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  • 02.04.2014 06:16

  • von Bernd Mayländer

Bernd-Mayländer-Kolumne: Wie in Tausendundeiner Nacht

Der große Grand-Prix-Check des Safety-Car-Fahrers: Nach Kartbahn-Triumph und Malaysia-Grand-Prix freut sich Bernd Mayländer auf das Rennwochenende in Bahrain

Titel-Bild zur News: Bernd Mayländer

Nach Malaysia steht uns mit Bahrain schon der nächste Hitze-Grand-Prix bevor Zoom

Hallo, liebe Leser,

die beste Nachricht gleich vorweg: Ich habe euch in meiner letzten Kolumne erzählt, dass ich am Wochenende vor Malaysia mit ein paar Freunden auf die Kartbahn gegangen bin - und ich habe das Rennen tatsächlich gewonnen. Der alte Mayländer hat also nichts verlernt! Spaß beiseite, natürlich geht's mir dabei nicht primär ums Gewinnen, sondern um den Spaß an der vielleicht pursten Form des Motorsports. Und nebenbei bemerkt ist Kartfahren immer noch ein super Training für Arme, Nacken und Finger, weil man das Lenkrad richtig festhalten muss - am nächsten Tag hatte ich sogar einen leichten Muskelkater. Jeder, der schon mal selbst am Limit Kart gefahren ist, weiß, wie anstrengend das sein kann. Nach einer Stunde Kartfahren weiß man, dass man was getan hat.

Für einen Rennfahrer gibt es kaum ein besseres Training, denn man baut genau jene Muskulatur auf, die man beim Autofahren braucht. Im Safety-Car sind die Kräfte, die auf einen wirken, sogar ein bisschen geringer, denn mein Mercedes-Benz SLS AMG hat natürlich eine Servolenkung und die Fliehkräfte sind im Kart ebenfalls höher. Man fährt viel engere Kurvenradien und - weil ein Kart viel weniger wiegt als ein PKW - man fährt richtig schnell um die engen Ecken rum.

Durch den Monsun: Prognose war goldrichtig

Ein sehr angenehmes Feature des Safety-Car ist übrigens auch die Klimaanlage. Die hat mir in Malaysia bei bis zu 34 Grad gute Dienste erwiesen. Gleiches gilt für die Scheibenwischer. Als ich am Samstag während der mehrmaligen Qualifying-Verschiebung meine Inspektionsrunden gefahren bin, um der Race-Control Feedback zu geben, wie viel Wasser auf der Strecke steht, war der Regen teilweise so schlimm, dass da keine Scheibenwischanlage der Welt hinterhergekommen wäre. Wenn es in Malaysia regnet, dann geht gleich die Welt unter. Aber das wussten wir ja schon vorher.

Paddock in Bahrain

Der Paddock in Bahrain ist schön und modern, aber nicht zu groß geraten Zoom

In der Vorstartphase vor dem Rennen würde diese Inspektionsrunden übrigens mein Kollege Alan van der Merwe mit dem Medical-Car absolvieren, aber im Qualifying war ich selbst dran. Auch, damit ich mich auf die Streckenverhältnisse bei diesem Monsunregen einstellen kann, sollte es am Sonntag wieder wie aus Kübeln schütten. Das war dann zum Glück nicht der Fall. Die Verschiebung des Qualifyings war jedenfalls absolut richtig. Es ist auch im normalen Straßenverkehr so: Wenn es richtig kübelt, hältst du an, fährst auf den Seitenstreifen, wenn du noch einen Parkplatz bekommst, und dann stehst du ganz einfach da und wartest, bis das Gröbste vorbei ist.

Die Scheibenwischer werde ich in Bahrain wahrscheinlich weniger brauchen als die Klimaanlage. Es ist dort auch immer wahnsinnig heiß, aber bei niedrigerer Luftfeuchtigkeit, sodass man mit den Temperaturen weit weniger zu kämpfen hat. Die Strecke ist mitten in die Wüste gebaut, auf der relativ kleinen Insel Bahrain südlich von der Hauptstadt Manama. Dort ist die Gefahr eines Sandsturms akuter als die eines Regenschauers. Ich erinnere mich, dass vor ein paar Jahren sogar mal ein Testtag wegen eines Sandsturms abgesagt werden musste!


