• 16.03.2005 11:59

  • von Hust / Helgert / Nimmervoll

Bewährungsprobe Malaysia-Grand-Prix

Der Malaysia-Grand-Prix gilt als das härteste Rennen der Saison, die neuen Motorenregeln könnten für zusätzliche Spannung sorgen

(Motorsport-Total.com) - "Selamat Datang" steht in großen Buchstaben am internationalen Flughafen von Kuala Lumpur und bedeutet ganz einfach "Willkommen". Willkommen geheißen wird am kommenden Wochenende auch wieder der Formel-1-Tross, denn am 20. März geht es in die zweite Runde der diesjährigen Formel-1-Weltmeisterschaft. Dann sind die Teams zu Gast in Südostasien. Die Hitze und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit von nicht selten 90% werden nicht nur den Menschen, sondern auch dem technischen Equipment zu schaffen machen. In diesem Jahr ist die Herausforderung aber noch größer, denn viele Motoren werden in Sepang bereits das zweite Rennwochenende absolvieren, während auch die Reifen Qualifying und Rennen unter den extremen Bedingungen durchstehen müssen.

Titel-Bild zur News: Gianmaria Bruni

In Malaysia erwartet die Formel-1-Piloten wieder eine schwüle Hitze

Trotzdem kommen die meisten Formel-1-Fahrer, Teambeteiligten und Fans sehr gerne nach Malaysia, denn der 'Sepang International Circuit' zählt zu den schönsten im gesamten Formel-1-Kalender. Der Kurs liegt etwa drei Kilometer östlich des Flughafens und ist am einfachsten und billigsten mit einem Taxi über die Autobahn zu erreichen. Etwa 75 km von der Hauptstadt Kuala Lumpur entfernt ist Sepang von tropischen Wäldern umgeben und die pagodenartigen Dächer der Tribünen verleihen der Anlage ein ganz besonderes Flair. Hat man dann auch noch das Glück, einen Platz hoch oben am Ende der Gegengerade zu ergattern, kann man beide Seiten des 5,543 km langen Kurses einsehen.#w1#

Das Projekt war von Anfang an ehrgeizig: Der Aachener Architekt Hermann Tilke entwarf die Strecke mit dem Vorteil, dass er das brachliegende Land frei nutzen konnte. Mit bis zu 16 Metern ist sie die breiteste Piste im Formel-1-Kalender und besitzt quasi zwei Start- und Zielgeraden, die fast parallel verlaufen und die Zuschauerkapazität an der Strecke massiv erhöhen, wobei noch nie ein Rennen ausverkauft wurde, da die Ticketpreise nicht dem geringen Lohnniveau von Malaysia angepasst sind.

KL - Hightech und Tradition

Kuala Lumpur, im Volksmund kurz "KL" genannt, ist auch ohne Grand Prix eine Reise wert. Die berühmteste Attraktion der Dreimillionenstadt sind sicher die 'Petronas Twin Towers', die 451,9 Meter hoch in den Himmel ragen. Ein Gang über die Skybridge, die im 42. Stockwerk die beiden Türme verbindet, und der Ausblick von der 84. Etage sind atemberaubend und kein Tourist sollte sich das entgehen lassen.

An hohen Gebäuden mangelt es KL keineswegs. Auf dem Menara Kuala Lumpur vor den Petronas Towers, dem Blickfang der Stadt, kann man in luftiger Höhe gemütlich speisen. Lohenswert sind auch Besuche von Central Market, Little India, Chinatown, das Sultan Abdul Samat Gebäude oder auch Masijd Jame, der ältesten und schönsten Moschee Kuala Lumpurs. Keinesfalls versäumen sollte man auch die Batu Hindu-Höhlen und den Thean Hou-Tempel. Auf der Jalan Ampang vermitteln einem die alten Gebäude den Eindruck, um 100 Jahre zurückversetzt zu sein.

Auch in der Nacht steht das Leben nicht still

Wer nach all den Besichtigungstouren noch Kraft hat, sich ins Nachtleben zu stürzen, kann in KL problemlos bis zum Morgengrauen feiern. Auf der Jalan Bukit Bitang reiht sich Diskothek an Pub und Nachtclub. Um sich für das Nachleben zu stärken, bietet KL zahllose kulinarische Möglichkeiten. Die malaysische Küche ist durchaus auch etwas für Feinschmecker.

Wer es etwas ruhiger mag, ist in den zahlreichen Themenparks am richtigen Ort. An den riesigen Pools in der Sunway Lagoon oder am See im Mines Beach Resort kann man wunderbar entspannen und das tropische Klima sowie die Gastfreundlichkeit der Menschen genießen.

