• 03.09.2014 13:17

  • von Bernd Mayländer

Bernd-Mayländer-Kolumne: Gänsehaut im Parco di Monza

Der große Grand-Prix-Check des Safety-Car-Fahrers: Warum Nico Rosberg nicht absichtlich gehandelt hat und was das Europafinale der Formel 1 so besonders macht

Titel-Bild zur News: Safety-Car vor Fernando Alonso

Grand Prix von Italien im Jahr 2011: Das Safety-Car führt vor Fernando Alonso Zoom

Hallo, liebe Leser,

bevor ich mich mit dem Grand Prix von Italien in Monza beschäftige, einem der stimmungsvollsten Rennen der Saison, muss ich einfach ein paar Zeilen zum letzten Rennen in Spa loswerden! Da war allerhand los, und es hat wieder eine Überraschung gegeben - wobei der bereits dritte Saisonsieg eines Fahrers eigentlich keine große Überraschung mehr ist. Aber es hat wieder kein Mercedes gewonnen, sondern Daniel Ricciardo.

Erstmal: Super gemacht, Daniel! Wann immer sich ihm eine Chance bietet, nutzt er sie eiskalt. Aber Chancen bieten sich allen anderen momentan nur, wenn Mercedes den Sieg selbst verspielt, und das war in Spa der Fall. Wie, das habt ihr selbst gesehen. Ich muss euch jetzt nicht berichten, wer danach was gesagt hat - an den Schlagzeilen ist sowieso niemand vorbeigekommen in den vergangenen zehn Tagen. Aber für mich war es ehrlich gesagt ein Rennunfall.

WM-Kampf mit harten Bandagen

Klar war Nico letztendlich der Auslöser, aber ich würde nie so weit gehen, ihm Absicht zu unterstellen. Bewusst zu kalkulieren, "ha, dem schlitze ich jetzt mal den Hinterreifen auf, ohne mein eigenes Rennen zu riskieren", das geht gar nicht. Und Nico ist auch nicht der Typ für so eine Aktion, auch wenn natürlich teamintern um die Weltmeisterschaft jetzt mit harten Bandagen gekämpft wird. Ist ja auch gut so!

"Nico ist auch nicht der Typ für so eine Aktion."

Jedenfalls ist im zwölften Rennen genau das eingetreten, was (fast) alle erwartet (und die Gegner vielleicht erhofft) haben, nämlich dass sich die beiden in die Kiste fahren. Für Toto Wolff, Paddy Lowe und Niki Lauda natürlich ein Worst-Case-Szenario. Aber es wurde hart durchgegriffen, es wurde eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen und nach dem Meeting in Brackley scheinen alle Betroffenen geläutert zu sein. Mal sehen, ob das ein dauerhafter Waffenstillstand ist.

Die nackten Zahlen sehen so aus: Rosberg 220 Punkte, Hamilton 191, Ricciardo 156. Nico hat natürlich von der Berührung in Spa profitiert, aber sein Vorsprung ist noch lange kein Ruhekissen. Und beide Mercedes-Fahrer müssen jetzt mit scharfem Auge darauf achten, dass da nichts mehr verrutscht. Spa war ein spektakuläres Rennen, in der WM bleibt so zumindest eine Restspannung erhalten - etwas Besseres können wir uns kaum wünschen!


Bernd Mayländer auf dem Weg nach Monza

Safety-Car-Pilot Bernd Mayländer fährt gerade nach Monza und wünscht viel Spaß beim Lesen seiner exklusiven Kolumne Weitere Formel-1-Videos

Kürzeste Anreise zu einem Grand Prix

Aber jetzt geht's nach Monza, zum Finale der Formel 1 in Europa. Danach stehen noch sechs Rennen in Übersee auf dem Programm. Wenn ihr diese Kolumne lest, bin ich wahrscheinlich gerade unterwegs, oder bei meinem Patenkind, dem ich auf dem Weg runter nach Mailand einen Besuch abstatte. Den Italien-Grand-Prix mag ich übrigens schon alleine deswegen, weil es mit dem Auto für mich über die Schweiz die kürzeste Anreise aller Rennen ist.

