• 12.08.2004 11:12

  • von Fabian Hust

Briscoe: Von ungarischen Wurzeln und F1-Träumen

Warum Toyotas dritter Fahrer Ryan Briscoe Wurzeln in Ungarn hat und welche Zukunftsträume er in der Formel 1 hat

(Motorsport-Total.com) - Toyota-Testfahrer Ryan Briscoe erklimmt am kommenden Wochenende eine weitere Stufe auf seiner Karriereleiter. Weil sich sein Team überraschenderweise dazu entschied, Cristiano da Matta gegen Ricardo Zonta auszutauschen, rückte der Australier zum dritten Fahrer des Teams auf und darf somit für den Rest der Saison freitags den dritten Toyota pilotieren. Vor 78 Jahren war Briscoes Großvater als "mitfahrender Mechaniker" in Budapest beim Grand Prix in Nepliget 1926 in Budapest in einem Daimler-Benz unterwegs.

Titel-Bild zur News: Ryan Briscoe

Ryan Briscoe träumt von einem Aufstieg zum Stammfahrer

Sein 22-jähriger Enkelsohn wird nun morgen mit dem überarbeiteten TF104B auf die Strecke gehen, der nach Hockenheim seinen zweiten Auftritt haben wird. Mit dem überarbeiteten Modell konnten die Japaner beim Großen Preis von Deutschland aufhorchen lassen, aber keiner der Piloten sah die Zielflagge in den Punkten. Briscoe hofft dennoch, dass er mit dem Auto Werbung in eigener Sache machen kann, denn sein Ziel ist es nach wie vor, zum Stammfahrer in der Formel 1 aufzusteigen.#w1#

Briscoe schielt auf ein Cockpit bei Jordan oder Minardi

Dieses Ziel wird der junge Rennfahrer wohl kaum mit Toyota erreichen können, denn als Stammfahrer steht Ralf Schumacher bereits fest und das zweite Cockpit wird wohl an Jarno Trulli vergeben werden. Aus diesem Grund hofft Ryan Briscoe, dass er für eines der kleineren Teams wie Jordan oder Minardi an den Start gehen kann, wo Teamchef Paul Stoddart zum Beispiel Landsmann Mark Webber vor drei Jahren den Einstieg in die Formel 1 ermöglicht hatte.

Ungarn feiern "ihren Ryan"

In Ungarn ist man gespannt auf die Leistungen von Ryan Briscoe. Die Tageszeitung 'Nepszabadsag' druckte vor kurzem ein prominentes Feature über den Rennfahrer ab, der auf Grund der Verbindung seines Großvaters zu Budapest als "unser Ryan" bezeichnet wird. Lehner war Österreicher. Er wurde in der Zeit der österreichisch-ungarischen Doppel-Monarchie in Uglau geboren. Dieser Ort heißt heute Jihlava und ist Teil der tschechischen Republik. Der Großvater starb, bevor Briscoe auf die Welt kam.

"Ich bin mir sicher, dass meine Familie das Rennfahren in das Blut bekam, als er Rennen fuhr", so Briscoe. "Mein Vater (Geoff) fuhr mit Rallye-Autos, während ich heute auf der Schwelle zu meinem großen Traum steht, ein Formel-1-Fahrer zu werden." Briscoes Onkel Doug ist in Australien übrigens ebenfalls ein bekannter Rennfahrer.

Briscoe will Webber nacheifern

Landsmann Mark Webber ist der große Sprung gelungen. Er schaffte es in lediglich drei Jahren vom Minardi-Team über Jaguar Racing bis hin zu BMW-Williams. Am liebsten würde Ryan Briscoe in Webbers Fußstapfen treten: "Marks Erfolg ist für den Sport in Australien fantastisch und ich bin mir sicher, dass es nun mehr Fans in Australien geben wird, die die Formel 1 unterstützen, nachdem er in der Formel 1 bei Minardi und Jaguar so gut war und nun einen Platz bei Williams bekommen hat."

