• 14.10.2005 13:46

Bridgestone-FAQ mit Schumacher und Hamashima

Der Ferrari-Star und der Bridgestone-Mann über die Zusammenarbeit der beiden Firmen sowie eine aktuelle Sicherheitskampagne

(Motorsport-Total.com) - Gerade in China, wo der Automobilmarkt demnächst explodieren wird, bemühen sich die in der Formel 1 engagierten Konzerne um Medienpräsenz. Reifenhersteller Bridgestone hielt daher gestern eine Pressekonferenz ab, bei der Formel-1-Projektleiter Hirohide Hamashima und Fahrer Michael Schumacher anwesend waren. Dass dabei in erster Linie PR-Gewäsch zum Besten gegeben wurde, versteht sich von selbst.

Titel-Bild zur News: Hirohide Hamashima

Hirohide Hamashima ist der Leiter von Bridgestones Aktivitäten in der Formel 1

Frage: "Michael, wie gefällt dir Shanghai?"
Michael Schumacher: "Ich bin erst gestern angekommen. Es ist eine sehr lebhafte Stadt."#w1#

Früher waren die Reifen in der Formel 1 unbedeutend

Frage: "Ferrari arbeitet seit 1999 und hat seither sechsmal die Konstrukteurs- und fünfmal die Fahrer-WM gewonnen. Warum sind die Reifen in der Formel 1 eigentlich so wichtig?"
Schumacher: "Stellt euch doch einfach vor, ein Straßenauto ohne Reifen zu fahren! Das würde nicht gerade gut aussehen. Im Rennsport hatten wir lange Zeit nur einen Reifenhersteller, und damals war es nicht wichtig, wie gut die Reifen waren, weil alle dasselbe Material hatten."

"Seit aber Michelin in die Formel 1 eingestiegen ist, ist es sehr wichtig, einen besseren Reifen zu haben, um schnellere Kurvengeschwindigkeiten, besseres Bremsen und höhere Sicherheit zu erreichen. Insofern ist es sehr wichtig, einen starken Partner zu haben, und nur dank unseres starken Partners hatten wir in den vergangenen Jahren so viel Erfolg."

Frage: "Hirohide, wie werden Formel-1-Reifen entwickelt und was hat Michael Schumacher zur Reifenentwicklung bei Bridgestone beigetragen?"
Hirohide Hamashima: "Ich werde erst die erste Frage beantworten. Wir verwenden Bridgestones 'Total Technology' für die Formel 1, also die Technik- und Designabteilung und alle anderen Abteilungen, die mit dem Formel-1-Projekt kooperieren. Bei den Labortests haben wir immer hunderte Mischungen, von denen wir dann ein paar für die Streckentests auswählen."

Schumacher wählt die Reifenmischungen selbst aus

"Die finale Entscheidung trifft Michael Schumacher, und an die Rennstrecke bringen wir dann nur noch zwei verschiedene Reifentypen für jedes Team mit. Die Antwort auf die zweite Frage ist, dass Michaels Beitrag ganz enorm ist. Er hat uns so viele Ratschläge für die Weiterentwicklung der Reifen gegeben, tut das noch immer. Vor allem sagt er uns, auf welche Schwächen wir uns konzentrieren müssen. Das ist für die Ingenieure ganz wichtig."

Frage: "Ferrari fährt seit mehr als 100 Rennen auf Bridgestone-Rennen. Welches Rennen ist euch davon in bester Erinnerung geblieben und warum?"
Schumacher: "Wow! Es sind mehr als 100 Rennen? Ich kenne die genaue Anzahl der Siege nicht, aber es müssen wohl mehr als 50 sein. Es ist schwierig, einen Sieg hervorzuheben, denn wir haben ein großartiges Verhältnis und eine gute Arbeitssituation. Die Entwicklungsrate ist sehr hoch - und oft war es sehr beeindruckend, wie schnell Bridgestone reagiert hat. Ich muss immer wieder betonen, dass unser Erfolg kein Zufall ist. Bridgestone und Ferrari haben in all den Jahren sehr hart zusammengearbeitet. Es ist nicht so, dass wir jetzt nicht mehr so hart arbeiten würden, aber manchmal sind die Dinge eben etwas schwieriger. Wir arbeiten sehr hart daran, möglichst bald zurückzukommen."

