• 14.02.2009 13:48

Bell-Interview: "Wir liegen voll auf Kurs"

Renault-Technikdirektor Bob Bell über den schlechten Start mit dem neuen R29 und die guten Fortschritte in dieser Woche in Jerez

(Motorsport-Total.com) - Bei Renault können sowohl Verantwortliche, Fahrer, Mechaniker als auch viele Fans zunächst einmal kräftig aufatmen. Nach einem schlechten Debüt mit dem neuen Renault R29 beim Test in Portimão ging es in dieser Woche im spanischen Jerez deutlich voran. Am Freitag konnte Doppelweltmeister Fernando Alonso sogar dem amtierenden Champion Lewis Hamilton über weite Strecken Paroli bieten. Es geht offenbar steil bergauf bei den Franzosen. Technikchef Bob Bell erklärte die Entwicklung im Interview.

Titel-Bild zur News: Bob Bell

Renault-Technikchef Bob Bell ist nach den Tests zuverischtlich

Frage: "Bob, seid ihr nach zwei Testwochen mit dem neuen R29 zufrieden?"
Bob Bell: "Es ist noch früh, aber die Leistung des Autos stimmt uns immer zuversichtlicher. Der Portimão-Test war ganz eindeutig eine Enttäuschung für uns. Wir hatten nur einen einzigen trockenen Tag. Auch wenn der Wagen sofort zuverlässig war, blieben bei uns bezüglich der Performance jedoch recht viele Fragezeichen. Wir haben beim ersten Test nicht gut ausgesehen."#w1#

KERS überrascht viele im Team

"Wir waren davon aber nicht wirklich überrascht, denn wir brachten einfach das Auto mit einer Übergangsaerodynamik. Wir wollten nur Kilometer abspulen, die Standfestigkeit testen und das KERS einbauen aus ausprobieren. Wir hatten gar nicht erwartet, besonders konkurrenzfähig zu sein. Vor allem wollten wir erst einmal die Art des Setups kennenlernen, welche man für die neue Generation von Autos braucht. Beim Jerez-Test haben wir dann einige Dinge gut hinbekommen und Fortschritte gemacht. Insgesamt bin ich bisher zufrieden."

"Meine Eindrücke aus Jerez zeigen, dass es kein grundlegendes Problem mit dem Auto gibt." Bob Bell

Frage: "Was sagen die Fahrer zum neuen Auto? Welches Feedback geben sie?"
Bell: "Sie waren beide positiver Meinung. Die größte Überraschung für die beiden war sicherlich KERS. Wir hatten erwartet, dass uns das mehr Probleme bereiten würde und sich die Fahrer zunächst daran gewöhnen müssten. In Wirklichkeit war es aber eine reibungslose Einführung. Was die Grundcharakteristik des Fahrzeugs angeht, so haben wir in Jerez ein besseres Setup gefunden, neue Teile installiert und Fernando und Nelson waren mit der Balance des Autos sehr zufrieden."

Frage: "Der R29 war allerdings nie ganz oben in er Zeitenliste. Ist das ein Hinweis auf ein grundlegendes Problem?"
Bell: "Es zählt nur der Leistungsvergleich mit anderen Teams. Das ist im Moment allerdings schwierig, weil alle unterschiedliche Programme, Ausbaustufen und Benzinladungen fahren. Ich denke, wir werden das erst beim allerletzten Test genauer einschätzen können. Im Moment ist das noch schwierig. Meine Eindrücke aus Jerez zeigen, dass es kein grundlegendes Problem mit dem Auto gibt."

"Es ist gut ausbalanciert und reagiert gut auf Änderungen beim Setup. Uns fehlt ein wenig Grip, aber das geht wohl allen so. Das wird mit neuen Teilen sicherlich besser. Wir werden bis zum Saisonstart noch einige Dinge entwickeln. Ich habe das Gefühl, dass wir auf dem Weg in Richtung Melbourne voll auf Kurs liegen."

Mehr Zeit für Last-Minute-Entwicklungen

Frage: "Die Fahrzeugfront wurde oft und heiß diskutiert. Seid ihr sicher, dass ihr dort den richtigen Weg eingeschlagen habt?"
Bell: "Man kann sich nie vollkommen sicher sein. Man hat einfach gar nicht genügend Zeit, alle möglichen Designvarianten durchzuprobieren. Wegen der neuen Regeln haben sich alle Teams über den Winter im stillen Kämmerlein eingeschlossen und es verwundert mich kaum, dass es nun genauso viele unterschiedliche Lösungen wie verschiedene Teams gibt."

"Wir müssen von unserer Herangehensweise überzeugt sein. Außerdem müssen wir zu Beginn akzeptieren, dass die Autos eben etwas anders ausschauen. Bisher habe ich an den anderen Autos noch nichts gesehen, was mich stutzig gemacht hätte oder mich glauben ließe, dass wir in eine fundamental falsche Richtung gegangen sind."

"Wir müssen von unserer Herangehensweise überzeugt sein." Bob Bell

Frage: "Euer Team hat vergleichsweise wenige Kilometer abgespult. Macht euch das Sorgen? Seid ihr beim Entwicklungsrennen ins Hintertreffen geraten?"
Bell: "Ich denke nicht. Nehmen wir mal KERS zum Beispiel. Da hat das Team einen herausragenden Job gemacht. Wir haben es im Werk auf dem Prüfstand so hinbekommen, sodass es von Anfang an zuverlässig lief. Bezüglich Leistung und generelle Standfestigkeit muss ich sagen, dass in diesem Jahr wegen der wenigen Tests alle Teams etwas Probleme bekommen könnten."

"Ich bin aber der Meinung, dass wir bisher keinen Nachteil im Vergleich zu den anderen Teams haben. Wir sind vielleicht auf dem Kilometerzähler etwas zurück, aber dafür hatten wir einen sehr starken Abschluss des Jerez-Tests. Wir haben sowohl am Donnerstag als auch am Freitag eine Renndistanz abgespult und hatten dabei nicht das geringste Problem. Mir macht also bisher nichts wirklich Sorgen."

Frage: "Ihr habt euren Testplan umgestellt. Anstatt in der kommenden Woche zu fahren, werdet ihr in der Woche vor Melbourne noch einmal testen. Warum?"
Bell: "Ursprünglich wollten wir in der kommenden Woche in Barcelona fahren. Aber als wir mit der Testarbeit begannen, waren wir sicher, dass es besser sein würde, den Test nach hinten zu verschieben. Rein logistisch wird das etwas komplizierter, weil wir das Auto schon eine Woche später in Melbourne haben müssen. Aber wir haben dadurch mehr Entwicklungszeit und können vor Melbourne noch mehr neue Teile ans Auto bringen. Im Hinterkopf hatten wir eine solche Lösung schon immer. Ich denke, diese Entscheidung ist nachvollziehbar."