"Er hat bewiesen, dass er ein sehr konkurrenzfähiger Fahrer ist. Er ist ein cleverer Kerl und ein Mensch, mit dem man gut zurechtkommt und ich denke, dass seine Erfolge wohl auch für mich gut waren." Der Rennfahrer hofft nun, dass australische Unternehmen ihn finanziell unterstützen könnten und einen Vertrag mit Minardi oder Jordan ermöglichen, jetzt, wo sie sehen, dass es einen Australier ganz weit nach vorne schaffen kann.

Die Konkurrenz ist Briscoe teilweise voraus

Wie die meisten aktuellen Formel-1-Fahrer begann Briscoe seine Motorsport-Karriere im Kart-Sport. Im Alter von 15 Jahren lebte er aus diesem Grund alleine in Italien. Dort gewann er alle möglichen Meistertitel, jedoch keinen Weltmeistertitel. In seiner ersten Formel-Saison gewann Briscoe 2001 die Italienische Formel-Renault-Meisterschaft. Im vergangenen Jahr entschied er die Europäische Formel-3-Meisterschaft für sich und schlug damit den jetzigen Jaguar-Piloten Christian Klien. Auch Ex-Kollege Timo Glock durfte bereits ein Formel-1-Rennen bestreiten.

Was ist es also für ein Gefühl, wenn es Kollegen bereits weiter gebracht haben als man selbst? "Das ist ein wenig frustrierend, aber ich beschwere mich definitiv nicht, denn ich bin bei Toyota in einer sehr guten Position und ich habe hoffentlich immer noch eine sehr gute Zukunft vor mir liegen. Ich muss in diesem Jahr einfach ein wenig geduldig sein. Für die Zukunft sieht es immer noch gut aus."

Briscoe ist von sich überzeugt

Bei Toyota hat Briscoe in diesem Jahr fast 10.000 Kilometer im Formel-1-Auto abgespult, aber bisher eben abseits der Öffentlichkeit. "Es ist wirklich so, dass die Leute von außen kaum sehen, was vor sich geht, welche Reifen man verwendet, welche Benzinmenge an Bord ist, welche unterschiedlichen Teile wir ausprobieren. Die einzigen Leute, die die Leistung wirklich beurteilen können, sind die Leute im Team."

"Es gab Zeiten, der konnte ich sehen, dass ich an meinem Auto gute Reifen habe, um gut abzuschneiden. Das ist der Moment, an dem man auf die Strecke gehen und eine schnelle Rundenzeit fahren muss und versucht, die Leute außen zu beeindrucken. Aber abgesehen davon dreht es sich darum, immer gute Leistungen zu zeigen, egal, welches Material man hat. Dann muss man halt eben innerhalb des Teams überzeugen."

Was seine eigenen Leistungen angeht, zeigt sich der Nachwuchsrennfahrer überzeugt: "Wann auch immer ich unter gleichen Bedingungen mit den anderen Fahrern des Teams unterwegs war, war ich gleich schnell oder schneller als sie. Dieses Jahr war für mich sehr gut und ich habe innerhalb des Teams ziemlich viel Respekt geerntet."

Briscoe muss seine Zukunft selbst in die Hand nehmen

Für den Rest der Saison gibt sich der Australier zuversichtlich: "Wir hoffen definitiv auf einen besseren letzten Teil der Saison. Ich werde immer noch vollständig von Toyota unterstützt, aber im Moment sind sie nicht besonders gewillt, das Geld zu investieren, um mich kommendes Jahr in einem anderen Team unterzubringen. Ich weiß nicht, ob dies Jordan oder Minardi oder ein anderes Team wäre. Es müsste ein Team sein, das bei Toyota nicht zu Konflikten führen würde."

"Toyota überlässt es in gewisser Weise mir und meinem Manager (dem Italiener Max Angelelli), Geld zu finden und wir versuchen im Moment, etwas auf die Beine zu stellen. Das ist nicht einfach, aber definitiv möchte ich dies im kommenden Jahr erreichen. Es wäre für mich perfekt, wenn ich in einem der kleineren Teams Rennerfahrung sammeln könnte. Ich bin nicht der Einzige, der auf seine Chance wartet. Aber mit den ganzen Fahrerwechseln weiß man definitiv nicht, was passieren kann. Ich fühle mich gerüstet, bleibe aber auf dem Boden. Welche Möglichkeit auch immer auftaucht, ich werde das Beste aus ihr machen."