Brawn macht Dampf: Entwicklung statt Ersatzteile

Der neue Brawn-Rennstall hat sich voll und ganz dem Erfolg auf der Rennstrecke verschrieben, erwartet aber einen intensiven WM-Fight

(Motorsport-Total.com) - Drei Rennen sind bereits absolviert und an der Tabellenspitze rangiert nach wie vor die große Überraschung des Saisonauftakts: Das Brawn-Team belegt dank seiner beiden Piloten Jenson Button und Rubens Barrichello in beiden WM-Wertungen die Toppositionen und gilt auch vor dem anstehenden Grand Prix von Bahrain als Favorit auf den Rennsieg. Nichtsdestotrotz ist sich Teamchef Ross Brawn vollkommen im Klaren darüber, dass auch seine Mannschaft den Wagen stark verbessern muss.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Der Brawn BGP 001 ist schon sehr gut, soll aber schon bald noch viel besser sein...

Doch unmittelbar vor dem vierten WM-Lauf des Jahres sieht sich Brawn in einer hervorragenden Ausgangsposition: "Es gibt keinen Grund, warum wir nicht auch am Saisonende noch gut dabei sein sollten, aber die anderen Teams werden ihre Autos sehr schnell weiterentwickeln", meinte der ehemalige Technische Direktor von Ferrari und fügte an: "Sie versuchen aufzuholen - wir arbeiten hart, um vorne zu bleiben."#w1#

Das Brawn-Modell als Vorbild für die Formel 1?

"Die Herausforderung ist für uns aber ziemlich groß: Bei uns arbeiten 450 Personen an einem Projekt, das wir früher mit 700 Leuten erledigt haben", verwies Brawn auf die unlängst reduzierte Belegschaft beim früheren Werksteam. "Das sind aber noch immer mehr Angestellte, als Honda 2004 beschäftigt hat - und das war ihre letzte gute Saison." Seither hat sich in der Formel 1 freilich einiges verändert - auch die Herangehensweise eines Rennstalls.

Brawn hat den Weg aufgezeigt - werden also weitere Teams diesem Beispiel folgen? Teamchef Brawn sieht durchaus einen gewissen Trend aufkommen: "Jetzt haben wir schärferes Reglement, das beispielsweise das Testen stark limitiert. Künftig wird es also durchaus möglich sein, dass ein Team akzeptieren muss, im einen Jahr um die WM mitzufahren und in der folgenden Saison deswegen nicht vorne mit dabei sein zu können", erläuterte der Brite.

"Wer gewinnen will, muss Brawn schlagen." Marc Surer

Vorzeitig abschreiben möchte Brawn die Konkurrenz dennoch nicht. Auch 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer glaubt fest an ein Comeback der arrivierten Topteams: "Wer gewinnen will, muss Brawn schlagen", brachte es der ehemalige Formel-1-Pilot auf den Punkt. "Wir werden dieses Jahr eine gewaltige Aufholjagd sehen. Hamilton hat schon angefangen, Ferrari wird auch kommen", vermutete Surer nach dem dritten Saisonrennen.

Dabei hatte erstmals 2009 kein Brawn-Pilot die Ziellinie auf Position eins überquert - und dennoch machte der Rennstall einmal mehr gute Punkte. Surer: "Sie haben gemerkt, dass es nicht geht, und dann haben sie sich darauf beschränkt, ins Ziel zu kommen. Sehr clever - aber das ist typisch für Ross Brawn, der die Lage sofort einschätzen kann und sagt: 'Wenn wir sie nicht schlagen können, dann nehmen wir wenigstens die Punkte mit.'"

Kalkuliertes Risiko: Alles für den Erfolg...

"Da ist er der Stratege an der Boxenmauer, der alles richtig macht", lobte der Schweizer das britische "Superhirn" und stellte auch WM-Leader Jenson Button ein ausgezeichnetes Zwischenzeugnis aus. "Die ersten Punkte sind die einfachsten. So gesehen macht Jenson Button alles richtig, indem er sich ein Polster verschafft, denn davon muss er später in der Saison dann zehren", ist sich Surer sicher und verwies auf die drohende Aufholjagd der Konkurrenz.

Ausgerechnet der straffe Finanzierungsplan könnte dem Brawn-Team dabei einen Strich durch die Erfolgsrechnung machen: "Wir haben nicht sonderlich viele Ersatzteile. Das könnte uns zum Verhängnis werden, wenn wir in eine Verkettung von unglücklichen Umständen hineingeraten", musste Teamchef Brawn gestehen. "So haben wir beispielsweise keinen Ersatzwagen. Ich denke aber, wir sollten das Budget lieber in den Windkanal stecken."

"Wir haben nicht sonderlich viele Ersatzteile - das könnte uns zum Verhängnis werden." Ross Brawn

"Die Sicherheit steht natürlich ganz oben, doch unser Aerodynamikprogramm ist sehr aggressiv. Das ist uns viel wichtiger als die Anzahl von Reserveflügeln", erläuterte Brawn und merkte an: "Außerdem reisen von uns nur 55 Teammitglieder zu den Rennen - in der Vergangenheit wären das noch 100 gewesen. Wir ziehen es einfach vor, unsere Gelder der Verbesserung des Wagens zukommen zu lassen, um damit schneller zu sein."

So reist die britische Mannschaft mit der Favoritenrolle im Gepäck zum Wüstenrennen nach Bahrain, wo viele Experten eine ähnlich starke Leistung erwarten, wie sie Brawn schon in Melbourne und Malaysia hatte abrufen können. "In Schanghai hat der Regen geholfen, aber ansonsten sind sie schwer zu schlagen", attestierte Surer Brawn abschließend eine gute Form. "Wenn wir eine trockene Piste haben, werden sie wieder das Maß der Dinge sein."