmeister, wenn er in guter Form ist und sein Auto eine gute Performance zeigt, ist es etwas Besonderes."

McLaren-Duell sorgt für Spannung

Der Weltmeister 2009 erlebt seit Ende der Sommerpause einen Höhenflug und hat entgegen der allgemeinen Erwartung bei McLaren die Oberhand gewonnen. In Ungarn triumphierte er, in Spa kämpfte er sich von weit hinten auf Platz drei nach vorne und in Monza wurde er Zweiter. Teamkollege Hamilton hat im gleichen Zeitraum bloß zwei vierte Plätze und einen Ausfall zu Buche stehen.

In der WM-Wertung liegt Button mit 176 Punkten auf dem dritten Platz und hat Hamilton, der in seiner Karriere noch nie von einem Teamkollegen geschlagen wurde, um neun Zähler abgehängt. Dabei weiß Button: "Wir haben keine Chance mehr auf Platz eins in der Weltmeisterschaft. Das wissen wir schon eine Zeitlang." 117 Punkte fehlen ihm auf Leader Sebastian Vettel, dem der Titel kaum noch zu nehmen ist. "Das ändert nichts an der Situation. Die Rennen werden dennoch richtig großartig werden - so wie die letzten Rennen."

"Wir tragen es wahrscheinlich öfter untereinander auf der Strecke aus, als mit anderen Fahrern." Jenson Button

Dem Briten ist durchaus bewusst, dass auch sein Stallduell mit Hamilton die Formel 1 im Schatten der Vettel-Siege am laufenden Band belebt: "Vor allem für die britische Öffentlichkeit ist das toll, denn obwohl die Weltmeisterschaft vorbei ist, gibt es weiterhin großartigen Rennsport. Wir tragen es wahrscheinlich öfter untereinander auf der Strecke aus, als mit anderen Fahrern."

Button fühlt sich immer wohler

Doch warum kommen sich die McLaren-Piloten immer wieder auf der Strecke ins Gehege? Button verweist auf das gleiche Material: "Wenn wir gute Arbeit leisten, dann werden wir sehr oft nebeneinander liegen. Hoffentlich bieten wir eine gute Show." Der 31-Jährige genießt die zahlreichen teaminternen Zweikämpfe: "Es macht Spaß, denn wir sind sehr konkurrenzfähig und pushen einander sehr hart. Wir sind hart, aber fair. Und es ist großartig für die Formel 1, wenn sich zwei Weltmeister im gleichen Team auf der Strecke bekämpfen."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Italien


Im Vorjahr erlebte Button einen guten Start in die Weltmeisterschaft und nützte die wechselhaften Wetterbedingungen zu zwei Siegen - im Endspurt schien dem McLaren-Star aber etwas die Luft auszugehen. Dieses Jahr wirkt er deutlich stärker. Das liegt daran, dass er sich inzwischen im Team eingelebt hat und auch die Richtung des aktuellen Autos mitbestimmen konnte. "Ich spüre das Team rund um mich und mir geht es auch abseits der Strecke gut. Ich arbeite wirklich gut mit den Leuten innerhalb des Teams zusammen - mit den Ingenieuren und den Mechanikern", meint Button. Der Titelgewinn 2009 habe zudem sein Selbstvertrauen gesteigert.

"Wir sind hart, aber fair." Jenson Button

Wie man ein Team für sich gewinnt

Button weiß, wie er das Team zu Höchstleistungen anspornt: "Am Samstagabend habe ich meine Ingenieure und Mechaniker in Italien zum Essen eingeladen." Ein Versuch, Hamiltons Stellung im Team anzugreifen? Button winkt ab: "Da geht es nicht darum, mir gegenüber Lewis' Seite der Garage einen Vorteil zu erarbeiten. Ich möchte den Jungs nur etwas für die harte Arbeit zurückgeben. Sie arbeiten stundenlang - eine gute Bindung innerhalb des Teams zu haben, ist sehr wichtig. Man könnte glauben, dass einem das nichts bringt, aber das ist definitiv der Fall."

Vor allem die Zusammenarbeit mit Renningenieur Dave Robson funktioniert laut Button ganz hervorragend: "Ich habe großes Vertrauen in meinen Ingenieur und er versteht die Art und Weise, wie ich arbeite. Wir haben eine gute Gesprächsbasis und das macht einen großen Unterschied."

"Da geht es nicht darum, mir gegenüber Lewis' Seite der Garage einen Vorteil zu erarbeiten." Jenson Button

Team entwickelt in Buttons Richtung

Button spürt, dass ihn sein Rennstall keinesfalls als Nummer-zwei-Piloten sieht: "Derzeit arbeiten wir daran, das Auto für nächstes Jahr zu entwickeln und sie hören wirklich auf das, was ich zu sagen habe - die Dinge, die ich nicht mag, und was ich verbessern will. Jedes Mal, wenn ich im Simulator sitze, testen wir etwas, das vor allem ich haben will. Das genieße ich sehr und wir machen große Fortschritte für das nächste Jahr."¿pbvin|512|4062||0|1pb¿

Das ist Button aus Honda- und Brawn-Zeiten nicht gewohnt. Damals hatte sein Wort weniger Gewicht. Liegt es daran, dass sein Feedback durch die enorme Erfahrung an Wert gewonnen hat? "Ich würde nicht sagen, dass ich jetzt mehr zu sagen habe, aber sie hören mir mehr zu, was schön ist", verneint Button. "Vielleicht liegt das daran, dass ich die Weltmeisterschaft gewonnen habe und das Selbstvertrauen habe. Manche Teams hören mehr zu als andere."

"Jedes Mal, wenn ich im Simulator sitze, testen wir etwas, das vor allem ich haben will." Jenson Button

McLaren hört auf seine Piloten

Davon profitiert auch Hamilton, meint Button: "Als ich hierher kam, gab es so viele großartige Dinge, die mich verblüfften, aber auch ein oder zwei Bereiche, wo ich mich fragte, warum sie das tun. Man gibt seinen Input und probierte neue Dinge aus. Das hilft Lewis und mir. Lewis und ich haben viel Einfluss. Das Team hört zu und dadurch wird das Auto besser."

Möglicherweise spornt Buttons immer enger werdende Bindung zum McLaren-Rennstall auch Hamilton an, intensiver mit seinem Rennstall zusammenzuarbeiten. Der Weltmeister 2008 verspricht: "Ich werde jetzt in die Fabrik zurückkehren und so hart wie möglich mit den Jungs arbeiten, damit wir uns verbessern und die Lücke zu Red Bull schließen."

"Ich werde jetzt in die Fabrik zurückkehren und so hart wie möglich mit den Jungs arbeiten." Lewis Hamilton