Fans, die Schumi und Co. mal aus der Nähe sehen wollen und sich nicht jeden Tag vor das Pan Pacific Hotel am Flughafen KLIA stellen wollen, sollten vor dem Rennen nach Langkawi, Penang oder ins thailändische Phuket fahren, wo die meisten Piloten einen kurzen Urlaub machen, um sich an das ungewohnte Klima zu gewöhnen.

Sepang: Schön und modern

Die 85 Millionen Euro teure Strecke selbst ist seit ihrem Debüt im Jahr 1999 bekannt für ihre abwechslungsreichen Rennen. Dafür sorgte nicht nur der Architekt Tilke, der eine extrem breite Strecke mit Überholmöglichkeiten schaffte, sondern auch das Wetter, das immer wieder für Durcheinander sorgt. Und wenn es regnet, dann regnet es kurz und heftig, wie man das in den Tropen eben gewöhnt ist. Auch wenn Mitte März die Regenzeit schon vorbei ist, ist die Regenwahrscheinlichkeit immer noch sehr hoch.

Malaysia stellte neue Rekorde in vielerlei Hinsicht auf. Mit 75.000 überdachten Zuschauerplätzen bietet der Kurs von Sepang den Zuschauern so viel Luxus wie keine andere Formel-1-Rennstrecke. Dank Kunstrasen und hunderter Palmen kommt Urlaubsfeeling auf, wenn die Formel-1-Motoren schweigen und nicht gerade das Militär mit Düsenjägern Demonstrationsflüge unternimmt. 6.000 Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Veranstaltung reibungslos verläuft und es keine Parkplatzprobleme gibt.

Die schwüle Hitze macht allen zu schaffen

Gute Karten haben jene Piloten, die topfit sind. Rund vier Liter müssen die Fahrer schon Tage vorher tagtäglich trinken, um für die Schweißschlacht von Sepang gerüstet zu sein. Die Mechaniker gönnen sich immer wieder vor großen Ventilatoren eine Auszeit und selbst die VIP-Gäste verbringen lieber den Großteil ihrer Zeit in den vollklimatisierten Räumen anstatt sich der drückenden Schwüle auszusetzen.

Da auf Grund der Zeitverschiebung (Start des Rennens: 08:00 Uhr MEZ), der Reisestrapazen und des für Europäer ungewohnten feucht-warmen Klimas kaum Fans aus Europa nach Malaysia reisen, setzen die Organisatoren auf Besucher aus dem asiatischen Raum. Die Begeisterung für die Formel 1 in Malaysia ist zwar groß, die Malaysier können sich aber zumeist keine Eintrittskarte leisten. Das ist auch der Grund, warum die Tribünen oftmals ziemlich leer sind. Da mit Nahrain Karthikeyan aber nun auch ein Inder in der Formel 1 vertreten ist, hoffen die Organisatoren auf viele indische Fans, die den Weg nach Sepang finden.

Interessantes Streckenlayout

Dabei hat der 5,543 Kilometer lange Kurs, den die Piloten am Sonntag 56 Mal umrunden werden, jede Menge zu bieten, was zu einem interessanten Rennverlauf sorgt: Drei der insgesamt 15 Kurven sind sehr langsam, vier Kurven, die im dritten Gang durchfahren werden, vier Kurven, die im vierten Gang gefahren werden und zwei Kurven, welche sehr schnell im fünften Gang durchfahren werden. Außerdem weist der Kurs zwei lange parallele Geraden auf, die beide rund 800 Meter lang sind.

Wegen der engen Kurven und der langen Geraden ist es nicht leicht, für die Strecke das passende Setup zu finden. Die Herausforderung ist es, die Autos auf die unterschiedlichen Ansprüche abzustimmen, sprich genügend Geschwindigkeit auf den Geraden zu haben, gleichzeitig aber auch ausreichend Abtrieb für die Kurven zu besitzen.

Harte Prüfung für Mensch und Material

Körperlich gehört der Kurs mit zu den anstrengendsten Rennstrecken. Daran ist nicht nur das für Europäer unglaublich ermüdende Klima Schuld, sondern auch die Streckenführung. Zwei Kurven zerren mit der dreifachen Erdanziehungskraft an der Nackenmuskulatur der Fahrer, sieben weitere Kurven belasten die Fahrer immerhin mit 2 g oder darüber.

