• 07.05.2005 18:29

  • von Fabian Hust

Berger: "Michael wird heute ein wenig enttäuscht sein"

Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger über die Durststrecke von Ferrari, Michael Schumacher und die Bedeutung der Reifen

(Motorsport-Total.com) - Als Privatmann tauchte Gerhard Berger am Samstag im Fahrerlager von Barcelona auf - im gelben Poloshirt, Jeans und mit einer riesigen Sonnenbrille bewaffnet. Mit Spannung verfolgt der Österreicher den Spanien-Grand-Prix, der seiner Meinung nach für Michael Schumacher trotz des mäßigen Qualifyings noch nicht verloren ist.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger zeigte sich in Barcelona im Fahrerlager

"Im Rennen kann es schon wieder ganz anders kommen", so der 45-Jährige in einem 'Premiere'-Interview. "In der Qualifikation hat man gesehen, dass die Reifen in der ersten Runde die Leistung noch nicht zeigen, super Zeiten haben wir noch nicht gesehen. Ich denke aber, dass Bridgestone über die Distanz ohne weiteres konkurrenzfähig sein wird."#w1#

Der zehnfache Grand-Prix-Sieger sieht derzeit Michelin und damit Teams wie Renault, Toyota, McLaren-Mercedes und das BMW WilliamsF1 Team im Vorteil: "Ferrari ist das einzige Top-Team, das mit Bridgestone-Reifen fährt. Das ist natürlich ein ganz entscheidender Faktor. Bridgestone hat in diesem Jahr mit Sicherheit nicht ein solch glückliches Händchen wie in den vergangenen Jahren. Michelin hat aufgeholt. Wenn man sich die ersten paar Rennen anschaut, dann muss man sagen, dass im Moment Michelin der stärkere Reifenpartner ist."

Auch wenn Berger glaubt, dass das Rennen noch offen ist, rechnet der 210-fache Grand-Prix-Teilnehmer mit einem harten Rennen für den Weltmeister: "Hier auf dieser Strecke wird es für Michael sehr schwer sein, andere Autos zu überholen. Es kann aber auch sein, dass er auf eine andere Strategie setzt, vielleicht gerade aufgrund der Reifensituation. Den Michael muss man ohne weiteres auf der Rechnung haben."

"In der letzten Zeit reden wir in der Formel 1 zu viel über Reifen", klagt der Ex-Racer. "Der Reifen ist zu entscheidend. Wir haben zwei Faktoren, die extrem entscheidend sind: die Aerodynamik und die Reifen. Eigentlich wünschen wir uns alle, dass der Fahrer der Entscheidende ist. Das steht leider im Moment im Schatten der Reifen."

Dass Michael Schumacher trotz der Niederlage in Barcelona den Kampf um den Titel schon aufgegeben hat, glaubt der ehemalige BMW Motorsport Direktor nicht: "Wir kennen doch den Michael, er ist ein Kämpfer bis zum letzten Moment. Ich glaube nicht, dass er die Weltmeisterschaft abgehakt hat." Es sei "aber natürlich ein Rückschlag, denn in Imola war er mit seinen Rundenzeiten, die er dort gezeigt hat, der Top-Favorit für Barcelona."

Viele Experten hatten prognostiziert, dass Imola kein Maßstab für den 'Circuit de Catalunya' sein wird, und so ist es auch gekommen. Für Berger wenig überraschend: "Imola ist eine Strecke, auf der man über eine gute Motorpower, eine gute Aerodynamik, besonders gute Bremsen, verfügen muss. All diese Sachen kommen auf dieser Strecke hier nicht so sehr zum Tragen."

Berger weiter: "Hier hat man extrem lange Kurven, das Bremsen ist nicht so extrem wichtig. Hier sind die Aerodynamik und ein besonders guter Reifen wichtig. Aus diesem Grund ist das Bild hier ganz anders wie in Imola. Für Michael wäre es natürlich wichtig gewesen zu zeigen, dass er auch auf dieser Strecke hier wieder ganz vorne ist. Ich glaube aus diesem Grund schon, dass er heute deshalb ein wenig enttäuscht ist."

Von einem Rücktritt, so glaubt Berger, ist der Kerpener meilenweit entfernt: "Michael fährt ja nicht hinterher, das letzte Rennen war eine Sensation. Dieses Rennen wird auch der Seele des Michael Schumacher sehr gut getan haben. Wir haben beim letzten Rennen gesehen, was in diesem Kerl immer noch steckt. Er ist fit, motiviert, ausgeglichen. Ich traue ihm ohne weiteres noch zwei, drei Jahre zu, vorne mitzufahren. Aber die zwei Jungen, Räikkönen und Alonso, stehen in den Startlöchern."