Hamashima: "Ich habe auch viele schöne Erinnerungen an Siege mit Michael, aber besonders beeindruckend war der US-Grand-Prix dieses Jahr, denn wir konnten dabei unser Sicherheitskonzept einem weltweiten Publikum demonstrieren. Das war natürlich fantastisch für uns."

Vor Bridgestone arbeitete Ferrari mit Goodyear zusammen

Frage: "Was ist der Schlüssel zu Ferraris Erfolgen mit Bridgestone und wie hat sich die Zusammenarbeit in all den Jahren entwickelt und verändert?"
Schumacher: "Wir kamen von einem anderen Reifenhersteller zu Bridgestone. Ich denke, das erste Jahr, in dem wir zusammengearbeitet haben, war 1999. Damals waren wir nur eines von vielen Teams. Dank Jean Todt und den Bridgestone-Verantwortlichen war aber relativ schnell klar, dass es da ein gutes Verhältnis und gemeinsame Perspektiven für die Zukunft geben würde."

"Es hat dann nicht lange gedauert, mit den Bridgestone-Leuten nicht nur ein sehr professionelles, sondern auch ein freundschaftliches Arbeitsverhältnis aufzubauen. Das sind gute Leute. Hirohide ist ein gutes Beispiel, eine sehr gute Person. Von diesen guten Ingenieuren mit sehr gutem Know-how gibt es mehrere bei Bridgestone, also haben wir diese enge Partnerschaft aufgebaut."

Frage: "Die veränderte Reifenregel hatte großen Einfluss auf eure Misserfolge in diesem Jahr. Was rechnest du dir jetzt für Shanghai aus?"
Schumacher: "Unser Wille ist ungebrochen. Wir wollen noch immer so viele Rennen wie möglich gewinnen, aber wie ich vorhin schon gesagt habe, muss man manchmal eben auch Rückschläge einstecken. Wir hatten zu viel Erfolg. Der erste Grand Prix in Shanghai, ein historisches Rennen, wurde von einem Bridgestone-Fahrer gewonnen, meinem Teamkollegen Rubens (Barrichello; Anm. d. Red.). Er hat letztes Jahr eine fantastische Leistung erbracht, genau wie Bridgestone. Dieses Jahr möchte ich dasselbe erreichen, aber das wird schwierig. Aufgeben tun wir aber nicht."

"Keine einfache Situation" für Ferrari und Bridgestone

Frage: "Wie wollt ihr dieses Wochenende auf das Podium zurückkehren?"
Hamashima: "Wie Michael schon gesagt hat, befinden wir uns in keiner einfachen Situation, aber vor drei Wochen hat Michael bei den Tests alles versucht. Dann stieß er auf einen recht guten Reifentypen, den wir hier dabei haben. Ich hoffe, dass uns diese Spezifikation wieder auf die Erfolgsstraße verhelfen wird."

Frage: "Was sind die speziellen Anforderungen von Shanghai und welche Reifentypen werden speziell für jedes Rennen angefertigt?"
Hamashima: "Shanghai ist eine der interessantesten Strecken. Die Fahrbahn ist sehr glatt, daher benötigt man eine weiche Mischung. Die Strecke hat Highspeed- und auch langsame Kurven, die Belastung für die Reifen ist also recht vielseitig. Wir benötigen daher einen Kompromiss zwischen weichen und harten Reifen. Die Strecke erfordert viele Dinge - nicht nur von den Reifen, sondern auch vom Potenzial des Autos und vom Setup."

Frage: "Kannst du schon verraten, mit welchen Teams ihr nächstes Jahr an den Start gehen werdet?"
Hamashima: "Wir werden natürlich mit Ferrari weiterarbeiten, aber es kommen auch Williams und wahrscheinlich Toyota neu dazu. Wir hoffen, dass wir die gesammelten Daten dieser Teams austauschen können, um die Weiterentwicklung anzukurbeln."