Kaum ein Formel-1-Rennen strahlt so viel Flair aus wie Monza. Im wunderschönen Parco di Monza, in dem das Autodromo liegt, gibt es viele kleine Geheimtipps. Überhaupt ist eine Rennstrecke mitten in einem Park etwas Besonderes. Und wenn dann noch zehntausende Ferrari-Tifosi (darunter, natürlich, jede Menge gutaussehende Italienerinnen) für Gänsehautstimmung sorgen, dann schlägt das Racer-Herz sowieso gleich mal höher.


Das Safety-Car der Formel 1

Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich in den Park reinfahre, auf den Tag - in Monza ist schon die Anreise zum Parkplatz ein Erlebnis. Selbst vor dem Paddock-Eingang drängeln sich immer dutzende Fans um Autogramme von den Fahrern. Ist man einmal drin, hört es mit den Besonderheiten nicht auf. Monza ist zwar eine der letzten echten Hochgeschwindigkeitsstrecken, aber es gibt auch sensationelle Kurven wie zum Beispiel die Parabolica.

"In Monza ist schon die Anreise zum Parkplatz ein Erlebnis."

Tempo 280 im Safety-Car

Seit es den alten Hockenheimring nicht mehr gibt, ist Monza der Hochgeschwindigkeitstempel der Formel 1. Mit dem Safety-Car hatte ich schon mal Tempo 280 drauf. Das müsste auf dem Papier den Autos mit Mercedes-Power entgegenkommen, insofern haben für mich neben den Silberpfeilen, die unter normalen Umständen in der ersten Startreihe stehen werden, auch die Williams und die Force Indias mit Nico Hülkenberg Außenseiterchancen.

Und natürlich Ricciardo, auch wenn Monza in den vergangenen Jahren nicht unbedingt eine Red-Bull-Paradestrecke war. Aber so langsam läuft es wirklich auf einen Dreikampf raus. Ricciardo übt Druck aus und bei Mercedes weiß man, dass man sich nichts mehr leisten darf, weil sonst sofort jemand parat steht, der abstaubt. Aber natürlich ist in Monza das aerodynamische Anforderungsprofil ganz anders als auf anderen Strecken. Singapur wird Red Bull besser liegen.

Bernd Mayländer

Bernd Mayländer ist seit dem Jahr 2000 Safety-Car-Fahrer der Formel 1 Zoom

Für mich ist Monza nochmal ein echtes Highlight, bevor es nach Übersee geht. Und ich hoffe, dass wir weiterhin so tolles Racing sehen wie bisher. Das liegt übrigens auch daran, dass die Stewards nicht mehr jede Kleinigkeit sofort bestrafen, nicht mehr alles ganz kritisch sehen. Gut so! Nico hat in Spa ja auch keine Strafe bekommen - und auch das war in meinen Augen eine richtige Entscheidung. Andere Rennserien könnten sich davon ein Stück abschneiden...

Keine Zeit für die Mailänder Clubs

Leider habe ich selbst am Wochenende so viel zu tun, dass ich das Flair von Mailand und Monza kaum aufsaugen kann. Leider geht man in Italien abends erst sehr spät weg, sodass man die Clubs nur unsicher machen sollte, wenn man morgens nicht früh aufstehen muss. Aber es gibt in und um Mailand auch viele, viele ganz hervorragende Restaurants, wo man zur Pasta oder Pizza ein gutes Glas Roten trinken kann.

Ich gönne mir immer einen entspannten Abend in Mailand, ein bisschen durch die Stadt flanieren und mir anschauen, was es so an neuer (vor allem Damen-)Mode gibt. Gibt doch kaum was Schöneres als modisch gekleidete Menschen! Ich selbst lege auch Wert drauf, bin aber nicht der Typ für ewig lange Shoppingtrips. Die Zeit dafür habe ich auch nicht. Also ein Abend ganz relaxt in der Stadt, den Rest des Wochenendes verbringe ich abends im Hotel.

Apropos Metropolen: Zwischen Spa und Monza war ich ein paar Tage mit Mercedes-Benz & Friends in Paris unterwegs, unser Jahresausflug. Auch eine tolle Stadt! Wir (zum Beispiel auch Bernd Schneider) hatten viel Spaß mit vielen historischen Fahrzeugen, besuchten unter anderem das berühmte Autodrome de Linas-Montlhery. Mit dabei war ein Mercedes-Benz SSK aus dem Jahr 1928 - zu gern wäre ich den selbst gefahren! Und natürlich waren wir auf dem Eiffelturm. Das gehört in Paris einfach dazu...

Euer

Bernd Mayländer