• 27.05.2006 10:14

Briatore: "Sehen nicht mehr sehr viel Rennsport"

Der Renault-Teamchef fordert nicht nur sinkende Kosten in der Formel 1, vor allem die Show auf der Strecke müsse wieder besser werden

(Motorsport-Total.com) - Frage: "In der Formel 1 ziehen nun alle an einem Strang, aber was ist deine Vision der Formel 1?"
Flavio Briatore: "Es hat sechs Jahre gedauert, bis der kommerzielle Deal ausgehandelt wurde, und nach sechs Jahren wurde er endlich von allen unterzeichnet. Nun hoffe ich, dass es nicht so lange dauert, bis auch auf der technischen Seite etwas steht. Ich glaube, dass nun jeder sagt, er möchte eine effizientere Formel 1, denn das brauchen wir für die Zukunft, um die Privatteams zu halten und die Hersteller ebenso. Die Effizienz geht der Formel 1 ab. Das ist die Formel 1 der Zukunft für mich."

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore möchte die Formel 1 an den Faninteressen ausrichten

"Wir müssen auf die Öffentlichkeit achten, wir brauchen Überholmanöver, wir möchten das nicht nur in der Boxengasse sehen. Rennsport braucht das, aber auf vielen Kursen sehen wir nicht mehr sehr viel Rennsport. Aber das scheint niemanden zu stören. Wir sollten etwas mehr tun, um die Öffentlichkeit zu beeindrucken, die Leute, die uns zusehen. Momentan ist es nur gut für die Sponsoren."#w1#

"Und wir müssen die Kosten senken, denn jeder weiß, dass sie immer weiter steigen. Es ist gut, dass unsere Show besser wird, aber wir müssen versuchen, ein Team nicht emotional oder technisch zu führen - mir Ausnahme der technischen Seite -, sondern als Geschäft. Momentan schert sich niemand um das Geschäft und niemand kümmert sich um unsere Kunden."

"Aber genau das müssen wir machen: Wir müssen an unsere Kundschaft denken, die Millionen von Leuten, die für die TV-Rechte zahlen, um uns zu sehen. Ihnen müssen wir eine gute Show zeigen. Natürlich müssen wir auch die Technologie behalten, aber manchmal müssen wir das auch einfach dem Fahrer überlassen, damit er seine Arbeit macht - und zwar eine spektakuläre."

Zu viel Technologie in der Formel 1

Frage: "Wie wollt ihr das Verlangen nach einer technologischen Herausforderung mit einer Kostensenkung vereinbaren?"
Briatore: "Jeder spricht über die Technologie und den Kampf darum, aber das sind Leute, die nie ein Rennen gewonnen haben, oder Teams, die vor acht oder neun Jahren ein Rennen gewonnen haben. Wenn jemand über die Technologie reden kann, dann Renault und Ferrari. Ich höre viele sagen, dass es in der Formel 1 nur um die Technologie geht. 'Wir sind hier, um Geld in die Technologie zu stecken', aber diese Leute haben doch nie ein Rennen gewonnen. In sieben Jahren nicht, nur vereinzelte Podestplätze. Und jeder Podestplatz kostete ein Heidengeld."

"Ich weiß nicht recht, über was diese Leute reden. Ich denke, dass wir wieder richtigen Rennsport brauchen. Wir brauchen Überholmanöver, Fans, die enthusiastisch die Formel 1 verfolgen. Wenn wir in Zukunft die Show verbessern und die Technologie abrüsten - und ist möglich -, dann könnten wir mit nur 300 Leuten Rennen bestreiten, derzeit sind es 1.000."

"Wenn wir das nicht stoppen, dann sind es in zwei Jahren vielleicht 2.000 und in drei Jahren kann es sich vielleicht niemand mehr leisten. Die Regeln für 2008 sind da. Renault ist mit ihnen sehr zufrieden, wie es bei den anderen aussieht, weiß ich nicht. Aber wenn man mit einem besseren Deal zu mir kommt, dann akzeptiere ich das natürlich auch. Ich weiß, wie viel es 2008 kosten wird."

"Aber wir müssen nicht mehr verhandeln, wir haben gesehen, wie lange es dauert, bis die kommerzielle Seite ausgehandelt wurde. Vor drei Jahren hatten wir einen besseren Deal, nun haben wir einen schlechteren unterzeichnet. Es hat sechs Jahre gedauert, das auszuhandeln. Auch mit den Technikregeln für 2008 bin ich zufrieden. Wenn jemand kommt und Vorschläge macht, wie es noch besser geht, dann ist das gut, aber momentan bin ich mit den Regeln für 2008 zufrieden, denn die Kosten werden gesenkt. Gerade beim Motor werden 50 Prozent eingespart, das ist keine Kostensenkung, das ist Effizienz."

Fahrerwahl für 2007 steht noch nicht zur Debatte

Frage: "Nach Fernando Alonsos Sieg in Barcelona gab es noch zwei weitere Erfolge in Spanien für euch: zunächst die Roadshow in Sevilla, dann die Verleihung der 'Laureus Awards' in Barcelona. Erzähl und etwas darüber."
Briatore: "Sevilla war großartig, denn das Auto war dort inmitten der Zuschauer. Es waren zirka 280.000 Leute dort, die haben eine Renault-Ausstellung gesehen, Fernando war da, alle anderen Fahrer, alte Autos von Renault. Dies ist eine Möglichkeit, die Formel 1 näher an die Öffentlichkeit zu bringen, denn nicht alle haben die Chance, 200 oder 300 Euros auszugeben, um ein Rennen an der Strecke verfolgen zu können. Aber in Sevilla hat die Stadt die Veranstaltung gesponsert, es kostete nichts."

"Und in Barcelona? Wir haben den Oscar für das beste Team gewonnen. Das war gut, denn es belohnt nicht nur den Fahrer, sondern das Team. In der Formel 1 geht es oft nur um den Fahrer, den Fahrer und nochmal den Fahrer. Dabei vergisst man häufig die Leute, die dahinter arbeiten, die ihm die Möglichkeit und das richtige Auto und die Strategie geben. Es geht nicht nur um eine Person, sondern alle müssen die gleiche Richtung arbeiten, jeder arbeitet gemeinsam am Erfolg oder der Niederlage."

Frage: "Fünf Fahrer sollen bei euch auf der Liste stehen, die im kommenden Jahr für euch fahren können. Sind das die einzigen Fahrer, die im Gespräch sind?"
Briatore: "Momentan könnten es sogar sechs Fahrer sein, ich habe mich da noch nicht entschieden. Über die Fahrer entscheiden wir später, derzeit sind wir einfach glücklich, um die Meisterschaft fahren zu können. Es sind erst sechs Rennen gefahren und wenn ich die Entscheidung getroffen habe, dann es eine Pressemitteilung geben, in der nicht mehr fünf, sondern nur noch zwei Fahrer stehen."