Frage: "Möchtest du nächstes Jahr wieder Erster werden? Und was erwartest du von den neuen V8-Motoren und den neuen Reifen von Bridgestone?"
Schumacher: "Wir wollen wieder gewinnen, keine Frage. Es ist nicht angenehm, nicht in einer Position zu sein, in der man gewinnen kann. Nächstes Jahr könnten sich durch die neuen V8-Motoren einige Verschiebungen ergeben, aber allzu gravierende würde ich auch wieder nicht erwarten. Es hängt von uns und unserem Partner ab, die Probleme, die wir noch haben, zu lösen. Daran glauben wir."

Schumacher setzt sich für Verkehrssicherheit ein

Frage: "Es gibt ja eine gemeinsame Sicherheitskampagne von FIA und Bridgestone. Unterstützt du diese?"
Schumacher: "Absolut. Ich glaube an Kampagnen wie diese, weil sie den Menschen jede Menge nützlicher Informationen vermitteln - zum Beispiel, dass man den Reifendruck laufend überprüfen und Sicherheitsgurte anlegen soll. Das ist lebenswichtig. Ich habe solche Kampagnen mit der FIA auch schon in den vergangenen Jahren gemacht."

"Es ist schön, dass ich meine Erfolge auf diese Weise mit vielen anderen Menschen sinnvoll teilen kann, denn durch meine Berühmtheit kann ich den Menschen mitteilen, was sie machen können, um ihr Leben zu schützen - und zwar nicht nur das eigene, sondern auch das der Kinder, der Beifahrer. Manchmal sind es nur ein paar Sekunden, die ein Leben völlig verändern können. Daher stehe ich hundertprozentig hinter solchen Ideen. Ich helfe, wo ich nur kann."

Auch ein Weltmeister fährt nie ohne Sicherheitsgurt

Frage: "Was machst du selbst, bevor du mit deinem Auto losfährst?"
Schumacher: "Es ist ganz normal, dass ich auf mich selbst schaue. Es wäre ja dumm, mich öffentlich für etwas einzusetzen, was mir eigentlich egal ist. Ich würde niemals ohne Sicherheitsgurt fahren, würde meine Kinder oder meine Mitfahrer nie ohne Sicherheitsgurte ins Auto lassen. Es ist auch wichtig, die Reifen zu checken. Für mich als Rennfahrer ist das ganz normal. Wie man das Gepäck verstaut, ist ebenfalls wichtig, aber auch die Sitzposition und die Stellung der Kopfstütze. Es gibt viele Dinge, die ich persönlich überprüfe, und ich hoffe, dass ich mit dieser Message so viele Menschen wie möglich erreichen kann."

Frage: "Welche Sicherheitsüberprüfungen werden denn in der Formel 1 durchgeführt?"
Hamashima: "Fast dieselben wie bei Straßenautos. Das Wichtigste ist, den Luftdruck zu prüfen. Ein Formel-1-Auto ist außerdem sehr, sehr schnell, daher würden wir gerne das Phänomen Aquaplaning besser in den Griff bekommen. Auch der Verschleiß ist ein wichtiges Thema, weil sich die Regeln dieses Jahr dramatisch verändert haben."

Frage: "Michael, hast du eine Botschaft für die chinesischen Fahrer?"
Schumacher: "Meine erste Botschaft ist, dass jemand, der ein besserer Autofahrer zu sein glaubt als jemand anderes, das nicht zur Schau stellen, sondern für mehr Sicherheit nutzen sollte. Wenn ich auf normalen Straßen fahre, zeige ich nicht, dass ich Michael Schumacher bin, sondern ich fahre meiner Umgebung angepasst und versuche, meine Mitmenschen nicht in Gefahr zu bringen. Das ist einmal am wichtigsten. Die andere Sache, die mir sehr am Herzen liegt, ist ein kleines Gerät, mit dem man den Reifendruck und auch das Profil überprüfen kann. Gerade bei Regen und Aquaplaning ist das sehr wichtig. Dafür sollte man sich vor dem Einsteigen ein paar Sekunden Zeit nehmen, damit man das ganze Leben genießen kann."