Fotos: Das Formel-1-Safety-Car


Wegen Wüstensand: Abendliche Autowäsche ist Pflicht

Und selbst wenn es kein Sandsturm ist, wird immer ein bisschen ganz feiner Wüstensand umhergewehrt. Ich merke das auch daran, dass das Safety-Car nach einem Einsatztag in Bahrain ziemlich schmutzig ist. Wir waschen es abends sowieso immer, aber in Bahrain ist das Waschwasser deutlich schmutziger als bei den meisten anderen Rennen. Die Formel-1-Teams wissen das und verwenden spezielle Luftfilter, damit sich nicht zu viel Sand in den Kühlern festsetzt. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Strecken, auf denen man das vernachlässigen kann.

Wenn ich am Donnerstag meinen Tracktest mit dem Safety-Car fahre, ist es noch richtig sandig und staubig. Am Rennwochenende nimmt das dann meistens ab, wenn nicht gerade starker Wind weht. Erstens weil die Jungs die Strecke sauber fahren, zweitens weil die Streckenposten mit einer speziellen Kehrmaschine arbeiten. Da wird Wasser auf den Asphalt geblasen, damit der Sand wirklich weggewaschen wird, und eine Kehrvorrichtung sammelt das schmutzige Wasser-Sand-Gemisch auf. Würden sie das nicht machen, wäre das erste Training am Freitag für die Teams wahrscheinlich fast nutzlos, weil es zu wenig Grip hätte.


Das Safety-Car und seine Geschichte

Moderner und schöner Paddock, aber nicht zu groß

Bahrain war 2004 der erste Grand Prix im Mittleren Osten. Die Anlage hat einen fast königlichen Touch, die Gebäude sehen aus wie kleine Festungen und Burgen, wie in Tausendundeiner Nacht. Sehr charmant, wie ich finde, weil so die arabische Kultur gewürdigt wird. Charmant finde ich auch den Paddock, der hochmodern ist und bis hin zu klimatisierten Boxen alles bietet, was man braucht, aber gleichzeitig nicht so unnötig überdimensioniert ist wie der in Schanghai. Und schon wenn man am Flughafen ankommt, spürt man, dass sich in Bahrain in den vergangenen zehn Jahren eine richtige Formel-1-Begeisterung entwickelt hat.

Safety-Car

Der einzige Safety-Car-Einsatz in einem Grand Prix von Bahrain war im Jahr 2007 Zoom

Ähnlich wie Malaysia wurde auch Bahrain von Hermann Tilke gebaut und zählt zu den modernen, sicheren Grand-Prix-Strecken, mit weitläufigen Auslaufzonen. Da habe ich im Rennen meistens wenig zu tun. Mein einziger Safety-Car-Einsatz in Bahrain war im Jahr 2007, als nach einer Startkollision einige Wrackteile auf der Fahrbahn lagen. Bahrain war auch eine der ersten Rennstrecken, auf denen die Auslaufzonen ziemlich konsequent asphaltiert wurden. Das geht in Malaysia zum Beispiel nicht, weil dort viele Motorradrennen stattfinden, und die Motorradfahrer werden von Kiesbetten doch sanfter abgefedert, als wenn sie einfach auf den Asphalt knallen.