Der Asphalt ist eben, das Grip-Niveau jedoch niedrig, weswegen die Reifenhersteller trotz der Hitze mit weicheren Mischungen anrücken, in diesem Jahr kommt hier aber erschwerend hinzu, dass die Pneus Qualifying und Rennen überstehen müssen. Auch die Bremsen werden nicht überdurchschnittlich belastet. Der Vollgasanteil beträgt knapp 60 Prozent, der Benzinverbrauch bewegt sich auf mittlerem Niveau. Wäre da nicht die enorme Hitze, so wäre das Rennen für die Autos nicht überdurchschnittlich anfordernd. Doch viele Teams werden sich 2005 auch Gedanken um ihre Motoren machen, denn diese werden bereits ihr zweites Rennwochenende absolvieren.

Rückblick auf die vergangenen Jahre

2004: Michael Schumacher siegt souverän
In Malaysia deutete Michael Schumacher endgültig an, dass Ferrari 2004 überlegen sein würde. Der Weltmeister sicherte sich Pole Position, kam am Start auch am besten Weg. Der sensationelle Trainingszweite Mark Webber im Jaguar blieb dagegen fast stehen. Juan-Pablo Montoya im Williams BMW FW26 etablierte sich schnell als zweite Kraft, zu einem Kampf an der Spitze kam es aber nicht. Dahinter jedoch entbrannte ein Kampf um den verbleibenden Podestplatz. Letztlich konnte Jenson Button im BAR-Honda seinen erste Zielankunft unter den ersten Drei feiern. Vierter wurde Rubens Barrichello, vor Jarno Trulli (Renault), David Coulthard (McLaren-Mercedes), Fernando Alonso und Felipe Massa, der den ersten Saisonpunkt für Sauber einfuhr. Nick Heidfeld fiel im Jordan mit Getriebeproblemen aus.

2003: Kimi Räikkönen nutzt das Chaos
Fernando Alonso im Renault startet als jüngster Rennfahrer von seiner ersten Pole Position aus. Michael Schumacher muss sich nach einer Kollision mit Jarno Trulli im zweiten Renault einen neuen Frontflügel abholen und zudem eine Zeitstrafe absitzen. Antonio Pizzonia im Jaguar ruiniert Juan-Pablo Montoya das Rennen, als er dem BMW-Williams-Piloten ins Heck kracht. Das Rennen gewinnt Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes dank guter Boxenstoppstrategie und fehlerfreie Fahrt von Rubens Barrichello im Ferrari und dem fiebrigen Fernando Alonso. Ralf Schumacher wird Vierter, sein Bruder nach Aufholjagd noch Sechster.

2002: Doppelsieg von BMW-Williams
Der Grand Prix beginnt mit einer Karambolage zwischen Juan-Pablo Montoya und Michael Schumacher am Start, die beide weit zurückwirft. Bei brütender Hitze nützte Ralf Schumacher die Gelegenheit, setzte sich vom Feld ab und gewann dank fantastischer Performance von Michelin ungefährdet. Hinter ihm setzten Montoya und Schumacher zu einer furiosen Aufholjagd an, die dem Duo noch die Plätze zwei und drei einbrachte.

2001: Michael Schumacher siegt
Im Regenchaos geht Ferrari zuerst wie viele andere unter. Michael Schumacher und Rubens Barrichello fliegen parallel von der Rennstrecke, dann muss Schumacher an der Box hinter seinem Kollegen warten, bis dieser abgefertigt ist, um auch selbst Regenreifen aufziehen zu können. Doch die roten Boliden bahnen sich ihren Weg nach vorne wie ein heißes Messer durch die Butter. Am Ende holt Michael Schumacher seinen sechsten Sieg in Folge vor Teamkollege Barrichello. Acht der 22 Fahrzeuge sehen das Ziel nicht.

2000: Erster Sieg in Malaysia für Schumacher
Mit roten Perücken feiert das Ferrari-Team mit Michael Schumachers Sieg den Gewinn des Konstrukteurstitels. Jaguar-Pilot Johnny Herbert verabschiedet sich mit einem Bruch der Hinterradaufhängung aus der Formel 1 und verletzt sich am Knie.

1999: Schumacher schenkt Irvine den Sieg
Michael Schumacher feiert nach sechs Rennen Pause nach seinem Silverstone-Crash ein bemerkenswertes Comeback und lässt die Konkurrenz im Qualifying wie im Rennen alt aussehen. Den Sieg schenkt Schumacher aber seinem Teamkollegen Eddie Irvine, der zu dieser Zeit noch um den Titel fährt. Beide Autos werden jedoch wegen eines angeblich illegalen Windabweisers aus der Wertung genommen. Damit ist Mika Häkkinen Weltmeister - bis Ferrari die Punkte am grünen Tisch wieder zurückerhält und die Entscheidung erst in Japan fallen wird.