Schlüsselstellen sind neben der langen Start- und Zielgerade sicher Kurve 10, in der sich die Formel-1-Fahrer häufig mal verbremsen, und dann, nach der Gegengerade, Kurve 12. Richtig den Berg hoch, eine langgezogene Rechtskurve, sehr schnell. Da muss das Auto gut funktionieren, um den Speed mitzunehmen. Es wird in Bahrain auch drauf ankommen, im Topspeed-Bereich schnell unterwegs zu sein. Man hat ja gesehen, dass die Mercedes dort gegenüber den restlichen Fahrzeugen noch einen deutlichen Vorteil haben.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Bahrain

Dank Red Bull: Aus dem Zwei- wird ein Dreikampf

Ich glaube aber, Mercedes ist nach Malaysia gewarnt, weil sie festgestellt haben, dass Renault extrem aufgeholt hat, speziell Red Bull. Überraschend, wie schnell die nach den völlig verpatzten Wintertests herangekommen sind. Aus sportlicher Sicht finde ich das klasse, weil aus einem Zweikampf zwischen Mercedes und Ferrari jetzt ein schöner Dreikampf wird. Das Feld rückt generell immer näher zusammen, und ich glaube, dass es in Bahrain noch enger zugehen wird als in Malaysia. Alleine schon deswegen, weil die Teams dort im Winter testen und Erfahrungen sammeln konnten.

Michael Schumacher, Frank Williams, Michelle Yeoh und Jean Todt präsentieren das neue Safety-Car der Formel 1, den Mercedes-Benz SLS AMG

Seit Bahrain 2010, damals Saisonauftakt, ist der Mercedes SLS AMG das Safety-Car Zoom

Mir ist auch ein riesiger Unterschied zwischen Qualifying- und Renntrimm aufgefallen, zum Beispiel, was den Fahrstil in Q3 angeht. Im Qualifying wird richtig gepusht, ein Ritt auf der Kanonenkugel. Das sieht auch spektakulär aus, weil die Turbos mit dem höheren Drehmoment beim Herausbeschleunigen gar nicht so leicht zu kontrollieren sind. Im Rennen gehen es die Fahrer dann etwas ruhiger an, weil sie natürlich Benzin sparen und Reifen schonen müssen. Da ist die Herangehensweise dann stärker strategisch ausgerichtet. Das war früher anders, da wurde auch im Rennen volle Kanne attackiert.

Dieses Jahr gibt es übrigens eine ganz entscheidende Neuerung: Das Rennen wird um 18:00 Uhr gestartet, in der Dämmerung, und geht dann in die Dunkelheit hinein, mit einer Flutlichtanlage, die neu errichtet wurde. Da wird man natürlich neue, interessante Eindrücke bekommen. Ich persönlich finde, das passt immer sehr gut in den Mittleren Osten mit seinen wunderschönen Sonnenuntergängen - kommt einfach spektakulär rüber. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass abends wahrscheinlich mehr Fans kommen werden, weil der Sonntag im Islam ja ein ganz normaler Arbeitstag ist.

"Ich persönlich finde, das passt immer sehr gut in den Mittleren Osten mit seinen wunderschönen Sonnenuntergängen." Bernd Mayländer

Manama: Das "Las Vegas" der Saudis

Apropos Islam: Auch wenn man Tradition und Kultur in Bahrain alleine schon durch die Moscheen spüren kann, ist es doch eines der moderneren arabischen Länder. Manama hat von Restaurants bis hin zu Diskotheken alles zu bieten, es ist eine internationale Stadt. Natürlich nicht vergleichbar mit Kuala Lumpur oder Schanghai, aber es ist immer was los. Für die Saudis, bei denen es viel strenger zugeht, ist Bahrain so etwas wie das "Las Vegas des Mittleren Ostens". Praktisch, dass man von Saudi-Arabien aus mit dem Auto über eine Brücke nach Bahrain fahren kann...

Ich selbst bin jetzt gerade (Montag) noch im Hotel in Kuala Lumpur, von wo aus ich einen sensationellen Blick auf die Twin-Towers habe. Am Wochenende war ich in einem Hotel näher an der Strecke, aber nach dem Rennen wollte ich in dieser tollen Stadt noch ein bisschen Atmosphäre aufsaugen. Weiter nach Manama geht's dann am Mittwoch mit Qatar Airways, mit Zwischenstopp in Doha. Ich freue mich jetzt schon auf das Wochenende. Es wird sicher spannend!

Euer

Bernd Mayländer

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